Eigentumsbildung funktioniert auch ohne Förderung

Erstens steigen die Mieten in den letzten Jahren sehr viel deutlicher als zuvor. Aus Umfragen wissen wir, dass die Furcht vor steigenden Mieten einer der Hauptgründe für den Erwerb von Wohneigentum ist. Fragt man etwa die Menschen, die ihre eigene Wohnung kaufen, nach den Gründen dafür, dann steht das Motiv, sich damit vor Mietsteigerungen zu schützen, an der Spitze. Deshalb ist auch beispielsweise in Berlin, das von allen Bundesländern die mit Abstand niedrigste Eigentumsquote hat (14,9 Prozent), in den nächsten Jahren ein sehr deutlicher Anstieg der Eigentumsbildung zu erwarten. Um es einfach zu sagen: Über viele Jahrzehnte hatten die Berliner keinen Grund, Eigentum zu bilden, weil es ökonomisch sehr viel günstiger war, zur Miete zu wohnen. Deutlich steigende Mieten in der Hauptstadt führen nunmehr zu einem erhöhten Interesse an der Bildung von Wohneigentum. Dies gilt auch in vielen anderen Städten.

Zweitens hat sich in den vergangenen Jahren die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland spürbar gebessert. Vor allem sind die Arbeitslosenzahlen deutlich gesunken. Menschen erwerben Wohneigentum nicht so gerne, wenn ihnen die Zukunft unsicher erscheint und sie befürchten, ihren Job zu verlieren. Das stabilere wirtschaftliche Umfeld hat somit deutlich dazu beigetragen, dass die Eigentumsquote so stark gestiegen ist.

Drittens sind die niedrigen Zinsen zu nennen, die oft dazu führen, dass es für jemanden, der bisher Mieter war, nunmehr nicht teurer ist, Eigentümer zu werden. Zudem kommt ein psychologisches Moment hinzu: Es hat sich herumgesprochen, dass die Zinsen so niedrig sind wie niemals in der Geschichte der Bundesrepublik. Da kommt vielen, die heute noch zur Miete wohnen, der Gedanke, diese Situation zu nutzen und sich diese niedrigen Zinsen zu sichern.

Viertens ist der Trend zur Sachwertanlage zu nennen. Viele Deutsche haben als Folge der Finanz- und der Eurokrise Angst vor Inflation – und Immobilien gelten traditionell als der beste Inflationsschutz. Auch dies stärkt den Trend zur Eigentumsbildung.

Diejenigen, die bei der Abschaffung der Eigenheimzulage befürchteten, nunmehr werde es einen Stillstand in der Eigentumsbildung geben, sind also durch die tatsächliche Entwicklung der vergangenen Jahre gründlich widerlegt. Wir brauchen keine Eigenheimzulage, denn steigende Mieten, niedrige Zinsen, sinkende Arbeitslosenzahlen und Inflationsfurcht waren deutlich stärkere Katalysatoren für die Eigentumsbildung als zuvor die staatliche Förderung.

Einar Skjerven ist Managing Director der Industrifinans Real Estate GmbH.

Foto: Industrifinans

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