Michael Beck, Bankhaus Ellwanger & Geiger, über die Folgen der Rücknahme vieler Wahlversprechen durch den designierten US-Präsidenten Donald J. Trump und die Aussichten der Märkte für 2017.
Ein Vorwurf, der Politikern gerne gemacht wird, ist jener, dass Wahlversprechen, die unter lautem Getöse im Wahlkampf gemacht wurden, nach einer gewonnenen Wahl schnell in Vergessenheit geraten. Selten beziehungsweise noch nie war es jedoch so erwünscht wie in diesen Tagen, dass Wahlversprechen aufgeweicht, angepasst oder buchstäblich in die Abfalltonne der Geschichte gekickt werden. Nämlich jene des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Die Welt atmet auf
Donald Trump zeigt in den ersten Tagen nach der gewonnenen Wahl, dass er zumindest in einer Hinsicht Kontinuität zeigt – in der chamäleonartigen Wandelbarkeit seiner Einstellungen beziehungsweise Aussagen. Nun waren die Wahlaussagen oder -versprechen teilweise so hanebüchen und angsterregend, dass die Welt angesichts der Tatsache einer konzilianteren Vorgehensweise sichtlich aufatmet. Zwar nicht in der Besetzung wichtiger Regierungs- und Beraterposten, die fast durchweg von Getreuen Trumps bekleidet werden und mit denen eher unerfahrenes (und in Extrempositionen verhaftetes) politisches Personal in die Regierungsgeschäfte eingebunden wird. Aber dennoch in den ersten Ankündigungen, welche Maßnahmen Donald Trump nach seiner Vereidigung umsetzen möchte.
Keine Trump-gefällige Geldpolitik
Die Pläne, ein gigantisches Infrastrukturprogramm aufzulegen, welches zu zusätzlichem Wirtschaftswachstum führen wird, werden von den US-Börsen gefeiert und mit neuen Rekordmarken belohnt. Selten wurden Marktentwicklungen falscher eingeschätzt als nach dem überraschenden Wahlsieg Donald Trumps. Die Frage ist nur, wie weit dieser Börsenaufschwung reicht. Mit dem anziehenden Wirtschaftswachstum in den USA gehen Erwartungen steigender Zinsen und Inflationsraten einher. Diese dürfen jedoch nicht zu stark steigen, weil Aktienmärkte irgendwann sensibel darauf reagieren. Auch wird es spannend sein zu beobachten, wie die US-Zentralbank Fed nach ihrer wahrscheinlichen Leitzinserhöhung im Dezember weiter agieren wird. Deren Präsidentin Janet Yellen darf sich zum erlauchten Kreis der im Wahlkampf von Trump beschimpften Personen zählen. Eine dem Präsidenten gefällige Geldpolitik dürfte eher nicht zu erwarten sein, zumal die Amtszeit Yellens in 2018 endet und kaum von einer Fortführung ausgegangen werden kann.
Spannendes politisches Jahr 2017
Das Jahr 2017 wird für die internationalen Finanzmärkte ein sehr spannendes Polit-Jahr. Neben dem mit Spannung erwarteten ersten Regierungsjahr eines Donald Trump werden Wahlen in den Euro-Kernländern Niederlande, Frankreich und Deutschland stattfinden. Der Ausgang dieser Wahlen wird über die Zukunft der Europäischen Union und des Euro entscheiden.
Michael Beck ist Leiter Asset Management beim Bankhaus Ellwanger & Geiger in Stuttgart.
Foto: Thomas Bernhardt