Elementarschadenversicherung: „Die Unverzichtbare“

Martin Gräfer, Vorstand der Bayerischen
Foto: Die Bayerische
Martin Gräfer, Vorstand der Bayerischen

EXKLUSIV Die schweren Überschwemmungen in Baden-Württemberg und Bayern Anfang Juni hinterlassen Milliardenschäden und viele Immobilienbesitzer und Mieter, die alles verloren haben, weil in der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung die Elementarschadenversicherung fehlte. Vor diesem Hintergrund dürfte die Diskussion um eine Pflichtversicherung nun intensiver denn je geführt werden.

Deutschland mal wieder im Ausnahmezustand: Erst sorgte Mitte Mai 2024 Dauerregen im Saarland und in Rheinland-Pfalz für Überschwemmungen und vollgelaufene Keller. Nur zwei Wochen später zog ein Tiefdrucksystem vom Mittelmeer kommend über die Ostalpen nach Baden-Württemberg und Bayern. Und brachte ebenfalls massive Niederschläge mit sich. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wurden in Buchenberg-Kreuzthal bei Kempten (Landkreis Oberallgäu in Bayern) zwischen dem 30. Mai und dem 3. Juni insgesamt 255,6 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen. In Raubling-Pfraundorf im bayerischen Landkreis Rosenheim fielen 228,5 Liter pro Quadratmeter; Und in Untrasried-Maneberg im bayerischen Ostallgäu waren es 225 Liter pro Quadratmeter.

Wenn Wolken solche Wassermassen mit sich führen und auf Deiche keine Rücksicht nehmen, sind schwere Überschwemmungen und massive Schäden fast immer die Folge. Die Bilder von Donau, Iller, Inn oder Ilz, die Anfang Juni in Bayern ganze Landstriche unter Wasser setzten, dürften aber auch die Diskussion um die Notwendigkeit einer Elementarschaden-Pflichtversicherung befeuern (siehe hierzu Pro & Contra). Doch dazu später mehr.

Der GDV schätzt die Schäden durch das Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg auf mindestens zwei Milliarden Euro. Bereits an Weihnachten traten in Nord- und Mitteldeutschland zahlreiche Flüsse über die Ufer und verursachten Schäden von schätzungsweise 200 Millionen Euro. Ähnlich teuer kamen die Überschwemmungen an den Pfingstfeiertagen im Saarland und in Rheinland-Pfalz die Versicherer nach vorläufigen GDV-Schätzungen zu stehen. Die drei Überschwemmungen innerhalb eines knappen halben Jahres werden die diesjährige Schadenbilanz der Sachversicherer in jedem Fall nach oben treiben.

Über ihre Hausrat- und Wohngebäudeprodukte reden die Unternehmen gerne, doch wenn es um die Schaden-Kosten-Quote in der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung geht, werden viele Versicherer schmallippig; konkrete Zahlen – Fehlanzeige. Doch es gibt Ausnahmen: „Insgesamt werden wir 2023 eine Schaden-Kosten-Quote von 99,7 Prozent haben“, sagt Kai Waldmann, Vorstand Privat und Gewerbe bei der Alten Leipziger Versicherung. Das liege leicht über dem Vorjahreswert. „Der Anstieg ist vor allem auf inflationsbedingt gestiegene Reparaturkosten und hohe Elementarschäden zurückzuführen“, so Waldmann.

Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgen zufolge dürften sich die Schadensummen durch Stürme, Starkregen und Überschwemmungen in den Jahrzehnten vervielfachen. Betroffen sein werden demnach vor allem der Westen, also Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Rheinland-Pfalz, der Südwesten mit Baden-Württemberg und der Süden, also Bayern. „Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre ist klar, dass extremer Niederschlag an jedem Ort in Deutschland möglich ist. Auch abseits von Flüssen ist die Absicherung von Überschwemmungsschäden daher ein wesentliches Element der Risikovorsorge“, sagte denn auch Olaf Bläser, Vorstandsvorsitzender der Ergo Versicherung.

Um eine höhere Abdeckung im Bereich Elementar zu erreichen, hat der Versicherer nach Aussage des Ergo-Managers alle Naturgefahren gebündelt. Auch für hoch gefährdete Gebiete, wie Bläser betont. Angesichts der immer heftigeren Wetterkapriolen und der Tatsache, dass eine Wohnimmobilie oft mehrere hunderttausend Euro kostet und für viele Hausbesitzer die größte Investition ihres Lebens sein dürfte, verwundern allerdings die geringen Einschlussquoten für die Elementarschadenversicherung in der Wohngebäudeversicherung.

Michael Schwarz, MLP
Michael Schwarz, MLP: „In Deutschland ist die Absicherung weiterhin zu gering in Anbetracht der hohen Relevanz dieser Absicherung.“

„In Deutschland ist die Absicherung weiterhin zu gering in Anbetracht der hohen Relevanz dieser Absicherung“, sagt Michael Schwarz, Leiter Sachversicherung bei MLP. Seit den verheerenden Unwettern an Erft und Ahr im Jahr 2021 registriert der Finanzvertrieb auch für 2023 und 2024 eine hohe Sensibilität für Elementarschadenrisiken. „Die Bereitschaft sich gegen derartige Schäden abzusichern, ist gestiegen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der erhöhten Nachfrage nach Elementarschadenversicherungen wider“, bestätigt auch Christine Schönteich, Geschäftsführerin beim Maklerpool Fonds Finanz Schönteich. „Nach Schätzungen des GDV lag die Einschlussquote für Elementarschäden in der Hausratversicherung im Jahr 2022 bei rund 38 Prozent, in der Wohngebäudeversicherung waren es im gleichen Jahr rund 52 Prozent. Neueste Schätzungen des GDV gehen für 2024 inzwischen von 54 Prozent aus“, so Schönteich.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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