Die vergangenen zwei Jahre haben weitreichende Veränderungen mit sich gebracht, denen sich auch der Immobilienmarkt nicht entziehen konnte. Inflation, Leitzinserhöhungen, steigende Finanzierungszinsen, Preissteigerungen in der Energieversorgung und natürlich die daraus resultierende Verunsicherung in der Bevölkerung haben dazu geführt, dass sich die Preisspirale bei Immobilien erstmals wieder nach unten gedreht hat. Immobilienverkäufer müssen sich daher auf ein neues Preisniveau einstellen. Aber auch Kaufinteressenten müssen ihre Vorstellungen von der eigenen Wunschimmobilie an die aktuell gestiegenen Hypothekenzinsen anpassen.
„Im Juli 2022 hob die Europäische Zentralbank erstmals den Leitzins an und beendete damit nach elf Jahren die Nullzinspolitik im Euroraum. Fast überall in Deutschland stagnierten oder sanken erstmals die Immobilienpreise. Die zunehmende politische Diskussion um die Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes und die geplanten Sanierungspflichten für Wohnimmobilien sorgten zusätzlich für Verunsicherung bei Kaufinteressenten und Verkäufern – mit weiteren Auswirkungen auf den Immobilienmarkt“, sagt Dr. Lucie Lotzkat, geschäftsführende Gesellschafterin bei von Poll Finance und Geschäftsstellenleiterin bei von Poll Immobilien Vechta. Und weiter: „Der Bedarf an Wohnraum in Deutschland kann allerdings kaum gedeckt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Nachfrage in Zukunft wieder steigen und sich die Immobilienpreise erholen werden. Letztlich bleibt für viele Menschen der Wunsch nach den eigenen vier Wänden bestehen. Daher sind sie bereit, Kompromisse einzugehen und ihre Vorstellungen an die gestiegenen Finanzierungsraten anzupassen.“
Wie die Umfrage zeigt, sind 46 Prozent der Kaufinteressenten vor allem bei der Größe ihrer Wunschimmobilie zu Kompromissen bereit, gefolgt vom Zustand der Immobilie mit 36,5 Prozent. Bei der Art der Immobilie sind hingegen 31,5 Prozent der Käufer zu Abstrichen zu bewegen, dicht gefolgt von der Lage der Immobilie mit 30,2 Prozent.
Die aktuelle Kaufentscheidung wird bei 68,5 Prozent der Kaufinteressenten vor allem durch die gesunkenen Immobilienpreise beeinflusst. Das derzeit größere Angebot an Immobilien und die geringere Anzahl an Mitbewerbern bei der Immobiliensuche veranlassen dagegen 39,2 Prozent der Kaufinteressenten, sich jetzt für den Erwerb einer Immobilie zu entscheiden. In 33,3 Prozent der Fälle ist die Sorge vor weiteren Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und den damit möglicherweise verbundenen höheren Hypothekenzinsen ausschlaggebend. Mehr als ein Viertel der potenziellen Käufer fürchtet zudem steigende Mieten – vor allem vor dem Hintergrund des immer knapper werdenden Wohnraums in Deutschland – und plant daher lieber jetzt den Weg ins Eigentum.
„Die meisten Kaufinteressenten haben die neue Marktsituation erkannt und gehen selbstbewusst in die Preisverhandlungen mit den Verkäufern. Denn vor allem die aktuellen Preisnachlässe und das größere Angebot an Immobilien sind für viele Interessenten entscheidend, jetzt doch zu kaufen – zumindest, wenn die Finanzierungsmöglichkeiten stimmen“, sagt Dr. Lucie Lotzkat von von Poll Finance. Sie fügt hinzu: „Die weitere Entwicklung der Leitzinsen ist jedoch ein komplexes Thema, das sich nur schwer prognostizieren lässt. Wir gehen aber davon aus, dass die Niedrigzinsphase auch auf längere Sicht der Vergangenheit angehört. Auch wenn sich derzeit zwar eine Stabilisierung des Zinsniveaus abzeichnet, ist ein weiterer Anstieg in den kommenden sechs Monaten nicht auszuschließen. Potenzielle Käufer sollten daher nicht zu lange zögern und unbedingt eine kompetente Finanzierungsberatung, beispielsweise durch unsere von Poll Finance Experten, in Anspruch nehmen.“
Auch Immobilienverkäufer stellen sich zunehmend auf die veränderte Situation ein und entscheiden sich aktuell für einen Verkauf ihrer Immobilie. Mit satten 88,3 Prozent befürchtet die Mehrheit der Verkäufer vor allem weitere Preisrückgänge bei Immobilien. Auch die Sorge vor weiteren Leitzinserhöhungen der EZB und den damit möglicherweise steigenden Hypothekenzinsen, die den Kreis der Kaufinteressenten erneut verkleinern würden, beeinflusst in immerhin 44,6 Prozent der Fälle die Verkaufsentscheidung. Lediglich bei 6,8 Prozent der Verkäufer sind die aktuell guten Anlagemöglichkeiten und Zinskonditionen der Banken ein treibender Faktor hinsichtlich des Verkaufserlös. In 14,9 Prozent der Fälle sind sonstige Gründe ausschlaggebend, darunter die unsichere politische Situation in Deutschland oder die anvisierten energetischen Anforderungen und Sanierungspflichten.
Interessant ist auch, dass aufgrund der gestiegenen Anlagezinsen der Banken für 78,4 Prozent der Verkäufer die Frage nach der Anlage des Verkaufsgewinn in den Hintergrund getreten ist. Nur bei 21,6 Prozent der Verkäufer besteht noch Beratungsbedarf, wie der Gewinn aus dem Immobilienverkauf reinvestiert werden soll.
„Verkäufer müssen sich zunehmend auf Verhandlungsgespräche mit den Kaufinteressenten einstellen. Vor allem, weil sie seit dem Ende der Niedrigzinsphase mit höheren Finanzierungsraten kalkulieren müssen, um sich die Wunschimmobilie leisten zu können. Dennoch lohnt sich der Verkauf einer Immobilie auch zum jetzigen Zeitpunkt. Die Immobilienpreise sind zwar seit 2022 fast überall gesunken, liegen aber größtenteils immer noch über dem Vor-Pandemie-Niveau“, weiß Immobilienexpertin Dr. Lotzkat.