Energiewende: Steuerliche Anreize für Photovoltaik- und Immobilieninvestments

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Jan Kiesel, EY

Jan Kiesel, LL.M., M.Sc. Partner, Steuerberater, Real Estate Tax bei Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, über das Jahressteuergesetz und wie es der Energiewende auf die Sprünge helfen will.

Der Beschleunigung der Energiewende kommt zur Erreichung der Klimaziele eine erhebliche Bedeutung zu. Photovoltaikanlagen können in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen, doch die hierfür erforderliche Investitionsoffensive blieb bisher aus. Ursächlich hierfür waren allgemeine Preissteigerungen, Lieferengpässe und sinkende Einspeisevergütungen. Darüber hinaus wurde der Erwerb und Betrieb von Photovoltaikanlagen insbesondere durch damit verbundene bürokratische Hemmnisse und komplizierte steuerliche Regelungen und Pflichten zusätzlich erschwert. Im Rahmen der geplanten Regelungen im Jahressteuergesetz 2022 soll durch den Abbau von administrativen Hürden der aktuelle Investitionsstau aufgelöst und neue steuerliche Anreize zur Investition in klimafreundliche Ressourcen geschaffen werden.

Im Zentrum der neuen steuerlichen Regelungen steht die Einführung einer leistungs- und objektbezogenen Steuerbefreiung, die für einzelne und mehrere Anlagen gilt. In einer ersten Kategorie sollen künftig Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen an, auf oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen, Carports und anderer Nebengebäude) und Gewerbeimmobilien bis zu einer Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur von bis zu 30 Kilowatt (peak) von der Steuer befreit werden.

Ebenfalls steuerbefreit sind in einer zweiten Kategorie die Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen von auf, an oder in überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien), jedoch nur bis zur einer Bruttoleistung von 15 Kilowatt (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit.

Es sollen sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen von den neuen Fördermöglichkeiten profitieren und zwar unabhängig von der Verwendung der Immobilie sowie des erzeugten Stroms. Die Begünstigung umfasst damit die eigene Nutzung und Vermietung der Immobilie sowie die Stromeinspeisung in das öffentliche Netz, Mieterstrom und das Aufladen privater und betrieblich verwendeter PKW. Die maximal förderfähige Bruttoleistung darf 100 Kilowatt (peak) pro Steuerpflichtigen allerdings nicht überschreiten. Diese Begrenzung dürfte die Neuregelung im Ergebnis eher für Eigennutzer und private Immobilieninvestoren interessant machen.

Zusätzlich soll der Aufwand für das Besteuerungsverfahren durch den Entfall der bisherigen Gewinnermittlungspflicht deutlich vereinfacht werden, wenn die Einnahmen eines Betriebs ausschließlich aus dem Betrieb von begünstigten Photovoltaikanlagen generiert werden. Die Abgabe einer Einnahmeüberschussrechnung entfällt in diesen Fällen.

In zeitlicher Hinsicht gilt die Steuerbefreiung erstmalig für Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, die nach dem 31. Dezember 2022 erzielt werden. Auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme kommt es nicht an. Somit greift die Regelung auch für bestehende Anlage was sehr zu begrüßen ist.

Flankiert werden diese ertragsteuerlichen Neuerungen durch die Einführung eines umsatzsteuerlichen Nullsteuersatzes mit Vorsteuerabzug für die Lieferung, die Einfuhr, den innergemeinschaftlichen Erwerb und Installation von Photovoltaikanlagen. Voraussetzung für die Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Nullsteuersatzes ist die Installation auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten genutzt werden. Bei Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) gilt die vorstehend genannte erforderliche räumliche Nähe als erfüllt. Der Nullsteuersatz verringer die Kosten für die Anschaffung einer Photovoltaikanlage erheblich und im Gegensatz zu einer Umsatzsteuerbefreiung verschlechtert er nicht den Vorsteuerschlüssel der Hersteller und Installationsbetriebe.
Der bisher in der Praxis häufig erklärte Verzicht auf die sogenannte Kleinunternehmerregelung mit der resultierenden laufenden Umsatzsteuererklärungspflicht zur Vermeidung von Nachteilen beim Vorsteuerabzug ist somit nicht mehr erforderlich und reduziert den Verwaltungsaufwand für die Anlageninhaber enorm. Um weitere Anreize für die Betreiber von Photovoltaikanlagen zu schaffen, gilt der Nullsteuersatz gleichermaßen für wesentliche Komponenten sowie Speichermedien für den erzeugten Strom der Anlagen.

Neben der dargestellten steuerlichen Förderung von Photovoltaikanlagen enthält das Jahressteuergesetz 2022 auch steuerliche Anreize für Immobilieninvestitionen. So soll der Abschreibungssatz für Wohngebäude von zwei auf drei Prozent steigen. Diese Neuregelung beeinflusst die tatsächliche Nutzungsdauer von Wohngebäuden nicht und soll für Immobilien gelten, die nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellt worden sind. Für alle anderen Fertigstellungszeitpunkte von Immobilien gelten die bisherigen Regelungen weiterhin fort. Der Anwendungsbereich dieser Regelung bezieht sich somit nur auf Neubauten und ist sehr eng und zudem nicht wirklich großzügig bemessen. Der erhoffte Schub für den Wohnungsneubau dürfte diese Regelung nicht bringen.

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