Viel wurde in den letzten Monaten über die goldenen Zwanziger Jahre geschrieben. In den Börsenzeitungen und Anlegermagazinen überschlugen sich die Vergleiche zur Situation von heute und den 1920er Jahren. Die Bröning-Kolumne
Der Grundtenor in Bezug auf die Gegenwart war dabei meist positiv: Die Weltwirtschaft wächst – zwar langsam, aber eine befürchtete Rezession erschien immer unwahrscheinlicher. Die Aktienmärkte notierten zudem auf Rekordständen und Zinserhöhungen seitens der Notenbanken waren nicht in Sicht. Die Party konnte also weitergehen. Die starke Entwicklung der Kapitalmärkte 2019 mit einem DAX-Plus von 25,5% und einem Zugewinn im S&P 500 von sagenhaften 31,3% in Euro ließ auch für 2020 ein gutes Börsenjahr erwarten – zumindest laut Statistik. Auf Jahre mit hohen zweistelligen Zuwächsen folgte in der Vergangenheit in den meisten Fällen ein erfreuliches Aktienjahr.
Tatsächlich kam es jedoch wieder einmal anders, als das Gros der Anleger es erwartet hatte. Die fulminante Entwicklung im vergangen Jahr wurde vor allem durch die Spekulation auf eine Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China getrieben. Noch zu Jahresanfang war von Risiken weit und breit keine Spur, auch wenn der Handelsstreit längst nicht beigelegt war. Auf der Habenseite stand lediglich ein eher unspezifisches „Phase-1-Abkommen“ zwischen Donald Trump und Xi Jinping. Weder die insgesamt hohen Staats- und Unternehmensschulden oder die durch niedrige Zinsen künstlich am Leben gehaltene, größer werdende Zahl von Unternehmen noch der Ausbruch des Coronavirus in China trübte die Entwicklung der Kapitalmärkte nachhaltig.
Auch mahnende Stimmen waren zu hören
Es gab durchaus auch mahnende Stimmen in der Presse, die Parallelen zogen zwischen den 1920er Jahren, dem Börsencrash 1929 und dem aktuellen Jahrzehnt. Die Warnungen bezogen sich dabei meist auf die weltweit zu hohen Schulden, Zombiestaaten und -unternehmen oder auf das nach der Finanzkrise 2008 viel zu geringe Weltwirtschaftswachstum. Alles Faktoren, die nicht von der Hand zu weisen sind, jedoch mit Verweis auf die Notenbankpolitik beiseite gewischt wurden. Dass der Auslöser für die heftigen Kurseinbrüche an den Märkten seit Ende Februar aber ein Virus sein würde, konnte natürlich keiner vorhersehen.
Differenzierte Betrachtung notwendig
Man muss allerdings Auslöser und Ursache für den Kurseinbruch differenzieren. Das Virus und die damit verbundenen Ausgangssperren führen dazu, dass weltweit Staaten und Notenbanken mit noch nie da gewesenen Hilfsprogrammen versuchen, den Einbruch der Wirtschaft abzumildern. Wenn Unternehmen Kurzarbeit anmelden oder die Produktion sogar ganz einstellen, Restaurants, Cafés, Kneipen oder Friseursalons schließen müssen, dann ist eine Rezession jedoch kaum mehr zu verhindern. Die Notenbanken versuchen das zwar mit aller Macht, aufmerksame Beobachter stellen aber schnell fest, dass es wohl nur noch darum geht, eine Depression, also eine lange anhaltende rezessive Phase, abzuwenden.
Wie das funktionieren soll? Mit einer massiven Ausweitung der Geldmenge, um die globale Wirtschaft in Schwung zu bringen und Inflation zu erzeugen. Die Schulden werden aufgrund der Konjunktur- und Anleihekaufprogramme der Notenbanken weiter steigen und das Vertrauen in unser Währungssystem weiter erodieren. Gesetz dem Fall, dass eine Depression verhindert werden kann, müssen sich Anleger auf erhebliche Inflation gefasst machen. In einem solchen Szenario spricht alles für Gold. Sollten die Bemühungen der Notenbanken und Regierungen weltweit nicht reichen und wir die Systemfrage stellen, sind Goldinvestments das Gebot der Stunde. Es wird demnach so oder so goldene Zwanziger Jahre geben – allerdings nur für das gelbe Edelmetall.
Foto: Fonds Finanz