Schumacher: Bei Domcura schauen wir stark auf Ratings, weil sie eben in einer gewissen Art und Weise einen übergreifenden Vergleich bieten. Wir sind kein Versicherer, sondern Assekuradeur. Wir haben keine Ausschließlichkeit, die für uns die Verträge bringt.
Wir müssen uns also mit anderen Anbietern messen. Und mit den Ratings können wir zeigen, dass ein Nichtversicherer genauso gute Produkte bieten kann, wie ein Versicherer. Und wenn Sie in verschiedenen Ratings auftauchen und zu den Besten zählen, dann, so nehmen wir es wahr, hilft das schon.
Worauf achtet Softfair bei Hausrat- oder Wohngebäude-Ratings?
Freund: Wir schauen ausschließlich auf die Bedingungen. Dabei orientieren wir uns an den Empfehlungen des „Arbeitskreises Beratungsprozesse“ sowie des „Bundes der Versicherten“. Unser Rating soll dabei für jedermann nachvollziehbar sein.
Wir arbeiten mit einem Zielgruppenansatz, den man aus dem BU-Bereich kennt. Entsprechend gehen wir auch in der Sachversicherung vor. Beispielsweise muss jemand, der in der Wohnung wohnt, nicht zwangsläufig einen Mähroboter mitversichern.
Wir bei Softfair geben Punkte für „erfüllt“ und „nicht erfüllt“ und stufen teilweise die Punkte je nach Erfüllung noch ab. Darüber hinaus gewichten wir die einzelnen Leistungsaspekte anhand von Wertigkeitsfaktoren.
Haben Sie den Eindruck, dass die Vermittler und die Vermittlerinnen die Feinheiten und Unterschiede in den diversen Rating kennen und verstehen?
Freund: Persönlich gehe ich davon aus, dass sich ein Vermittler für ein bis zwei Ratingverfahren entscheidet und sich mit diesen intensiv beschäftigt. Aber er kann nicht, und das wird er wahrscheinlich auch nicht tun, den kompletten Markt im Auge behalten. Der Blumenstrauß an Ratings und Siegeln ist einfach viel zu groß.
Neuhalfen: Ratings reduzieren nicht die Vermittler-Haftung. Sie sind eine Unterstützung, eine gute Empfehlung zu geben. Wir haben einen Markt mit über hundert Kompositversicherern und mit hunderten von Produktvarianten, die sich laufend ändern.
„Das beste Rating ist nur eine Unterstützung“
Also wirkliche Transparenz, und das ist die Aufgabe des Vermittlers, kann man da schwer herstellen. Also muss der Vertrieb sich eine persönliche Auswahl von Gesellschaften, Produkten oder Ratern zurechtlegen und die persönliche Haftung unterbringen. Das ist das Spannungsfeld.
Doch das beste Rating ist nur eine Unterstützung. Der Moment der Wahrheit wird der Schadenfall oder eine komplexe Anfrage sein. Und da helfen Ratings gar nicht. Da müssen die Prozesse funktionieren.
Schumacher: Die Frage ist: Was ist die Alternative? Der Makler müsste sich mühselig Erkundigungen einholen und möglichst viele Tarife miteinander vergleichen. Ist das realistisch, dass sich ein Vermittler für eine günstige Haftpflichtversicherung dreißig Produkte anschaut und die Bedingungen vergleicht?
Aber wenn der Vermittler sagen kann, dass er hier ein Produkt hat, das drei oder vier gute Ratings bekommen hat. Und er zudem Partner bei dem Anbieter ist, mit dem er auch noch gute Erfahrungen gemacht – dann ist das doch aussagekräftig.
Ich würde Sie gerne zum Abschluss unserer Gesprächsrunde um einen Ausblick bitten. Wo liegen für Sie die kommenden Herausforderungen und wo wollen Sie als Versicherer und Assekuradeur ihre Schwerpunkte setzen?
Neuhalfen: Unsere Adressaten sind die Vermittler. Und die legen Wert auf Profil und Verlässlichkeit. Vor dem Hintergrund haben wir beschlossen, unser Profil zu schärfen. Unser Profil in der Kompositwelt der ALH Gruppe ist sehr einfach beschrieben. Wir sind ein Mittelstandsversicherer, ein Partner des Gewerbes und der mittleren Industrie.
In diesem Segment geht es um Individualität und Kompetenz. Und da spielt der Faktor Mensch eine maßgebliche Rolle. Der Vermittler ist in diesem individuellen Segment wichtiger als Vergleichsmaschinen oder Roboter. Vieles lässt sich über AI, Bots und durch Algorithmen lösen. Im Individualgeschäft hingegen macht es teilweise weder Sinn noch ist es möglich.
Auf der anderen Seite wollen wir auch in der privaten Sachversicherung – ob Hausrat, Haftpflicht, Wohngebäude oder Kfz – gute, attraktive Angebote machen. Da spielen digitale und effiziente Lösungen eine entscheidende Rolle. Diesen sehr guten hybriden Strategieansatz verfolgen wir in der Kompositversicherung. Die Resonanz, die wir von Vermittlern und dem Markt erhalten, zeigt, dass wir auf dem richtigen Pfad sind.
Schumacher: Als Assekuradeur müssen wir uns immer wieder in der Lücke zwischen Versicherer und Vermittler bewähren. Und da sind Flexibilität, Schnelligkeit, Kostenführerschaft oder besondere Produkte evident. Hinzu kommt die Kundenorientierung. Und da sprechen wir vom Endkunden und dem Makler, dem Vertrieb und dem Pool.
Dabei müssen wir berücksichtigen, dass der Vermittler eine hohe Haftungssicherheit von uns verlangt. Ein Punkt, auf den wir bei unseren Produkten ebenfalls achten müssen. Außerdem wissen wir heutzutage besser denn je, dass wir auch für die Risikoträger – also für die Versicherer – attraktives Geschäft bieten müssen. Nur wenn wir das auch weiterhin so gut gelingt, gibt es Versicherer, die mit uns zusammenarbeiten wollen.
Freund: Der Markt ist massiv im Umbruch. Im Vermittlermarkt sehen wir mittlerweile eine massive Konzentration. Die wird weitergehen, weil wir eine Überalterung in der Vermittlerstruktur haben und es kaum noch Nachwuchs gibt. Schon allein aus dem Grund muss man sich über alternative Vertriebskanäle, -ansätze Gedanken machen.
Hinzu kommt, dass die Digitalisierung weiter voranschreitet. Nicht nur Versicherer, sondern auch Pools und Vertriebe bekommen den Kostendruck zu spüren. Sie suchen neue Vertriebsansätze. Derzeit haben wir noch einen sehr vielfältigen Sachversicherungsmarkt in Deutschland.
Aber ich befürchte, dass der eine oder andere in den nächsten Jahren unter die Räder kommen wird. Einfach, weil er mit der Schnelligkeit der Transformation nicht mehr Schritt halten kann.
Den Roundtable moderierte Jörg Droste, Cash.