Betriebliche Vorsorge: „Eine riesige Chance, beide Welten miteinander zu verbinden“

Und welche Rolle spielen die digitalen Tools in der bKV und bAV?

Guse: Ich habe den Eindruck, dass die Arbeitgeber noch gar nicht wissen, wie entscheidend das ist. Und die Finanzdienstleistungsbranche merkt so langsam, wie sie es nutzen kann und dass sie in dem Zusammenhang neue Konzepte entwickeln muss. Eine Angebotssoftware gibt es schon sehr lange. Die Digitalisierung ist aber an einer anderen Stelle neu erfunden worden, nämlich in der Ansprache des Arbeitgebers und der Verwaltung von betrieblicher Versorgung im HR-Bereich; Die Erleichterung der Verwaltung ist ein zentraler Aspekt. Ein sehr starker Zug ist nun, dass Maklerinnen, Makler oder Maklergesellschaften einen Teil der Verwaltung übernehmen. Das hat rechtlich auch Auswirkungen. Bisher hat der Vertrieb nur Angebot unterbreitet. Jetzt geht man plötzlich einen Schritt weiter in die Organisation eines Betriebes hinein. Das ist eine ganz neue Art der Unterstützung. Vor diesem Hintergrund funktioniert das alte Denken meiner Ansicht nach nicht mehr. Da sind im Vertrieb andere Ansätze gefragt.

Birken: Digitalisierung spielt eine extrem große Rolle. Wir haben uns bewusst entschieden, nicht nur ausschließlich auf unsere eigenen Portallösungen zu setzen, sondern mit großen Plattformen Kooperationen aufzubauen: Damit wir Schnittstellen und Synergien mit und für unseren Vermittlern darstellen können, damit wir aber auch dem Arbeitgeber eine einfache, übersichtliche und möglichst verwaltungsarme Verwaltung ermöglichen können. Unsere Produkte sind gut. Was wir aber wollen, ist der Prozess. Wir wollen, dass es für den Vermittler und den Arbeitgeber einen roten Faden gibt. Und wir wollen, dass Mitarbeiter die möglichen Leistungen sehen. Wir arbeiten über unterschiedliche Medien, auch mit Apps. Bei uns ist es „Hallesche4u“. Mit der App geht es uns vor allem um Transparenz und Einfachheit. Wir wollen dem Mitarbeiter die Möglichkeit geben, unkompliziert Leistungen einzureichen, ihm aufzeigen, was versichert ist und wie viel Budget noch vorhanden ist, was bisher eingereicht wurde. Das ist gerade im „FEELfree:up“ wichtig, weil der Kunde wissen muss, ob sein Budget aufgebraucht ist, damit er im kommenden Jahr 50 Euro mehr erhält. 

Böwing: Auch bei der „fin4u-App“ von der Alten Leipziger wollen wir es für den Arbeitnehmer möglichst transparent machen. Das heißt, er sieht seine Verträge, kann sie verwalten, Fondswechsel vornehmen und Ähnliches. Wir geben damit auch viele Themen an den Arbeitnehmer weiter und entlasten damit natürlich die Personalabteilung oder die Lohnbuchhaltung. 

Birken: Uns ist auch wichtig, gerade das Thema der Mitarbeiterkommunikation in den Fokus zu nehmen und dort digital zu werden. Wir als Hallesche haben uns entschieden, neben Print-Unterlagen wie einer Mitarbeiterbroschüre auch Erklärfilme für Mitarbeiter in 18 Sprachen zur Verfügung zu stellen. Die Filme sind jeden Tag rund um die Uhr abrufbar. Und wir wollen das Angebot nicht nur auf die bKV beschränken. Deswegen haben wir im letzten Jahr beispielsweise eine Kooperation mit Wayly geschlossen, die auf die Vernetzung der betrieblichen Fürsorge einzahlt. Das heißt, der Mitarbeiter hat die Möglichkeit, rund um die Uhr von überall einfach und sehr intuitiv das Angebot seines Arbeitgebers zu überblicken, sich Informationen zur bAV, zur betrieblichen BU-Versicherung sowie zur bKV zu holen, sich ein Angebot gegenrechnen zu lassen oder dies selber zu berechnen und zum Austausch Kontakt mit dem Ansprechpartner des Arbeitgebers – dem Vermittler – aufzunehmen. Es geht um jederzeit abrufbare Informationen; es geht aber auch darum, Benefits erlebbar und transparent zu machen. Dadurch wird es für den Mitarbeiter sehr verständlich. Deswegen ist die Digitalisierung auch so wichtig.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei der Implementierung einer bAV und bKV inzwischen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Baumüller: Es ist allen Beteiligten wichtig, möglichst wenig Papier zu verwenden und folglich so viel es geht digital abzubilden. Das beginnt bei der Beratung und endet bei der Police. Allerdings haben hier die Versicherer noch Themen zu klären, da unfassbar viel Post versendet wird. Für uns heißt Digitalisierung – wenn wir fahren – fahren wir mit einem Hybridfahrzeug welches vom Sonnenkollektor auf unserem Dach gespeist wird. Wir arbeiten papierlos und jeder Mitarbeitende hat seinen individuellen digitalen Postkasten. Im Büro selbst gibt es diverse Maßnahmen, um Müll zu vermeiden. Der Beitrag an dem großen Thema Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig. Eine große Hilfe könnte sein, wenn Policen, Nachträge und Leistungsabrechnungen nicht in doppelter Ausfertigung per Post versendet werden.

Böwing: Das Thema Nachhaltigkeit rückt insbesondere bei größeren Unternehmen in den Vordergrund. Gemäß ihren Richtlinien müssen in Anspruch genommene Dienstleistungen häufig die ESG-Kriterien erfüllen – dies gilt dann auch für die bAV. Bei kleineren und mitteständischen Unternehmen wird Nachhaltigkeit zwar auch erfragt, spielt bei der Auswahl des richtigen Produktpartners jedoch häufig noch eine untergeordnete Rolle. Begründet wird das regelmäßig damit, dass die Unternehmen ihren Beschäftigten die Auswahl des Tarifs nicht vorschreiben möchten. Daher ist es hilfreich, wenn den Mitarbeitern als Alternative zu den nachhaltigen Produkten noch ein anderes zur Verfügung steht.

Birken: Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dies geht natürlich auch mit dem Image einher und ist nicht nur für Firmenkunden und Auftraggeber wichtig, sondern immer mehr auch jüngeren Mitarbeitern und Bewerbern. Mit der bKV zahlen wir unter anderem auf das Nachhaltigkeitsziel 3 ein – Gesundheit und Wohlergehen. Der Arbeitgeber ermöglicht den Mitarbeitern Zugang zu medizinischer Versorgung, die privat gegebenenfalls nicht oder nicht mehr darstellbar wäre – aufgrund des Gesundheitszustands, Vorerkrankungen oder finanziellen Themen. Aber nicht nur durch ein Gesundheitsbudget, sondern auch durch Gesundheitsservices wie dem Facharztterminservice. Damit können Wartezeiten auf einen Facharzttermin für Mitarbeiter verkürzt werden. Unsere bKV-Lösungen „FEELfree“, „FEELfree:up“ und „FEELcare“ wurden von der Universität Bayreuth in Zusammenarbeit mit der Concern GmbH als werthaltiges und nachhaltiges Gesundheitskonzept bestätigt. Die Lösungen unterstützen das Nachhaltigkeitsmanagement und die Berichterstattung von Arbeitgebern. Aber nicht nur in der bKV ist uns die Nachhaltigkeit wichtig, sondern für uns als Hallesche insgesamt. Wir möchten kein reiner Kostenerstatter sein, sondern als Gesundheitspartner zu einer gesünderen, sozialeren und nachhaltigeren Welt beitragen. Aus diesem Grund haben wir uns als erster privater Krankenversicherer auf dem Markt einem neuen Nachhaltigkeitsrating unterzogen. 81 von 100 möglichen Punkten sind ein sehr gutes Ergebnis.

Abschließende Frage: Welches Marktpotenzial erwarten Sie beim Thema bKV? Welche Erwartungen haben Sie an die bAV? 

Birken: Die bKV ist für uns ein strategisches Geschäftsfeld, das wir mit unseren Vermittlern zusammen weiter ausbauen wollen. Aber auch in der Kombination mit der bAV, also im Schulterschluss, möchten wir gemeinsam mehr gewinnen, gemeinsam mehr erreichen, um betriebliche Versorgung – also die Betriebliche Fürsorge, wie es bei uns im Haus heißt – erlebbar zu machen. 

Böwing: Für die ALH-Gruppe ist das Firmenkundengeschäft ein sehr wichtiges strategisches Geschäftsfeld. Wir haben vorhin über Thema Durchdringung in der bAV gesprochen. Die Hälfte der Berufstätigen hat sie noch nicht, gerade jene bei kleinen mittelständischen Unternehmen. Wenn wir uns das Thema in der bKV anschauen, dann ist der Kuchen, den es zu verteilen gibt, noch ungleich viel größer. Wir würden gerne an den Erfolgen anknüpfen und unsere Marktstellung weiter ausbauen. Zusammengefasst: Wir sehen in beiden Bereichen ein großes Wachstumspotenzial

Baumüller: Ich glaube, dass es in der bAV noch mehr Arbeitgeberleistungen bedarf. Und die werden auch kommen. Und ich glaube, dass wir in der betrieblichen Berufsunfähigkeit (bBU) ebenfalls einen Aufschwung sehen. Denn die Arbeitgeber sind dort sehr offen, weil es das Thema Gesundheitsvorsorge abrundet. bBU und Gesundheitsvorsorge sind sehr nah beieinander und sehr gut in einem Konzept zu verpacken. Und ich bin glaube, dass wir das Thema Pflege in der bKV integrieren müssen. Die Betriebe und die Mitarbeitenden sind damit überfordert und brauchen Hilfe, wenn Angehörige von heute auf morgen zum Pflegefall werden. Da bedarf es einer guten Unterstützung. Die bKV entwickelt sich hier zu einem Win-Win-Produkt für alle Beteiligten. Das Thema wird 2024 einen deutlichen Auftrieb erfahren. 

Guse: Wir bauen den Geschäftsbereich für Versorgungsordnungen um, weil wird dort eine deutliche Zunahme verspüren. Die Kanzlei ist „Wing Men oder Wing Frau“ bei der Vermittlung und wir haben in dem Zusammenhang auch erstmals  bei einer Maklergesellschaft die Möglichkeit der Erstellung einer Versorgungsordnung in die Angebotssoftware implementiert. Heißt, die Daten, die aufgenommen werden, die werden uns direkt zur Verfügung gestellt werden. Dank der Digitalisierung ist es nun uno acto. Es gehört zusammen. Es ist auch diese klare Botschaft.

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