ELTIF: Ein neuer Mantel für Sachwertinvestments

Foto: COMMERZ REAL/CHRISTOF MATTES
Timo Werner, Commerz Real: "Wir wollten einen Impact-Fonds für Sachwerte wie zum Beispiel erneuerbare Energien auflegen, der eine weitgehend offene Struktur hat und der neben institutionellen Investoren auch Privatanlegern zugänglich ist."

Lange hatte sich der European Long Term Investment Fund (ELTIF) als rechtlicher Rahmen in der Branche der Sachwert-Investments für Privatanleger nicht durchgesetzt. Doch nun scheint das spezielle Vehikel Fahrt aufzunehmen.

Eingeführt wurden ELTIFs durch eine EU-Verordnung schon 2015, bis vor Kurzem spielten sie in Deutschland aber keine Rolle. Es handelt sich um alternative Investmentfonds (AIFs) in einer der verschiedenen europäischen Rechtsformen, die zusätzlich eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen müssen und dann europaweit vertrieben werden dürfen. Zielsetzung der EU ist ein Rechtsrahmen vor allem für langfristige Investitionen in die Realwirtschaft, speziell in Infrastruktur und Private Equity.

EU-weite Einheitlichkeit

„Der ELTIF stellt nicht weniger als die Schaffung eines EU- weit einheitlichen, neuen Anlagevehikels dar“, sagt Markus Pimpl, Managing Director Client Solutions bei der Partners Group aus Zug (Schweiz). „Mit dem ELTIF wird Privatanlegern ein Vehikel für Sachwert- und Privatmarktanlagen an die Hand gegeben, das durch klar fixierte Anlagegrundsätze, ein hohes Maß an Transparenz, nachvollziehbare und vergleichsweise geringe Kostenbelastung und einfache Handhabung überzeugt“, so Pimpl weiter.

Private und institutionelle Investoren könnten so über ein sehr klar reguliertes Vehikel in ein breit diversifiziertes Spektrum von Privatmarktanlagen, also nicht-börsennotierte Assets, investieren.

„Damit können sie die besonderen Charakteristika der Anlageklasse nutzen, ohne auf ein angemessenes Schutzniveau verzichten zu müssen, wie zum Beispiel eine sinnvolle Investmentdiversifikation. Denn für ELTIFs gelten klar fixierte Anlagegrundsätze, die eng gesteckt sind und auch durch den Regulator überwacht werden“, erklärt er.

So zählt zu den gesetzlichen Vorgaben, dass der Fonds mindestens 70 Prozent seines Vermögens in illiquide, nicht-börsennotierte Anlageobjekte investiert. Explizit genannt werden in der ELTIF-Verordnung Infrastruktur, Unternehmensbeteiligungen und Fremdkapitalfinanzierungen.

„Darüber hinaus sind auch Immobilieninvestments möglich, sofern sie Teil eines langfristigen Investitionsprojekts sind und nicht ausschließlich der Spekulation dienen. Ferner sind auch klassische Sachwerte wie Flugzeuge, Schiffe und Schienenfahrzeuge sowie Anlagen und Maschinen zulässige Investitionsobjekte“, erläutert Pimpl.

Hohe Mindestvolumina

Einzelne Sachwert-Investitionen müssen mindestens zehn Millionen Euro betragen und dürfen jeweils maximal zehn Prozent der Gesamtinvestition ausmachen. Daraus errechnet sich ein Mindestvolumen eines Sachwert-ELTIF von 100 Millionen Euro und in der Praxis wahrscheinlich deutlich mehr: Das Zehnfache der größten Einzelinvestition.

Fremdkapital darf der Fonds nur bis maximal 30 Prozent seines Kapitals aufnehmen. Investments in andere Fonds sind lediglich in einem sehr engen Rahmen gestattet. Dachfondskonzepte sind damit ausgeschlossen. „Das vermeidet einerseits doppelte Kostenstrukturen und erhöht andererseits die Transparenz für Anleger“, so Pimpl.

Mindestvoraussetzungen auch für Anleger

Auch die Anleger müssen Mindestvoraussetzungen erfüllen. Wer insgesamt weniger als 500.000 Euro auf der hohen Kante hat, darf maximal zehn Prozent seines Finanzportfolios in einen ELTIF anlegen, wobei die angelegte Summe mindestens 10.000 Euro betragen muss. Privatanleger müssen also über ein Finanzvermögen von wenigstens 100.000 Euro verfügen, um in einen ELTIF investieren zu dürfen. „Somit werden künftig auch wieder Investorengruppen aus dem klassischen Private-Banking-Segment angesprochen“, sagt Pimpl.

Markus Pimpl, Partners Group: „Mit dem ELTIF wird Privatanlegern ein Vehikel für Sachwert- und Privatmarktanlagen an die Hand gegeben, das durch klar fixierte Anlagegrundsätze, ein hohes Maß an Transparenz, nachvollziehbare und vergleichsweise geringe Kostenbelastung und einfache Handhabung überzeugt“.

Im vierten Quartal 2020 hat die Partners Group einen solchen Fonds auf Basis einer Luxemburger SICAV aufgelegt: Den „Private Markets ELTIF“. Zielsetzung sind weltweit 30 bis 60 Direk- tinvestitionen, davon ungefähr 50 Prozent Private Equity, jeweils 20 Prozent Infrastruktur und Immobilien sowie zehn Prozent Private Debt. Mindestbeteiligung pro Anleger: 20.000 Euro oder US-Dollar. Laufzeit sind zehn Jahre nach dem letzten Closing, eine vorherige Rückgabe des Anteils ist nicht möglich.

Der Fonds wird von der Partners Group in Kooperation mit der Schweizer Großbank UBS angeboten und ist laut ELTIF-Register der Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA zum Vertrieb in 17 europäischen Ländern angemeldet.

Auch die Commerzbank-Tochter Commerz Real hat im Herbst 2020 einen ELTIF aufgelegt: Den „Klimavest“. Er plant primär Investitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen sowie in zweiter Linie in nachhaltige Infrastruktur, Mobilität und Forstwirtschaft. Er ist den Unterlagen zufolge damit bezüglich der Nachhaltigkeit ein „Impact-Fonds“. Erstes Fondsobjekt ist der „Windpark Beckum“ in Nordrhein-Westfalen, ein Repowering- Projekt. Mindestbeteiligung sind 10.000 Euro.

Dieser Fonds macht der Bezeichnung „Long Term“ alle Ehre: Er hat eine Laufzeit bis 31. August 2070. In diesem Fall gibt es jedoch nach Abschluss einer Anlaufphase von bis zu fünf Jahren grundsätzlich die Möglichkeit der Rückgabe des Anteils, bei einer Beteiligung von weniger als 500.000 Euro ohne Kündigungsfrist.

Voraussetzung ist, dass alle Rückgabewünsche zusammen nicht mehr als die Hälfte des kurzfristig verfügbaren Bankguthabens des Fonds ausmachen. Wenn mehr Anleger gleichzeitig aussteigen möchten oder kein Geld da ist, wird die Rücknahme ausgesetzt oder quotal beschränkt.

Gründe für die Wahl eines ELTIF

Warum hat sich Commerz Real für die „Verpackung“ als ELTIF entschieden? „Wir wollten einen Impact-Fonds für Sachwerte wie zum Beispiel erneuerbare Energien auflegen, der eine weitgehend offene Struktur hat und der neben institutionellen Investoren auch Privatanlegern zugänglich ist. Dafür hat sich der ELTIF als optimale Struktur angeboten, vor allem angesichts dessen, dass es Privatanlegern in Deutschland nicht möglich ist, über eine offene Struktur in solche Assets zu investieren“, antwortet Timo Werner, Fondsmanager des Klimavest.

Gezielte Anreize für Kleinanleger

„Der Schwerpunkt der ELTIF-Verordnung liegt auf der Förderung langfristiger europäischer Investitionen in die Realwirtschaft wie zum Beispiel für Projekte in nachhaltige Energieerzeugung oder -verteilung. Zudem erlaubt die Verordnung, dass auch Kleinanleger sich an dieser Assetklasse beteiligen dürfen und schafft für diese mit der Einräumung von Rückgaberechten gezielt Anreize. Damit war uns recht schnell klar, dass für unser Vorhaben der ELTIF das perfekte Vehikel ist“, so Werner weiter.

Demnach ist die grundsätzliche Rückgabemöglichkeit wohl der wesentliche Grund für die Konzeption als ELTIF. Der Rest ließe sich schließlich mit weniger Restriktionen auch mit einem herkömmlichen Publikums-AIF realisieren, zumal Commerz Real einst zu den führenden Anbietern in diesem Segment zählte.

Vertrieben wurde der Klimavest zunächst exklusiv von der Commerzbank, ab dem 29. März dann auch über andere KWG- Kreditinstitute. „Haftungsdächer und Paragraf-34f-Vertriebe prüfen wir derzeit selektiv“, kündigt Werner an. Weitere ELTIFs plane Commerz Real aber „erstmal nicht“. Ein weiteres Investment-Schwergewicht hat im letzten Oktober bereits seinen zweiten ELTIF aufgelegt: Blackrock. Bei dem „Private Equity Opportunities ELTIF“ müssen die „Kleinanleger“ allerdings mindestens 125.000 Euro aufbringen.

Überschaubare Fondszahl in Europa

Das Register der ESMA weist aktuell (Stand 26. März 2021) drei weitere Anbieter aus die den Vertrieb von ELTIFs auch in Deutschland angezeigt haben: Amundi, Muzenich und October Factory. In diesen Fällen geht es indes nicht um Sachwerte, sondern um nicht börsengehandelte Unternehmenskredite, private Schuldinstrumente oder andere Fremdkapitalvehikel als Zielinvestitionen.

In dem ESMA-Register sind insgesamt 111 in Europa zugelassene ELTIFs gelistet. Davon haben 44 Fonds von elf Anbietern den Vertrieb noch nicht angezeigt oder aufgenommen. In diesen Fällen ist noch offen, ob und in welchen Ländern sie angeboten werden und an welche Anlegergruppen sie sich dann richten. Es ist jedoch anzunehmen, dass wenigstens einige davon auch in den Publikumsvertrieb in Deutschland gehen werden.

„Noch ist das ELTIF-Regime vergleichsweise jung und das Angebot entsprechend übersichtlich. Jedoch wächst das ELTIF-Fonds-Universum stetig und ist auf dem Weg, sich als Standard für geschlossene Fonds, welche auch privaten Investoren zugänglich sind, zu etablieren“, sagt Partners-Group-Manager Pimpl.

Perspektiven für die Marktdurchdringung

Ob sich der neue Mantel für Sachwerte allerdings tatsächlich zu einem ernsthaften Wettbewerber oder gar zu einer Bedrohung für Publikums-AIFs und Vermögensanlagen entwickelt, muss sich noch herausstellen. Für den ganz breiten Vertrieb sind ELTIFs schließlich schon wegen des erforderlichen Mindest-Finanzvermögens der Anleger nicht geeignet und gerade die Möglichkeiten, in Immobilien zu investieren, sind stark einschränkt.

Auch in den anderen Assetklassen, vor allem also Erneuerbare Energie und Private Equity, muss es nicht unbedingt auf ein Entweder-Oder hinauslaufen. Ebenso ist ein Nebeneinander möglich. Schließlich existieren auch offene und geschlossene Immobilienfonds – mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen – schon lange parallel.

Autor: Stefan Löwer, Cash.

Fotos: Commerz Real, Partners Group

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