2020 ist das Platzierungsvolumen im Markt der Sachwertanlagen sowohl im Publikumsgeschäft als auch bei Großanlegern zurückgegangen. Wie ist es bei Ihnen gelaufen?
Auel: Die Covid-19-Pandemie hat zum einen intern zu erheblicher Mehrarbeit geführt. Zum anderen hat sich in unserem Beispiel der Dialog mit den Private-Equity-Managern extrem intensiviert, weil wir schnell einen Überblick bekommen wollten, wie sich die Pandemie auf die Portfolien, das Fundraising und die Exit-Aktivitäten auswirkt. Das war eine sehr große Kraftanstrengung. Im Vertrieb sind wir sehr gut durch das Jahr 2020 gekommen.
Wir hatten im Publikumsgeschäft über 14 Prozent Wachstum, im institutionellen Produktbereich ein Plus von rund 136 Prozent, wenngleich von einer deutlich geringeren Basis. Wir hatten aber auch ein Rekordjahr, was die Ausschüttungen angeht. Nie zuvor haben RWB Fonds so hohe Auszahlungen geleistet wie 2020. In der Private Equity Branche selbst sind gerade im zweiten Quartal 2020 die Deal-Aktivitäten extrem eingebrochen, stärker als in der Finanzkrise.
In den Folgemonaten haben die Aktivitäten aber wieder stark zugenommen. Auf Jahresbasis gab es weltweit im Private Equity Bereich 24 Prozent weniger Deals als 2019. Darunter sind sicherlich viele Transaktionen, die lediglich verschoben wurden und in 2021 nachgeholt werden.
Abzuwarten bleibt noch, ob es bei dieser „V“-Entwicklung bleibt, oder ob es noch zu einer „W“-Formation kommt, also einem erneuten Abschwung der Wirtschaft und der Aktienmärkte. Dann könnte Private Equity wiederum sehr stark profitieren, weil die Kassen voll sind und die Unternehmen dann billig gekauft werden können. 2020 ging es so schnell wieder hoch, dass es – anders als in der Finanzkrise 2008 – keine längerfristige Situation gab, wo Private Equity zu sehr günstigen Preisen hätte einkaufen können.
Kunz: In den USA war die Situation etwas anders. Die Wirtschaft stand auf einmal still, es gab unter dem damaligen Präsidenten Trump keine große politische Führung und auch keine nationale Regelung. Das führte zu großer Unsicherheit an den Märkten. Praktisch alle Player im Immobiliensegment haben die Objekte zunächst vom Markt genommen. Das Transaktionsvolumen ist generell sehr, sehr stark gesunken.
Das war allerdings nicht in überall in den USA so, schließlich ist das Land so groß wie ganz Europa. Wir sind ausschließlich im Südosten der USA aktiv, und da waren die Auswirkungen noch relativ überschaubar. Im Tages- geschäft kamen die Einschränkungen durch behördliche Auflagen hinzu. Wir konnten zum Beispiel nur mit einem Bruchteil der Angestellten gleichzeitig im Office sein. Die größte Auswirkung haben wir bei Prozessen gespürt, bei denen es um Zeit ging.
Wir haben letztes Jahr durchaus sowohl Verkäufe wie auch Ankäufe tätigen können und auch von Vorteilen wie niedrigen Zinsen profitiert, aber Notartermine, Genehmigungsverfahren und Finanzierungsprozesse haben viel länger gedauert normalerweise. Wir haben aber Gott sei Dank kaum Ausfälle gehabt und auch einige neue Mieter gewinnen können, aber es war halt viel arbeitsintensiver.
Hat sich das auch im Vertrieb Ihrer Vermögensanlagen in Deutschland niedergeschlagen?
Kunz: Ja, generell schon. Hier spielten mehrere Faktoren eine Rolle, das ist Fluch und Segen einer hohen Wiederanlagequote. Da wir weniger Sonderausschüttungen aus Objektverkäufen hatten, gab es auch weniger Wiederanlagen als zu gewöhnlichen Zeiten. Aber es wird natürlich in so einer schwierigen Zeit auch für den Vermittler nicht einfacher, neue Kunden zu gewinnen. Ein Großteil unserer Vertriebspartner lebt von dem persönlichen Kontakt zu den Kunden. Das ist ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells, der ihnen mit Corona genommen wurde.
Hinzu kommt, dass wir ein sehr starkes Endjahr in 2019 hatten. Wir hatten am Jahresende knapp 70 Millionen US-Dollar platziert. Dieser Betrag hat Anfang 2020 gefehlt und als dann das normale Geschäftsjahr durchgestartet ist, kam die Corona-Thematik. Zudem waren in den deutschen Medien im ersten Halbjahr die USA im Fokus. Die in dieser Zeit kommunizierten Nachrichten haben es nicht einfacher gemacht für den Vertrieb.
Macht sich der Regierungswechsel in den USA schon bemerkbar?
Kunz: Vertrieblich ist das durchaus ein Thema, aber wir versuchen seit Jahren schon, den Vertriebspartnern und den Kunden klarzumachen, dass wir ein Geschäftsmodell nicht von der politischen Führung abhängig machen. Rein von der unternehmerischen Seite haben wir von Trump wirklich profitieren können. Dass Trump als Person sehr schwierig war, haben wir im Vertrieb aber schon gemerkt. Mit dem Wahlergebnis haben wir Feedback von Vermittler- und auch von Kundenseite bekommen, dass viele erleichtert sind.
Verifort Capital hat den Vertrieb des aktuellen Pflegeimmobilien- Fonds im vierten Quartal aufgenommen. Wie ist er angelaufen?
Gierig: Ich würde sagen, wir haben ein lachendes und ein weinendes Auge. Das lachende Auge ist, dass wir ungeplant eine Assetklasse haben, die sehr nachgefragt ist. Das Thema Pflege ist in der Krise in den Vordergrund gerückt, weil Pflege-Immobilien weiterhin nachgefragt sind und sich unabhängig von einer Pandemie oder von wirtschaftlichen Veränderungen entwicklen. Der Pflegemarkt ist ja im Prinzip gemanagtes Wohnen und die Nachfrage ist sehr stabil. Da gab es keinen einzigen Mietausfall, und zwar in der ganzen Branche nicht.
Auf der anderen Seite sind wir in der Pandemiezeit gestartet als neuer alter Player oder zumindest als Unternehmen, das einen Relaunch vorgenommen hat und mit neuer Marke, mit neuen handelnden Personen an den Markt gegangen ist. Uns fehlt doch ein Stück weit der persönliche Kontakt, die Plattformen, wo man sich trifft, austauscht und mal beschnuppern kann. Wir machen viele Webinar-Formate oder auch Einzel-Webinare, aber das hat uns schon zeitlich etwas zurückgeworfen, auch wenn der Vertrieb gut angelaufen ist und wir durchaus Investorengelder einsammeln können.
Aber unterm Strich sehen wir das trotzdem positiv, denn selbst wenn Öffnungen kommen, haben wir sowohl ein funktionierendes digitales Vertriebssystem als auch dann wieder die Plattformen zum persönlichen Austausch. Und ich glaube, es ist auch die Zukunft, dass sich diese beiden Modelle sehr gut ergänzen werden und uns insgesamt auch mehr Kontaktpunkte zu potenziellen Kunden bieten.
Schauen wir nach vorn. Was passiert, wenn Corona vorbei ist?
Gierig: Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Zeitpunkt gibt, an dem man sagen kann: Jetzt ist Corona vorbei. Das sehe ich nicht. Ich erwarte, dass dieses Virus uns langfristig begleiten wird und wir mit diesem „neuen Normal“ ein Stück weit leben müssen. Ich glaube, dass wir alle unsere Lernkurven haben und dass der digitale Bereich ganz entscheidend bleibt, dass vielleicht sogar der digitale Vertrieb und auch die Werbeformen noch einmal zulegen werden, dass die Plattformen für persönlichen Austausch eher weniger werden, und wenn, dann sehr, sehr dezimiert und sehr kontrolliert. Die Klasse der Sachwertanlagen bleibt attraktiv und ich sehe weiterhin große Chancen im Geschäft mit Immobilienfonds. Aber dass wir davon ausge- hen können, ab einem gewissen Zeitpunkt das alte Leben zurückbekommen, das wir mal hatten, das sehe ich zumindest kurzfristig nicht.
Auel: Die Gesellschaft, aber auch die Marktwirtschaft insgesamt haben bewiesen, wie schnell gerade Unternehmen auf einmal unter diesem enormen Druck reagiert haben und wie schnell ganze Geschäftsmodelle verändert wurden. Bei der Politik oder bei den Behörden haben wir sicherlich hier und da verlangsamte Reaktionen gesehen. Was die Geschäftsmodelle von Fondsanbietern angeht, zeigt sich jetzt auch der große Vorteil des Portfolio-Gedankens, also breit streuender
Fonds.
Ein Anleger, der über verschiedene Zielfonds viele Branchen und Regionen abdeckt, ist enorm im Vorteil gegenüber jemandem, der mit einem einzelnen Fonds auf einen einzelnen Trend oder gar eine einzelne Branche gesetzt hat, die vielleicht besonders von der Krise betroffen ist. Das wird künftig noch stärker in den Vordergrund treten. Ich stimme zu, dass die persönlichen Kontakte im Vertrieb extrem fehlen und eine Art Lähmung entstanden ist, die bei vielen Partnern zu einer abwartenden Haltung geführt hat. In dieser Zeit ist die intensive und nahe Betreuung gerade der Vermögensberater noch viel wichtiger.
Dazu zählt zum Beispiel Unterstützung durch Kunden-Webinare, aber auch Druck aufzubauen und klar zu kommunizieren, wo der Alltag verändert werden musst. Wer da schnell reagiert hat, der profitiert jetzt schon. Wir haben jetzt bei digitalen Kundenveranstaltungen doppelt so viele Teilnehmer wie im Mai letzten Jahres. Da ist schon ein Umdenken und langfristig betrachtet führt diese Krise dazu, dass sich Prozesse verschnellern und dass Dinge ans Tageslicht gekommen sind, die jeder Einzelne im Alltag ändern muss. Deshalb bin ich grundsätzlich sehr optimistisch, wobei ich bezüglich der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung davon ausgehe, dass, wenn die Flut zurückgegangen ist, bei der Ebbe noch einiges sichtbar werden wird, was jetzt noch übertüncht wird.
Kunz: Die Vertriebsseite in Deutschland sehe ich genauso. Für die Entwicklung in den USA sind wir sehr optimistisch. Trump hat bei der Beschaffung von Impfstoff nicht gekleckert, sondern geklotzt und jetzt mit der neuen Führung gibt es auch eine einheitliche Marschrichtung. Das ist schon mal sehr, sehr gut. Dazu kommt das Konjunkturprogramm. Damit wird die Wirtschaft mit weiteren 1,9 Billionen US-Dollar gefördert. Die Amerikaner sind ein konsumorientiertes Volk, die Wirtschaft lebt davon. Wichtige Indikatoren für unser Geschäftsmodell, neben dem demographischen Aspekt des Bevölkerungswachstums, sind das Verbrauchervertrauen und die Konsumausgaben.
Hier sehen wir für die nächsten Monate erhebliches Erholungspotenzial. Die Arbeitslosenzahlen mit knapp über sechs Prozent gehen sukzessive zurück. Wir gehen davon aus, dass das BIP-Wachstum in diesem Jahr sechs bis acht Prozent betragen kann. Das sind alles Faktoren, die generell den Markt für uns sehr attraktiv machen. Wir haben momentan eine hohe Liquiditätsreserve, sodass wir – wenn der Markt sich dann wieder erholt – sehr schnell kaufen können.
Diese Möglichkeit haben viele Mitbewerber nicht. Wir haben gute Finanzierungsmöglichkeiten und auch dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Und wir haben phantastische Finanzierungskonditionen für amerikanische Verhältnisse. Insgesamt sind wir für das laufende Jahr sehr optimistisch.
Die Kehrseite der niedrigen Zinsen sind stark gestiegene Assetpreise. Wie weit geht das noch und ist das nicht irgendwann auch ein gefährliches Niveau?
Gierig: Immobilien bieten als ein Baustein generell Stabilität und einen regelmäßigen Cash-Flow. Im Umfeld fehlender Alternativanlagen besteht sogar noch ein Fünkchen Hoffnung, dass sie noch ein Stückchen im Wert steigen, auch wenn man es vielleicht gar nicht mit kalkuliert. In dem aktuellen Niedrigzinsumfeld mit Negativzinsen auf dem Sparbuch hat eine Immobilie auch dann einen Vorteil, wenn sie nur noch zwei oder 2,5 Prozent Mietrendite bietet.
Es gibt aber immer noch Segmente, in denen man auch im Immobilienbereich höhere Renditen erzielen kann, aber mit ein bisschen mehr Risiko und Risikobereitschaft. Dabei kommt es darauf an, sein Portfolio auf mehrere Beine zu stellen, also durch unterschiedliche Standorte und Nutzungsarten zu diversifizieren. Stabilität ist King. Diversifikation und dadurch Stabilität zu erreichen, ist viel mehr wert, als nur die Berücksichtigung einer Einzelrendite.
Welche Rolle spielen die niedrigen Zinsen bei Private Equity?
Auel: Auf Ebene unserer Dachfonds haben wir nur Eigenkapital, aber in der Private-Equity-Branche insgesamt haben wir in den letzten zwei Jahren eine deutlich steigende Fremdkapitalquote wahrgenommen und wir sehen hohe Assetpreise, auch durch den niedrigen Zins. Doch man muss sich die Teilmärkte differenziert anschauen. Nachgefragt sind vor allem die Branchen, die gut durch die Krise gegangen sind. Von den Private Equity Deals weltweit entfallen fast 60 Prozent auf Healthcare, Technology, Financial Services und spezielle Industriegüter.
Die Nachfrage nach belastbaren Geschäftsmodellen in Covid-19-Zeiten ist groß, und damit steigen auch genau für diese Branchen erheblich die Assetpreise. Wir haben uns aber immer auf Value-add-Private-Equity-Fonds im Mid-Market-Bereich konzentriert, wo noch über Wachstumsinitiativen und Prozessveränderungen echte Werte geschaffen werden. Wir sind nicht im großen Konzern-Leverage-Buyout-Segment unterwegs, wo das Leverage, also die Hebelwirkung durch Fremdkapital, ein großer Teil der Wertschöpfung ist. Unser Fokus liegt also auf Private-Equity-Managern, die operativen Wert stiften und nicht über Financial Engineering quasi abhängig sind von niedrigen Zinsen.
Was würde passieren, wenn wider Erwarten die Zinsen steigen?
Kunz: In den USA gab es schon vor Corona steigende Zinsen und das Zinsniveau war in den letzten Jahren immer deutlich höher als in Deutschland. Es ist aber auch in den USA noch immer wesentlich geringer als in früheren Jahren. Das hat uns im Bestands-Portfolio eine erhebliche Kostenersparnis gebracht, weil wir bei den Objektgesellschaften mehrere Darlehen erneuern mussten. Dadurch haben wir jetzt schon mehrere Millionen US- Dollar Einsparung. Bei den aktuellen Ankäufen kommt uns zugute, dass wir so günstig Fremdkapital aufnehmen können, wie noch nie in der Geschichte von TSO.
Ein eventuell steigendes Zinsniveau kann man bei Vertragsabschluss berücksichtigen, zum Beispiel durch längerfristige Zinsfestschreibung bei flexiblen Ausstiegsklauseln ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Somit sind wir für Ankäufe gut vorbereitet: An den Standorten, an denen wir gerade sind, kann man ungefähr zur elffachen Jahresmiete gut vermietete Immobilien ankaufen. Davon träumt man in Deutschland natürlich. Aber in den USA gibt es diese Ausnahmesituation.
Kommen wir zur Regulierung, zunächst zur EU-Offenlegungsverordnung bezüglich der Nachhaltigkeit (ESG). Wie haben Sie sich auf das Inkrafttreten am 10. März vorbereitet?
Auel: Viele Details sind nach wie vor seitens der Regulierung nicht geklärt. Wir haben aber zum 10. März Nachträge zu den Prospekten und entsprechende Hinweise auf den Internetseiten veröffentlicht. Ein quantitatives System zur Bestimung von Nachhaltigkeitsrisiken gibt es noch nicht. Da bleiben viele Details der Regelungen noch abzuwarten. ESG-Kriterien sind seit einigen Jahren Kernbestandteil unserer Due-Diligence- Prozesse.
Zudem haben wir die Principals for Responsible Investment der Vereinten Nationen unterzeichnet und uns somit einem Prozess verschrieben, nachhaltige Kriterien noch stärker in Investitionsentscheidungsprozesse einzubauen. Für den Vertrieb ist der 10. März kein so großes Datum, aber es kann natürlich sein, dass im Nachgang noch einiges an Detailthemen kommt, die auch bei uns für viel Arbeit oder Abstimmungsnotwendigkeit mit den einzelnen Beratern sorgen.
Gierig: Für uns ist Nachhaltigkeit ein Riesenthema, weil auch die Politik sehr stark auf das Thema Immobilienwirtschaft schaut. Wir sehen es nicht als Hemmschuh, sondern für uns als Turbo. Wir achten zum Beispiel beim Sourcing unserer Pflege-Immobilien auf den energetischen Standard. Dabei geht es uns nicht nur darum, ob die Immobilie KfW-förderungswürdig ist, sondern dass sie insgesamt den vorgegebenen Kriterien entspricht. Man muss aber auch sehen, dass es in der Praxis noch keine klare Einheitlichkeit gibt. Wie üblich hat die Politik Vorschriften erlassen und dann ist die Praxis gefordert, Lösungen zu finden. Hierzu sind wir auch mit Wettbewerbern und Verbänden in Kontakt.
Bei unserem aktuellen Pflegeimmobilienfonds haben wir die ESG-Kriterien noch nicht formal berücksichtigt. Bei unseren künftigen Fonds werden wir sie auch in die Anlagebedingungen einbauen. Darüber hinaus haben wir für uns intern einen Code of Conduct entwickelt, zum Beispiel bezüglich Mitarbeiterführung und dem Thema Frauenquote. Einen festen Masterplan haben wir aber noch nicht, das Thema ist ständig im Fluss.
Kunz: Regulatorisch sind wir von der Offenlegungsverordnung zunächst nicht betroffen, weil weder Vermögensanlagen noch 34f-Vermittler, mit denen wir ausschließlich zusammenarbeiten, darunter fallen. Grundsätzlich ist das Thema für uns als Gewerbeimmobilien-Anbieter aber interessant, vor allem in Bezug auf die energetische Aufwertung von Gebäuden. Eine energieeffiziente Immobilie mit Zertifikat oder dergleichen ist auch vertrieblich von Vorteil, sowohl bei der Vermietung und dem Verkauf des Objekts als auch im Vertrieb unserer Vermögensanlagen.
Ende 2020 ist ein Gesetzentwurf für ein „Fondsstandortgesetz“ auf den Weg gebracht worden. Darin sind unter anderem neue Möglichkeiten für Master-Feeder-Fonds und geschlossenen Infrastruktursondervermögen sowie für Spezial- AIFs die Möglichkeit von geschlossenen Sondervermögen geplant. Was halten Sie davon?
Auel: Grundsätzlich begrüßen wir jede Initiative, die Möglichkeiten für AIFs zu erweitern und Bürokratie abzubauen. Aber für uns sind im Publikumsgeschäft die Anknüpfungspunkte sehr gering. Die Feeder-Thematik ist für uns nicht relevant. Das geschlossene Sondervermögen für Spezial- AIFs könnte für die zukünftige Produktentwicklung relevant werden, aber wir sind hauptsächlich im Publikumsgeschäft unterwegs. Freuen würde uns, wenn das Thema Sondervermögen für Publikums-AIFs noch eingebracht werden würde, weil das dann auch anders versteuert wird.
Ist zu erwarten, dass sich der Trend zu Spezial-AIFs durch die neuen Möglichkeiten für diese noch verstärkt?
Gierig: Kurzfristig erwarte ich nicht, dass der Spezial-AIF mit dem Publikums-AIF in Konkurrenz gerät, weil die Zielgruppen sehr unterschiedlich sind. Für unser Publikumsgeschäft ist das Gesetz bisher wenig relevant. Wir würde es aber begrüßen, wenn die Möglichkeit eines geschlossenen Sondervermögens in einem zweiten Schritt auch auf Publikumsfonds ausgeweitet wird.
Außerdem ist ein „Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“ geplant. Darin sind in erster Linie neue Vorschriften für Vermögensanlagen enthalten, unter anderem ein Verbot von Blind Pools. Wie gehen Sie damit um?
Kunz: Generell ist zu begrüßen, wenn die Vermögensanlage unter anderem durch eine vorgeschriebene Mittelverwendungskontrolle aufgewertet wird. Das Vermögensanlagengesetz als Regulierungsstandard hat in jedem Fall seine Daseinsberechtigung und es gibt viele Anlageformen, die sich damit besser und eher im Anlegerinteresse realisieren lassen, als über das KAGB. Beim Thema Blind Pool diskutiert man hier aber im Wesentlichen am Anlegerinteresse vorbei.
Denn eine Abschaffung dieser Anlageform bei Vermögensanlagen würde dem Anleger im Ergebnis Diversifizierungsmöglichkeiten nehmen. Da schlicht auf AIFs zu verweisen, funktioniert wirtschaftlich nur sehr eingeschränkt, womit man im Ergebnis dem Anleger Entscheidungsmöglichkeiten nimmt. Wir beobachten den Fortgang des Entwurfs und sollte am Ende tatsächlich eine solche Regelung stehen, werden wir darauf vorbereitet sein. Da sehen wir entsprechend sehr entspannt in die Zukunft.
Die Bundesregierung hat zudem den Gesetzentwurf für elektronische Wertpapiere überarbeitet. Demnach sind unter anderem offene Fonds künftig auf Basis der Blockchain-Technik zulässig, geschlossene AIFs aber nicht. Welche Folgen wird das haben?
Gierig: Wir beobachten das. Aber mehr auch nicht. Diese digitale Welt ist für viele nicht greifbar, genauso wie der Bitcoin für viele noch nicht greifbar ist, auch wenn Elon Musk das als Zahlungsmittel akzeptieren möchte zum Kauf eines Teslas. Solange es noch nicht verstanden wird, tun wir uns schwer mit diesen rein digitalen Produkten. Und ich denke dabei nicht nur an den Kunden, sondern vor allem der Vermittler versteht so was nicht.
Das mag im Direktvertrieb über Online-Plattformen anders sein. Ich sehe in der Branche immer noch genug Digitalisierungsmöglichkeiten, zum Beispiel in Hinblick auf Webinare und digitale Kommunikation. Und dann über wirklich digitale Produkte zu sprechen und da einen vernünftigen Vertriebsweg aufzubauen, fühlt sich im Moment einfach weit weg an.
Wenn es offene Fonds bald rein digital kostengünstig auf Knopfdruck gibt, müssen geschlossene AIFs nicht stärker gegenhalten?
Auel: Ich weiß nicht, ob man dagegenhalten muss. Der Markt ist groß genug für uns alle. Und wenn Aktien und Immobilien profitieren, dann profitieren auch wir als Private-Equity-Anbieter. Man darf natürlich nicht blauäugig sein und muss sich das alles ansehen, aber es ist im Augenblick nicht unser
Fokus. Wir haben verschiedene Zielgruppen. An erster Stelle steht das Publikumsgeschäft.
Vor ein paar Jahren haben wir zudem den institutionellen Bereich aufgebaut, der stark wächst. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir bald spezielle Produkte für semi-professionelle Investoren anbieten werden. Die vierte Gruppe, und die sehe ich eher in dem angesprochenen Umfeld, ist der technologieaffine Selbstentscheider, der extrem kostenbewusst ist und größere Teile des eigenen Beratungsprozesses mehr oder weniger selber durchführt. Das sehen wir uns an, es ist aktuell aber von den drei oder vier Vertriebsthemen das letzte und wird für uns eher im einem Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren relevant.
Kommen wir zurück zur näheren Zukunft. Was ist in nächster Zeit aus Ihren Häusern zu erwarten?
Kunz: Großartige Änderungen am Produkt sind von uns in nächster Zeit nicht zu erwarten. Wir werden Prozesse weiterhin optimieren. Und natürlich haben auch wir im letzten Jahr gemerkt, wie wichtig es ist, dass man digitale Lösungen liefert. Ich möchte aber so schnell wie möglich wieder hin zu Präsenzveranstaltungen, persönlichen Terminen und Kundenveranstaltungen.
Gierig: Auch bei uns steht ganz oben auf der Agenda, wieder persönliche Betreuung zu bieten, entsprechende Plattformen zu nutzen und persönliche Bindungen aufzubauen. Das betrifft auch unsere Vermögensverwaltung in der Schweiz, die wir gerade auch aus Deutschland bedienen, weil wir nicht in die Schweiz können.
Aber wir wollen da unbedingt präsent sein, wie in Deutschland. Produktseitig platzieren wir den Pflegeimmobilien-Fonds HC1, aber arbeiten auch schon an dem Folgefonds und entwickeln einen Gewerbe-Value-Add-Fonds für Deutschland. Er wird sich an Anleger richten, die nicht das klassische Buy-and-Hold möchten, also rein auf die Mieterträge gerichtete Konzepte, sondern einen Assetmanager, der die Wertschöpfung hebt. Der vielleicht etwas mehr Risiko geht, aber vielleicht auch eine Rendite von fünf bis sechs Prozent erwirtschaftet.
Das ist das zweite Standbein, das wir im Moment entwickeln, konzipieren und dann zur BaFin bringen. Wie sich dies zeitlich gestalten wird, bleibt abzuwarten, aber ich hoffe, dass wir zum zweiten Halbjahr einen Gewerbefonds haben werden. Dann haben wir immer zwei Produkte parallel im Angebot. Generell erwarte ich nach der Krise enorm viel Potenzial für Sachwerte, vielleicht sogar das Jahrhundert der Sachwerte. Deswegen sehe ich eine große Chance und Potenzial, die Sachwertequote bei den Privatkunden zu erhöhen und endlich dahin zu kommen, wo Institutionelle schon längst sind.
Auel: Der Fokus von RWB liegt aktuell auf der Schließung des Fonds International 7 zum 30. Juni 2021. Wir haben ihn ein halbes Jahr länger aufgelassen, obwohl wir das Vertriebsziel schon erreicht haben, weil wir wegen Covid enorme Chancen sehen und möglichst viele Leute mit reinholen wollten. Anschließend werden wir nahtlos den Folgefonds anbieten. Der wird sich wahrscheinlich von der Struktur nicht groß unterscheiden. Ende des Jahres schließt dann der Direct Return III, für den wir ebenfalls einen Nachfolger planen.
Ansonsten liegt der Fokus stark auf dem Ausbau unserer digitalen Beratungsplattform „RWB Live“. Unsere Tochterfirma Walnut wird zudem eine eigene Plattform auf den Markt bringen und der gesamten Branche und den Beratern zur Verfügung stellen. Einige der größten Anbieter von AIFs und Vermögensanlagen sind bereits angebunden.
Dann lassen sich dort auch Fonds anderer Anbieter zeichnen?
Auel: Genau. Es gibt das RWB Live, auf dem unsere Partner angeschlossen sind. Dort können sie komplett digital ohne Papier die Beratung durchführen, inklusive Zeichnung und Legitimierung, ohne dass sie sich irgendetwas herunterladen müssen. Die Walnut bringt mit der Plattform ‚Walnut Live‘ eine Plattform auf den Markt, die auf der gleichen Technologie basiert.
Allerdings können Berater hier über eine einzelne Plattform aus verschiedenen Produkten verschiedener Anbieter wählen. Wir sind hier als RWB angebunden. Es sind aber auch bereits weitere Anbieter von AIFs und Vermögensanlagen beispielsweise aus dem Immobilienbereich dabei. Generell ist unser Ziel, unsere Interessen mit anderen Anbietern zu bündeln und gemeinsam Veranstaltungen zu machen, gemeinsame Webinare und eben den Beratern auch eine gemeinsame Beratungstechnologie zu bieten. Davon versprechen wir uns sehr viel.
Das Gespräch führte Stefan Löwer, Cash.