Fast zwei Drittel der Unternehmen in der Region Asien-Pazifik müssen länger auf ihr Geld warten als mit den Kunden vereinbart. In einer regelmäßigen Studie zum Zahlungsverhalten befragte der Kreditversicherer Coface erneut über 3.000 Unternehmen in neun Ländern: Australien, China, Hongkong, Indien, Japan, Malaysia, Singapur, Thailand und Taiwan.
63 Prozent gaben an, dass sie 2018 Zahlungsverzögerungen erlebt hatten. Damit bleibt dieser Wert zum Vorjahr konstant. Die Dauer der Überziehung erhöhte sich allerdings auf durchschnittlich 88 Tage, 2017 waren es 84 Tage.
Längere Zahlungsziele und mehr Verzögerungen
Handelskriege, langsameres Wachstum in den USA und Europa, Brexit und volatile globale Kapitalflüsse: Die Unternehmen in Asien mussten im vergangenen Jahr eine Reihe von politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Fallstricken bewältigen. Die Daten der Umfrage belegen, dass Unternehmen in Asien im vergangenen Jahr unter dem Druck standen, ihren Kunden längere Zahlungsziele einzuräumen.
Die durchschnittlichen Zahlungsfristen stiegen von 64 Tagen im Jahr 2017 auf 69 Tage. Dies setzt den Trend fort, der seit 2015 zu beobachten ist. Obwohl die Kunden also mehr Zeit hatten, gaben 63 Prozent der Lieferanten und Dienstleiter an, dass sie Zahlungsverzögerungen hatten und diese sogar länger dauerten.
Zahlungsverzögerungen sind auf finanzielle Schwierigkeiten der Kunden zurückzuführen
Die beste Zahlungsmoral erleben japanische Firmen. In Japan gaben 41,8 Prozent an, von Überziehungen betroffen zu sein. Den höchsten Wert hat Indien mit 82,0 Prozent.
Etwas verbessert hat sich die Situation in Australien, wenngleich 73,0 Prozent noch immer hoch sind. Relativ stabil sind die Daten für Singapur (71,1), China (62,9), Taiwan (58,3) und Thailand (54,0). Erkennbar verschlechtert haben sich die Werte für Malaysia mit einer Verdreifachung auf 65,7 Prozent und für Hongkong (68,9).
Die Umfrage zeigt auch Veränderungen in verschiedenen Branchen auf. Die durchschnittlichen Zahlungsverzögerungen waren in den Sektoren Energie, Bau und IKT am größten, wobei über 20 Prozent der Unternehmen aus diesen Sektoren schon Zahlungsfristen von 120 Tagen oder länger anbieten.
Längere Zahlungsverzögerungen im Jahr 2018 sind vor allem auf finanzielle Schwierigkeiten der Kunden zurückzuführen. Das gaben 41 Prozent als Grund an. Diese Schwierigkeiten sind das Ergebnis eines harten Wettbewerbs, der sich auf die Margen auswirkt (42 Prozent), sowie eines Mangels an finanziellen Ressourcen (22 Prozent) infolge einer strafferen Geldpolitik.
Risiken für den Cashflow
Hinsichtlich der Finanzrisiken betrachtet Coface in der Studie den Anteil der extrem langen Zahlungsverzögerungen über 180 Tage. Denn nach Erfahrungen von Coface werden 80 Prozent der ultra-langen Zahlungsverzögerungen nie bezahlt. Wenn die Summe mehr als 2 Prozent des Jahresumsatzes ausmacht, kann die Liquidität eines Unternehmens erheblich gefährdet sein.
Der Anteil der Unternehmen, die solche extrem langen Verzögerungen mit mehr als 2 Prozent des Jahresumsatzes verzeichnen, stieg von 26 Prozent im Jahr 2016 über 33 Prozent 2017 auf jetzt 38 Prozent im letzten Jahr. Signifikant ist die Entwicklung in China. Dort nimmt der Anteil von Unternehmen mit kritischen Forderungen seit Jahren zu. 2018 waren 55,3 Prozent betroffen.
Unternehmen in Thailand, Hongkong und Japan am wenigsten betroffen
Eine negative Entwicklung nimmt in dieser Hinsicht auch Malaysia. Dort hat sich der Wert von 2017 auf 2018 auf 36,8 Prozent vervierfacht. Am wenigsten hat Japan mit diesem Problem zu tun. Dort ist der Wert über die Jahre hinweg stabil niedrig, zuletzt lag er bei 8,5 Prozent. Taiwan folgt mit 9,2 Prozent. Eine Verbesserung verzeichnet Indien, wo der Anteil von Unternehmen von 36,8 Prozent auf 21,0 Prozent zurückging.
Auch bei den Unternehmen, die Verspätungen von 90 Tagen oder mehr melden, führt China das Risiko-Ranking mit fast 39 Prozent an, in Malaysia sind es 26 Prozent mit einer dramatischen Verschlechterung (2017: 9,1 Prozent).
Am geringsten von Überziehungen von mehr als drei Monaten waren Unternehmen in Thailand (8,0 Prozent), Hongkong (11,0 Prozent) und Japan (12,2 Prozent) betroffen. Auch in den verschiedenen Branchen zeigten sich Unterschiede. Viele Zahlungsverzögerungen verzeichneten die IKT- und Bauindustrie, wobei 36 Prozent und 32 Prozent der Unternehmen Verspätungen von 90 Tagen oder länger meldeten.
Schwächere Konjunkturerwartungen für 2019
Die allgemeinen Konjunkturerwartungen haben sich im vergangenen Jahr in einer Reihe von Fällen recht deutlich verschlechtert. Über 50 Prozent der Unternehmen in Hongkong, China, Japan, Singapur und Taiwan gaben an, dass sie für 2019 keine Verbesserung des Wachstums gegenüber dem Vorjahr erwarten. Diese Volkswirtschaften sind direkt und indirekt vom Handelskrieg zwischen den USA und China betroffen.
Der Anteil der befragten Unternehmen, die eine Verbesserung des Wachstums im Jahr 2019 im Vergleich zu 2018 erwarten, war in Thailand und Indien am höchsten. Dies spiegelt eine Verbesserung der Stimmung im Inland wider, da beide Länder mit Unsicherheiten bei den Parlamentswahlen Anfang 2019 konfrontiert waren.
Ungeachtet der Verschlechterung der Binnenkonjunktur bleiben die Risikomanager in Bezug auf Umsatz und Cashflow ihrer eigenen Unternehmen in den meisten Ländern positiv. Der Umfrage zufolge erwarten 41 Prozent eine Umsatzsteigerung im Jahr 2019, nur 20 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Die Erwartungen an die Cashflows sind noch optimistischer.
50 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sich dies 2019 verbessern wird, nur 14 Prozent sehen eine Negativentwicklung voraus. Offensichtlich sind die Ansichten der Risikomanager über das externe Umfeld negativer als die Einschätzung, diese Risiken meistern zu können.
Mehr als jedes zweite Unternehmen setzt keine Instrumente zur Risikominderung ein
Dabei ist erstaunlich, dass 53 Prozent der Unternehmen angaben, keine Instrumente des Kreditmanagements zur Risikominderung einzusetzen.
Überraschenderweise trifft das auch auf Märkte zu, in denen die Mehrheit der Risikomanager keine Verbesserung der Konjunktur erwartet. In den Unternehmen, die Instrumente nutzen, sind Auskunftei-Berichte weiterhin das am häufigsten verwendete Kreditmanagement-Tool (24 Prozent), gefolgt von Kreditversicherung (21 Prozent) und Inkasso (11 Prozent).
Factoring ist in der Region Asien-Pazifik eine Nische, nur 9 Prozent der Unternehmen verkaufen ihre Forderungen. Am weitesten verbreitet ist Kreditmanagement in Japan, wo nur 10 Prozent der befragten Unternehmen keine Instrumente anwenden. In China, Indien und Singapur hingegen nutzt nur etwa ein Drittel solche Möglichkeiten.
„2019 wird sich für Unternehmen im asiatisch-pazifischen Raum als ein herausfordernderes Jahr erweisen, da eine schwächere Wachstumsdynamik verbunden mit einem Anstieg der Cashflow-Risiken höhere Ausfälle auslösen könnte“, sagt Carlos Casanova, Coface-Economist für die Region Asien-Pazifik.
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