Fondsinnovation: „Neue Rendite- und Ertragsquellen“

Foto: Blackrock
Benjamin Fischer, Blackrock

Der European Long Term Investment Fund (ELTIF) wurde als neues europäisches Fondsvehikel bereits vor sechs Jahren eingeführt. Doch erst in den letzten Monaten beginnen Produktanbieter, diesen verstärkt zu nutzen. Benjamin Fischer, Leiter Fondsselektion und Strategische Kunden im iShares & Wealth Team bei Blackrock in Deutschland, über die Chancen von ELTIFs im Fondssegment und über die Resonanz im Vertrieb.

Der neue Fondsmantel für langfristig orientierte Investments ist schon 2015 an den Start gegangen. Warum hat es so lange gedauert, bis der Markt auf dieses neue Fondsvehikel reagiert hat?

Fischer: Zuerst haben sich Produktentwicklungs- und Rechtsabteilung sowie Investmentteams von Asset Managern mit dem Konzept und der entsprechenden Regulierung vertraut gemacht, um dann im nächsten Schritt entsprechende Plattformen und Produkte aufzusetzen. Im Anschluss daran konnte sich der Vertrieb mit dem Thema ELTIF befassen. Insgesamt brauchte es also eine gewisse Zeit, bis das operative Setup stand und erste Fonds verfügbar waren.

Welche Vorteile bieten ELTIFs für Privatanleger verglichen etwa auch mit den klassischen UCITS?

Fischer: ELTIFs ermöglichen Anlegern Zugang zu Privatmarktanlagen, die vorher schwerpunktmäßig institutionellen Investoren vorbehalten waren, u.a. Private Equity, Private Credit oder Infrastrukturanlagen. Gleichzeitig bieten sie einen verlässlichen Rahmen und die hohe Transparenz einer umfassenden europäischen Regulierung. Damit sind ELTIFs eine mögliche Lösung für Privatanleger, die angesichts anhaltend niedriger Zinsen und gestiegener Korrelationen bei klassischen Wertpapieranlagen neue Rendite- und Ertragsquellen suchen.

Die EU-Kommission treibt eine Reform der ELTIF Verordnung an, um den Vertrieb von ELTIFs zu optimieren. Wo hakt es diesbezüglich noch?

Fischer: Ziel der EU ist es, die europäische Wirtschaft im Einklang mit der Strategie Europa 2020 und dem Ziel hoher Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit mit langfristigen Finanzierungsmitteln zu unterstützen. Hierbei stellt der ELTIF ein Finanzierungsmittel dar. Dazu wäre eine noch größere Flexibilität wünschenswert, um mehr Investitionen zu ermöglichen. Zudem sollten die Regeln für den Anlegerzugang vereinfacht und an die MiFID-Regulierung angepasst werden. Insofern begrüßen wir die Initiativen des High Level Forums der EU- Kommission zur Kapitalmarktunion.

Blackrock hat im ersten Schritt einen Private Equity ELTIF aufgelegt und ist dieses Jahr jetzt mit einem Infrastruktur ELITF an den Markt gegangen. Warum gerade diese beiden Bereiche?

Fischer: Beide Anlageklassen bieten Investoren die Möglichkeit, in Unternehmen und Projekte zu investieren, zu denen sie bisher keinen Zugang hatten. Damit eignen sie sich gut, um ein bestehendes Portfolio weiter zu diversifizieren. Beispielsweise hat sich die Zahl der in den USA börsennotierten Unternehmen über die vergangenen 30 Jahre um ca. 40 Prozent reduziert. Im Gegenzug hat sich der Anteil privat gehaltener Firmen deutlich erhöht, das bedeutet mehr Möglichkeiten im Bereich PE.

Mit dem Blackrock Private Equity Opportunities ELTIF, den wir 2019 aufgelegt haben, sind wir über Co-Investments in etwa 30 bis 40 kleine und mittelgroße Unternehmen investiert. Diese sind überwiegend in Europa ansässig, mit Schwerpunkt auf Buyouts und Wachstumsfirmen. Damit kommen wir dem Kapitalbedarf des Mittelstandes entgegen und unterstützen so das Wachstum des Rückgrats der europäischen Wirtschaft. Vor Kurzem haben wir das Closing des Fonds bekanntgegeben: Investoren haben unserem Blackrock Private Equity Opportunities ELTIF über 500 Millionen Euro anvertraut. Damit ist er einer der größten ELTIFs in Europa.

Mit dem Blackrock Private Infrastructure Opportunities ELTIF, den wir in Deutschland seit dem ersten Quartal 2021 über das Deutsche Bank Wealth Management in Deutschland derzeit exklusiv anbieten, konzentrieren wir uns auf europäische Investitionen in Infrastrukturanlagen. Damit treffen wir in zweierlei Hinsicht einen Nerv: Zum einen ist der Kapitalbedarf hoch: Experten schätzen die globale Finanzierungslücke im Bereich Infrastruktur zwischen 2016 und 2040 auf 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. ELTIFs können helfen, diese Lücke zu schließen. Zum anderen hat sich die Widerstandsfähigkeit von Infrastrukturanlagen während der Corona-bedingten Marktverwerfungen erneut bestätigt. Das macht dieses Marktsegment aus Anlegersicht interessant.

Gibt es weitere Investitionsziele, die sich in besonderer Weise dafür eignen, sie mittels eines ELTIF zu realisieren?

Fischer: Grundsätzlich ist vieles möglich, von Private Equity und Private Credit über Infrastruktur bis hin zu bestimmten Immobilienanlagen. Entscheidend ist am Ende der Mehrwert, den wir für unsere Anleger schaffen möchten.

Wie sind die beiden ELTIFs gegenwärtig positioniert? Inwie- weit findet auch das Megathema ESG dort statt?

Fischer: Beide Fonds verfolgen eher konservative Anlagestrategien. Sie setzen auf Themen, die wir für langfristig aussichtsreich halten – etwa auch aufgrund ihres Nachhaltigkeitsbezugs. Beispielsweise sind das beim Blackrock Private Infrastructure Opportunities ELTIF digitale Infrastruktur, intelligente Städte, globaler Energiewandel und Finanzierungslücken der öffentlichen Hand. Damit verfolgt der ELTIF auch das Ziel, künftiges globales Wachstum durch heutige Investitionen in eine moderne und nachhaltige Infrastruktur zu unterstützen.

Wie hat sich die Pandemie auf die Entwicklung des PE-Fonds ausgewirkt?

Fischer: Beim Blackrock Private Equity Opportunities ELTIF streben wir eine breite Diversifizierung über Sektoren, Regionen, Lead-Sponsoren und Anlagejahrgänge hinweg an, als Teil unseres Fokus auf das Risikomanagement. Der aktuelle Schwerpunkt des noch jungen Portfolios liegt auf Unternehmen in den Sektoren Technologie, Elektromobilität und Nahrungsmittel, die sich auch in Betracht der weltweiten Corona Pandemie positiv entwickelt haben. Beispielsweise verzeichneten die Technologieunternehmen im Portfolio eine gute Entwicklung durch die beschleunigte Verbreitung des E-Commerce oder mobiler Zahlungen. Durch unser globales Netzwerk haben wir auch während der Pandemie aktiv für unsere Anleger investiert. Unsere Pipeline ist gut gefüllt, um das Portfolio in den nächsten Monaten weiter aufzubauen.

Wie reagiert der Vertrieb auf das „neue“ Fondsvehikel? Wie viel erklärungsbedürftiger ist es im Gegensatz zu den UCITS- Fonds?

Fischer: Die Nachfrage entwickelt sich sehr dynamisch. Kunden schätzen an ELTIFs insbesondere drei Eigenschaften: erstens die Möglichkeit, Zugang zu langfristigen Beteiligungen an den Privatmärkten zu erhalten. Zweitens die hohe Transparenz der Produkte im Hinblick auf Kosten und deutschsprachige Unterlagen wie etwa Reportings. Und drittens, dass es sich bei ELTIF-Anlagen um Wertpapiere handelt, die sich in einem Wertpapierdepot verwahren lassen, was die Gesamtübersicht erleichtert. Da das Fondsvehikel noch relativ jung ist, ist es in vielen Fällen für Kunden die erste Investition in einen ELTIF. Dadurch ist es sicherlich ein Stück erklärungsbedürftiger als ein klassischer UCITS-Fonds. Darüber hinaus sollte Anlegern bewusst sein, dass sie mit dem ELTIF in illiquide Anlagen investieren, die in der Regel einen entsprechend langfristigen Anlagehorizont voraussetzen.

Mittlerweile gibt es mehr als 30 Fonds dieser Couleur hierzulande. Mit welcher Verbreitung von ELTIFs rechnen Sie? Eignen sich ELTIFs für jeden Anlegertyp?

Fischer: Die EU-Verordnung erlaubt, ELTIFs ab einer Mindestanlage von 10.000 Euro zu vertreiben. Gleichzeitig dürfen Anleger maximal zehn Prozent ihres liquiden Vermögens investieren, sprich: Sie benötigen mindestens 100.000 Euro liqu des Vermögen, damit ELTIFs in Betracht kommen. Damit liegt die Hürde für Privatmarktanlagen nun deutlich niedriger als in der Vergangenheit. ELTIFs sind aus unserer Sicht eine Erfolgsgeschichte, die wir mit weiteren innovativen Lösungen fortschreiben wollen.

Die Fragen stellte Frank O. Milewski, Cash.

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