Derzeit werden pro Jahr ein Prozent des Gebäudebestands in Deutschland energetisch saniert. Wenn die Rate wie von der Bundesregierung angestrebt auf zwei Prozent steigt, würde dies bis zum Jahr 2030 rund 744 Milliarden Euro kosten.
Das ist ein wesentliches Ergebnis der ersten Shell Hauswärme-Studie in Zusammenarbeit mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Jedoch könnte dadurch der Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent und die Treibhausgasemissionen um bis zu 44 Prozent sinken, so die Untersuchung. Eine weitere zentrale Aussage: Mit Teilsanierungen von Immobilien kann bei gleichem Kapitaleinsatz annähernd die gleiche Einsparung erreicht werden wie mit Vollsanierungen.
Aktuell wird jedoch jährlich erst ein Prozent des Gebäudebestands in Deutschland saniert. Wird dieser Trend fortgeschrieben, würden nach Aussage der Studie bis zum Jahr 2030 Investitionskosten von 386 Milliarden Euro anfallen. Drei Viertel des heutigen Wohnungsbestands sind über 25 Jahre alt, 90 Prozent der Heizenergie werden dort verbraucht. Der Energiebedarf von Bestandswohnungen ist derzeit im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch wie vom Gesetzgeber für Neubauten erlaubt.
Um die Effizienz verschiedener Maßnahmen zu vergleichen, untersucht die Studie unter anderem den Effekt von verschiedenen Sanierungstiefen sowie der Verwendung alternativer Energiequellen zur Beheizung. Unter anderem wurde geprüft, ob sich – bei gegebenen Kosten von 744 Milliarden Euro – mit schnellen und günstigen Teilsanierungen mehr Energie und Treibhausgase einsparen lassen als bei einer umfassenden Vollsanierung, bei der stets das technisch Maximale umgesetzt wird. Demnach werden bei der schnellen Sanierung rund 39 Prozent der Treibhausgasemissionen eingespart, bei der höheren Sanierungstiefe dagegen 43,8 Prozent erreicht.
Teilsanierung führt schneller zum Ziel
Jedoch könnten nach Aussage der Studie im Szenario „Schnell“ bei einer durchschnittlichen Sanierungsrate von 2,5 Prozent über zwei Milliarden Quadratmeter Wohnfläche saniert werden, im Szenario „Umfassend“ bei einer Sanierungsrate von 1,6 Prozent aber nur 1,3 Milliarden Quadratmeter.
„Im Ergebnis kann man sagen, dass sich die energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung mit einer höheren Sanierungsrate (Teilsanierung) schneller erreichen lassen als mit umfassenden Vollsanierungen“, kommentiert Jörg Adolf, Chefvolkswirt bei Shell Deutschland Oil.
Darüber hinaus untersuchte die Studie, welchen Effekt die verstärkte Verwendung alternativer Energien hätte. Aktuell würden konventionelle Energien annähernd 90 Prozent der Wärmeenergiebereitstellung sichern. Um die Potenziale von erneuerbaren Energien zu beleuchten, wurden in beiden Sanierungsszenarien bis zu 20 Prozent Biogas und Bioöl sowie bis zu 55 Prozent erneuerbare Energien im Strommix angenommen.
Würde keine Sanierung – aber Neubau und Abriss – stattfinden, würden die Treibhausgasemissionen demnach allein durch die alternativen Energiequellen um 18,8 Prozent und damit doppelt so stark wie ohne diese Komponenten zurückgehen. Die Beimischung von Biokomponenten und Erneuerbaren hat nach Aussage der Studie folglich spürbares Potenzial zur Treibhausgasreduktion. (bk)
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