Ist es tatsächlich so, dass restliche Urlaubstage am 31. Dezember futsch sind?
Tobias Klingelhöfer: Jein. Nach dem Bundesurlaubsgesetz gilt: Wer seinen Urlaub nicht bis zum Jahresende genommen hat, muss befürchten, dass der Anspruch auf bezahlten Urlaub verfällt. Nicht genommener Urlaub darf aber ausnahmsweise mit ins neue Jahr genommen werden. Das muss der Arbeitgeber allerdings vorher genehmigen. Dann muss der Urlaub aber spätestens bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden. Aber auch hier muss ich ein „eigentlich“ einschieben. Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Vorschriften zum Übertragen von Resturlaub ins nächste Jahr nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in zwei Entscheidungen neu ausgelegt.
Im ersten Fall stellte der EuGH klar, dass der Urlaubsanspruch nicht automatisch deshalb verfallen darf, weil der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat. Vielmehr muss der Arbeitgeber über den konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehren und gleichzeitig dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer auch in der Lage ist, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Unterlässt er dies, darf der Urlaub nicht am Jahresende verfallen (Bundesarbeitsgericht, Az.: C-684/16).
Im zweiten Fall geht es um eine Verjährung von älteren Urlaubsansprüchen. Hier gilt: Ein Anspruch auf Resturlaub kann nicht verjähren, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auf offene Urlaubsansprüche hingewiesen und ihm nicht ermöglicht hat, den ausstehenden Urlaub auch zu nehmen (Az.: C-120/21). Ansonsten gilt eine gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren.
Wer hat eigentlich Vorrang beim Urlaub?
Tobias Klingelhöfer: Wann ein Arbeitnehmer die Urlaubstage in Anspruch nimmt, bestimmt er in der Regel nach eigenem Gusto. Stehen dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers weder dringende betriebliche Belange noch die Urlaubswünsche anderer Betriebsangehöriger entgegen, kann der Arbeitgeber den Urlaub nicht verweigern und die Entscheidung über das Urlaubsgesuch auch nicht auf die lange Bank schieben. Auf Zusagen wie „Im Moment spricht nichts dagegen“ sollte man sich allerdings nicht verlassen. Denn eine Urlaubsgenehmigung unter Vorbehalt gibt es nicht. Da mündliche Zusagen ohnehin immer schwer zu beweisen sind, rate ich zum klassischen Urlaubsschein mit der Unterschrift des Chefs.
Bei der Sozialauswahl können dem Urlaubswunsch allerdings die Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Vorgaben zu berücksichtigen hat. Das können beispielsweise Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, schulpflichtige Kinder oder auch der Urlaub anderer Familienangehöriger sein.
Stichwort Feiertage: Welche Rechte haben Arbeitnehmer zwischen Heiligabend und Silvester?
Tobias Klingelhöfer: Heiligabend und Silvester sind ja per se keine Feiertage. Daher hängt es vom Wohlwollen des Arbeitgebers ab, ob die Tage frei sind oder ein halber oder ganzer Urlaubstag genommen werden muss. Der 25. und 26. Dezember dagegen sind gesetzlich festgelegte Feiertage, an denen das Arbeiten generell untersagt ist. Im Arbeitszeitgesetz sind allerdings 16 Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot aufgeführt. So muss beispielsweise im Sicherheits- oder im Gesundheitswesen auch an Feiertagen eine Versorgung gewährleistet sein.
Wie sieht es eigentlich mit Brückentagen aus? Die sind ja immer heiß begehrt. Haben Arbeitnehmer einen Anspruch darauf?
Tobias Klingelhöfer: Nein. Es gibt kein Recht auf Urlaub an Brückentagen. Und weil sie beliebt sind, gilt hier in der Regel: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Aber natürlich erhält nicht immer der Schnellste den Zuschlag, sondern auch bei Brückentagen muss auf soziale Belange geachtet werden. So haben häufig Familien oder Alleinerziehende ebenso Vorrang wie Angestellte mit zu pflegenden Angehörigen. Häufig ist es Handhabe, dass beliebte Brückentage ebenso wie Heiligabend oder Silvester abwechselnd freigenommen werden dürfen.
Wie liegen denn im nächsten Jahr die Brückentage?
Tobias Klingelhöfer: Christi Himmelfahrt (29. Mai 2025) und Fronleichnam (19. Juni 2025), der nur in katholischen Bundesländern sowie im evangelischen Hessen gefeiert wird, liegen ja grundsätzlich auf einem Donnerstag und der darauffolgende Freitag ist als Brückentag immer heiß begehrt. Im nächsten Jahr fällt zusätzlich der Tag der Arbeit am 1. Mai auf einen Donnerstag. Hier genügt also der Freitag als Brückentag für ein XXL-Wochenende.
Und dann gibt es ja noch einige Feiertage, die auf einen Freitag fallen, so dass man sich mit einem Donnerstag oder einem Montag ebenfalls ein langes Wochenende verschaffen kann. Das sind nächstes Jahr der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober und der Reformationstag am 31. Oktober, der auch auf einen Freitag fällt. Letzterer wird allerdings nur in den vorrangig protestantisch geprägten Bundesländern gefeiert. Weihnachten liegt 2025 übrigens perfekt für Arbeitnehmer: Die Weihnachtsfeiertage fallen auf Donnerstag und Freitag. Wer sich also den Heiligabend freinimmt, kann einen fünftägigen Kurzurlaub genießen.
Zusätzlich zum gesetzlichen Urlaubsanspruch haben Arbeitnehmer auch noch eine Reihe von Tagen, an denen sie bezahlten Sonderurlaub beantragen können. Welche sind das?
Tobias Klingelhöfer: Laut Bürgerlichem Gesetzbuch, Paragraf 616, können Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub haben, wenn in ihrem Leben eine Ausnahmesituation vorliegt. Es gibt aber keine genauen gesetzlichen Regelungen, welche Situationen dies sind. In vielen Arbeits- oder Tarifverträgen sind aber eine Reihe von Tagen enthalten, für die ein Mitarbeiter freigestellt wird. Das sind typischerweise die eigene Hochzeit, die Geburt des eigenen Kindes oder ein Todesfall in der Familie. Darüber hinaus räumen einige Arbeitgeber auch noch Sonderurlaub beispielsweise für private Umzüge, Krankheit des Kindes oder ärztliche Behandlungen, die nicht außerhalb der Arbeitszeit erfolgen können.
Und wie sieht es beim Thema Bildungsurlaub aus? Gibt es darauf einen Anspruch?
Tobias Klingelhöfer: Ja, außer Bayern und Sachsen haben alle Bundesländer das Recht auf Bildungsurlaub sogar gesetzlich verankert. Allerdings können sich die konkreten Regelungen, beispielsweise zu Dauer und Art der Maßnahme, von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Um eine Fortbildung zu beantragen, verlangt der Gesetzgeber in den meisten Bundesländern sechs Wochen Vorlauf. In Mecklenburg-Vorpommern sind es acht Wochen. Der Antrag beim Arbeitgeber muss schriftlich erfolgen. Der Arbeitgeber hat aber die Möglichkeit, ein Veto einzulegen, wenn der Betriebsablauf keine Freistellung zulässt. Zum Beispiel im Fall eines aktuellen Großauftrags, der die Arbeitskraft des Mitarbeiters erfordert oder wenn bereits zu viele Kollegen urlaubsbedingt fehlen. In dem Fall empfiehlt es sich, seinen Vorgesetzten um einen zeitlichen Alternativvorschlag zu bitten.