Energiewende: Strom aus, Kerze an

Tim Bröning
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Tim Bröning

„Mehr Tempo beim Klimaschutz“ – dieses Mantra hörte man in den letzten Monaten häufig im Wahlkampf. Die Erkenntnis, dass es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien schnell gehen muss, kommt reichlich spät und ist auch längst überfällig. Die Bröning-Kolumne

Denn die bislang langsame Umstellung unserer Stromversorgung auf erneuerbare Energien bei gleichzeitiger Abschaltung anderer Stromquellen wie der Atom- und Kohleenergie gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich.

Am Beispiel Chinas zeigt sich derzeit, was geschieht, wenn eine hohe Energienachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft. Noch dazu besteht dieses Angebot zu großen Teilen (rund 50 Prozent) aus Kohlestrom, dessen Einsatz aus Klimaschutz- aber auch gesundheitlichen Gründen immer problematischer wird. Unternehmen mit Standorten in der Volksrepublik berichten seit Monaten, wie ihnen regelmäßig der Strom abgedreht wird. Teilweise geschieht die Abschaltung von ganzen (Kohle)-Kraftwerken – unter anderem um Klimaziele einzuhalten – ohne Vorwarnung, sodass die Maschinen in Fabriken plötzlich stehen bleiben.

Versorgungsausfälle drohen

Die aktuellen Energieengpässe im Reich der Mitte sind nur ein Vorgeschmack auf das, was auch bei uns droht, wenn man nicht schnell eine zuverlässige, günstige und saubere Energieversorgung schafft.

Man muss kein Wirtschaftsprofessor sein, um zu verstehen, dass dauerhaft hohe Energiepreise und immer wiederkehrende Versorgungsausfälle Unternehmen auch hierzulande Schaden zufügen würden. Die energieintensiven Branchen Industrie, Chemie und Automobile machen im Leitindex DAX rund 40 Prozent des Gesamtgewichts aus und tragen mit ihren Arbeitsplätzen und Steuerzahlungen erheblich zu unserem Wohlstand bei. Ironischerweise würden wir nebenbei auch nachhaltige – und leider häufig auch stromhungrige – Zukunftsbranchen wie die Dämm- und Grundstoff-, Photovoltaikindustrie oder Windturbinenhersteller gefährden.

Sollten wir die Energieversorgung nicht sicherstellen, werden Unternehmen dorthin abwandern, wo sie gewährleistet und der Strom günstiger ist. Frankreich, aber auch einige osteuropäische Staaten winken bereits mit günstigem und CO2-freiem Atomstrom. Immer wieder haben in der Vergangenheit Unternehmen ihren Standortausbau hierzulande eingeschränkt, weil die Energiepreise zu teuer sind.

Bürokratie bremst Ausbau

Wer jetzt für den vermeintlich billigen Kohlestrom argumentiert, der reitet ein totes Pferd. Weder Kohle noch andere fossile Energiequellen wie Öl oder Erdgas haben eine ernst zu nehmende Zukunft – auch nicht aus wirtschaftlicher Sicht. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht etwa davon aus, dass die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien die Strompreise sogar deutlich vergünstigen würde. Laut Berechnungen des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft ist der Strompreis selbst mit den aktuellen EEG-Umlagen zum Ausbau alternativer Energien derzeit nicht teurer, als er es mit der bestehenden Infrastruktur wäre. Kurzfristig liegt das Problem jedoch darin, dass es zu wenig CO2-freie Energie gibt und Genehmigungsverfahren für grünen Strom zu lange dauern.

Vor zehn Jahren hat die deutsche Politik mit ihrer Entscheidung, alle heimischen Atomkraftwerke abzuschalten, das CO2-Problem verschärft und dem Klimaschutz einen Bärendienst erwiesen. Egal ob man für oder gegen Atomkraft ist: In der Übergangszeit wäre uns die CO2-freie Nuklearenergie, mit deren Nutzung wir in Deutschland reichlich Erfahrung haben, sehr hilfreich gewesen.

Wenn die künftige Bundesregierung nicht möchte, dass wir in Zukunft wieder Kerzen anzünden müssen, muss sie die Bürokratie und Hindernisse im Ausbau der erneuerbaren Energien umgehend abbauen. Denn aktuell sind aufwendige Genehmigungsverfahren und sich ständig ändernde Regeln einer der Hauptgründe für den langsamen Ausbau.

Darüber hinaus sollte man verhindern, dass einzelne Bundesländer die energetische Zukunft der Republik lahmlegen. Insbesondere Bayern hat mit seiner 10-H-Abstandsregel für Windräder und Sonderwegen bei Stromtrassen eindrucksvoll falsche Prioritäten gesetzt.

Sollte es der nächsten Bundesregierung nicht gelingen, ein Umdenken herbeizuführen, dann werden im besten Falle süddeutsche Unternehmen in die Nähe von Windparks im hohen Norden umsiedeln, wenn im Süden wegen fehlender Stromtrassen die Versorgung zusammenbricht. Im schlimmsten Falle wandern die Firmen ganz ins Ausland ab. Dann wäre es nicht schlecht, wenn wenigstens ein paar Kerzengießereien ihren Sitz in Deutschland hätten. Bayern würde sich als hervorragender Standort anbieten. Der Wind der Veränderung ist hier schließlich ein besonders laues Lüftchen.

Tim Bröning ist seit 2009 in der Geschäftsleitung der Fonds Finanz Maklerservice GmbH und verantwortlich für den Bereich Non-Insurance, Finance & Legal.

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