Einem Enkel kann ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehen, wenn der Großvater nur seinen Sohn enterbt und sein Vermögen anderen Erben vererbt.
Gastbeitrag von Bernd Nagel, Rechtsanwalt
Das gesetzliche Erbrecht eines Abkömmlings hängt davon ab, ob dieser rechtlich vom Erblasser abstammt; der Beweis über die rechtliche Abstammung kann durch die Vorlage einer Geburtsurkunde geführt werden.
Der Sachverhalt
Im Oktober 2011 verstarb der damals 72 Jahre Erblasser. Er hinterließ einen Nachlass und eine Lebensversicherung im Wert von zusammen rund 1,85 Millionen Euro. Der Erblasser hatte zwei Söhne. Der Ältere ist kinderlos im Jahre 1990 vorverstorben.
Der Jüngere, heute 53 Jahre alt, ist – der im Prozess vorgelegten Geburtsurkunde zufolge – der Vater des heute 21 Jahre alten Klägers. Beide Söhne hatte der Erblasser testamentarisch enterbt.
Er begründete dies mit deren Rauschgiftsucht und mit einem Hinweis auf begangene Straftaten, unter anderem eine vom jüngeren Sohn gegen ihn verübte Körperverletzung. Zu Erben bestimmte der Erblasser in dem Testament seine damalige Lebensgefährtin sowie seinen Bruder.
Kläger besteht auf Hälfte des Nachlasses
Nach dem Tode des Erblassers teilten die beiden Testamentserben den Nachlass unter sich auf. Im Jahre 2014 machte der Kläger Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche in Höhe von rund 930.000 Euro gegen den Bruder und die Lebensgefährtin des Erblassers geltend.
Hierzu trug er vor, Enkel des Erblassers zu sein, so dass ihm als – allein verbliebenen – gesetzlichen Erben die Hälfte des Nachlasses als Pflichtteil zustehe.
Erben zweifeln an Vaterschaft
Die Erben bestritten unter anderem die Vaterschaft des enterbten Sohnes und trugen vor, dass allein die vom Kläger vorgelegte Geburtsurkunde keinen ausreichenden Nachweis für die Vaterschaft biete.
Außerdem machten sie geltend, dass sie den Nachlass verbraucht beziehungsweise weitergegeben hätten. Im Ergebnis wurden beide dazu verurteilt, an den Kläger auf den ihm zustehenden Pflichtteil nebst Pflichtteilsergänzung insgesamt rund 930.000 Euro zu zahlen.
Die Lebensgefährtin des Erblassers hat ihre erstinstanzliche Verurteilung nicht angefochten. Die Berufung des Bruders vor dem Oberlandgericht (OLG) Hamm hatte keinen Erfolg. Das Urteil ist rechtskräftig.
Seite zwei: Urteil und Gründe