Seit gut einem Jahr setzt die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) die zuvor erlassene EU-Richtlinie in deutsches Recht um. Nur gut gemeint – oder auch gut gemacht? Und was bedeutet die WIKR für die freien Vermittler? Gastkommentar von Dirk Günther, Prohyp
Das Ziel der WIKR: Durch Vorgaben in Bezug auf Information, Beratung, Dokumentation sowie Qualifikation von Finanzierungsberatern für hohe Standards bei der Vergabe von Immobiliar-Verbraucherdarlehen zu sorgen.
In den ersten Wochen nach der Einführung herrschte in der Branche einige Unsicherheit: Schließlich handelt es sich um eine Richtlinie, deren Ausgestaltung und Interpretation erst einmal ausgelotet werden musste. Prompt machte sich die Sorge breit, dass infolge der WIKR ganze Teile der deutschen Bevölkerung von der Kreditversorgung ausgeschlossen würden.
Heute wissen wir, dass dem nicht so war: Das Neugeschäftsvolumen laut Bundesbank ist im vergangenen Jahr zwar leicht auf 235 Milliarden Euro zurückgegangen, aber das dürfte eher auf Vorzieheffekte in der Anschlussfinanzierung im Jahr 2015 zurückzuführen sein. Und wir bei der Interhyp Gruppe haben 2016 mit 18 Milliarden Euro und einem Plus von 12 Prozent gegenüber 2015 sogar wieder einen neuen Rekord aufgestellt.
Was also bleibt gut ein Jahr nach ihrer Einführung von der WIKR?
Mehr Aufwand
Um den Geist der Richtlinie umzusetzen, sind heute bei nahezu allen Banken deutlich umfänglichere Prüfungen nötig. Diese zielen vor allem auf die Kreditwürdigkeit: In dem Zuge müssen verschiedene Szenarien durchgespielt werden, die Auskunft darüber geben, ob der Verbraucher in jeder Lebenssituation den Kredit wird stemmen können – und eben auch in der Rente ausreichend liquide ist.
Manches, was da heute verlangt wird, erscheint einem bisweilen komplex und etwas überladen. Unter dem Strich muss man aber zugeben, dass die Richtung stimmt.
Es ist nun einmal entscheidend, dass die Finanzierung über die gesamte Dauer bis zur Schuldenfreiheit funktioniert und nicht nur Spitz auf Knopf für die, sagen wir, ersten zehn Jahre passt.
Zudem fordert die WIKR für Vermittler einen Kompetenznachweis. Diejenigen, die im Sinne der WIKR keine „alten Hasen“ sind, müssen fortan ihre Sachkunde nachweisen, um auch weiterhin Immobiliendarlehen für Verbraucher vermitteln zu dürfen. Dafür müssen sie zum Beispiel bei einer Industrie- und Handelskammer die entsprechenden Prüfungen ablegen.
Mehr Chancen für Profis
Die Folge dieser Vorgaben: Die Baufinanzierung wird für Vermittler, die nur hin und wieder mal eine Finanzierung abgeschlossen haben, aufwendiger und damit unattraktiv – ja viele können oder wollen den Sachkundenachweis gar nicht erbringen.
Im Umkehrschluss macht die WIKR aber für spezialisierte Profis umso mehr Sinn: Der Baufinanzierungsmarkt bietet heute eine enorme Bandbreite an Möglichkeiten. Wer sich in diese Produktwelt einarbeitet, der bietet dem Kunden einen großen Mehrwert und dem steht entsprechend viel Geschäftspotenzial offen.
Das gilt zum Beispiel für Anschlussfinanzierungen. Das ist der ideale Zeitpunkt dafür, die Gesamtsituation des jeweiligen Kunden einer professionellen Bestandsaufnahme zu unterziehen – und so Sparchancen über die günstigen Zinsen und die zumeist niedrigere Beleihung hinaus aufzudecken.
In dem Sinne haben wir uns bei Prohyp auf die Fahne geschrieben, jedem einzelnen Vermittler seinen Bedürfnissen und seinem Geschäftsmodell entsprechend die optimale Unterstützung zu bieten.
So bieten wir unter anderem eine auf den jeweiligen Bedarf zugeschnittene Beratung durch unsere Finanzierungsspezialisten und den Zugriff auf die Finanzierungslösungen von mehr als 400 Banken, Sparkassen und Versicherungen auf einer Plattform.
Und wer übrigens infolge der WIKR-Erfordernisse selbst keine Baufinanzierung mehr anbieten möchte, muss seine Kunden nicht wegschicken: Vielmehr kann er als Tippgeber mit Baufinanzierungsvermittlern eine entsprechende Vereinbarung abschließen.
Dirk Günther ist Geschäftsführer der Prohyp GmbH.
Foto: Interhyp Gruppe