Erbschaft- und Schenkungssteuer für Immobilien: Was sich künftig ändert

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Künftig werden Immobiliengutachten im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Wertermittlung eine größere Rolle spielen.

Die Bundesregierung ist dabei, die Erbschaft- und Schenkungssteuer für Immobilien drastisch zu erhöhen. Bei Wohnhäusern und Eigentumswohnungen dürfte der Anstieg bei etwa 20 bis 30 Prozent liegen. Bei bestimmten Immobilien droht sogar eine Verdoppelung. Gastbeitrag von Jan Jungclaussen, Rödl & Partner

Das Jahressteuergesetz 2022 sieht erhebliche Verschärfungen im Bewertungsgesetz für die Wertermittlung von Immobilien vor. Hintergrund hierfür ist die Anpassung des Bewertungsgesetzes an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021. Die nun von der Bundesregierung beschlossenen Änderungen betreffen insbesondere das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren.

Das Bewertungsgesetz ist maßgeblich für die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage für Erbfälle und Schenkungen. Das deutsche Erbschaftsteuerrecht zeichnet sich dabei durch sehr hohe Steuersätze in Verbindung mit geringen Freibeträgen aus, wenn keine absteigende Verwandtschaftsbeziehung in der Blutlinie vorliegt.

Maßstab für die Wertermittlung in der Erbschaftsteuer ist der sogenannte gemeine Wert. Dabei handelt es sich um den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Verkaufspreis, Paragraf 12 Absatz 1 ErbStG in Verbindung mit Paragraf 9 BewG. Nach dem Bewertungsgesetz ist lediglich für die Bewertung von Wohnungseigentum, Teileigentum und Ein- und Zweifamilienhäuser eine Bewertung im marktnahen Vergleichswertverfahren vorgesehen. Dabei handelt es sich um Kaufpreissammlungen der örtlichen Gutachterausschüsse, die die gesammelten Kaufpreise mithilfe von Umrechnungsfaktoren auf die individuell zu bewertende Immobilie anpassen und so versuchen, einen marktnahen gemeinen Wert zu ermitteln.

Die Bewertung von gemischt genutzten Grundstücken, Geschäftsgrundstücken und Mehrfamilienhäusern erfolgt nach dem Bewertungsgesetz im Ertragswertverfahren und Substanzwertverfahren. Diese Verfahren entfernen sich bei der Ermittlung des gemeinen Werts von der Ableitung eines Marktpreises aus Vergleichsobjekten. Das Ertragswertverfahren versucht dabei aus den tatsächlich erzielten oder ortsüblichen Mieten mit diversen Anpassungen den gemeinen Wert zu bestimmen.

Erhebliche Abweichungen von den realen Marktpreisen

Das Sachwertverfahren baut auf der Idee auf, dass Herstellungskosten für verschiedene Gebäudetypen zu indexieren und anzupassen sind. Beide Verfahren arbeiten dabei mit starken Vereinfachungen und gesetzlich angeordneten Pauschalierungen, die sich regelmäßig erheblich zugunsten der Steuerpflichtigen auswirken können. Diese Pauschalierungen galten aber nur, wenn der Gutachterausschuss keine spezifischen Werte für die beiden Bewertungsverfahren veröffentlichte.

In der Vergangenheit konnte insbesondere vor dem Hintergrund der stark steigenden Immobilienpreise aufgrund der Niedrigzinsphase eine erhebliche Differenz zwischen dem auf dem Grundstücksmarkt erzielten realen Verkaufspreisen und dem nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Werten der Grundstücke festgestellt werden. Darauf soll nun vom Steuergesetzgeber reagiert werden. In der Vergangenheit bot diese Abweichung zwischen Marktpreis und Wert nach dem Bewertungsgesetz interessante Gestaltungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die mittelbare Grundstücksschenkung. Bei dieser wurde der Kaufpreis zum Erwerb einer Immobilie geschenkt. Der Wert der Schenkung richtete sich dabei nach dem Wert der Immobilie nach dem Bewertungsgesetz und nicht nach der Höhe des hingegebenen Geldbetrages.

Die gesetzlichen Pauschalierungen in den Bewertungsverfahren greifen dabei insbesondere, wenn die Gutachterausschüsse keine detaillierte Ermittlung der Marktdaten vornehmen und so der Finanzverwaltung auch keine Ausgangswerte für die Wertermittlung nach dem Bewertungsgesetz zur Verfügung stellen. Während Metropolen und Großstädte inzwischen über sehr detaillierte Grundstücksmarktberichte verfügen, auf die die Finanzverwaltung zurückgreifen kann, ist dies bei kleineren Städten oder insbesondere ländlichen Gemeinden nicht der Fall. So kommt es bei der pauschalierten Bewertung zu den erheblichen Abweichungen von den realen Marktpreisen.

Die geplanten Änderungen im Einzelnen

Ertragswertverfahren

Bisher galten sehr hohe prozentuale Ansätze von Bewirtschaftungskosten. Diese werden durch nominale Werte ersetzt, die ihrerseits wieder inflationsindexiert werden. Gerade bei der Bewertung von Mehrfamilienhäusern im Ertragswertverfahren wirkte sich die bisherige Regelung sehr günstig aus. Auch die bisher sehr hoch angesetzten Liegenschaftszinssätze im Bewertungsgesetz werden gesenkt. Dies betrifft grundsätzlich alle Grundstücksarten des Ertragswertverfahrens, die Änderungen fallen jedoch nach Art des Grundstücks unterschiedlich hoch aus und betreffen insbesondere Mehrfamilienhäuser, bei denen der Liegenschaftszinssatz von 5,0 auf 3,5 Prozent gesenkt wird. In Lagen, in denen der Gutachterausschuss bisher keinen Liegenschaftszinssatz ermittelt hat, führt dies künftig zu erheblich höheren Bewertungen.

Sachwertverfahren

Werthaltige Außenanlagen sind nun ausdrücklich nach den gesetzlichen Vorschriften im Sachwertverfahren gesondert zu erfassen. Bisher fehlte hierfür eine gesetzliche Grundlage. Darüber hinaus werden im Sachwertverfahren sogenannte regionale Baukostenfaktoren eingeführt. Diese werden vom Gutachterausschuss veröffentlicht und sollen die regionalen Besonderheiten bei den Baukosten abbilden.

Auch die sogenannten Wertzahlen werden für alle Arten von Gebäuden deutlich erhöht. Viele Gutachterausschüsse veröffentlichten bisher keine Sachwertfaktoren. Auch die Vergleichswerte für die Bewertung von Wohnungen wurden bisher von vielen kleineren Städten oder Landkreisen nicht veröffentlicht. Gerade bei Einfamilien-/Zweifamilienhäusern und Wohnungen kam so das Sachwertverfahren mit steuergünstigen Pauschalierungen zur Anwendung. So lag der ermittelte Sachwert erheblich unter dem tatsächlich erzielbaren Marktwert.

Die Gesamtnutzungsdauer von Wohnhäusern im Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren wurde von 70 auf 80 Jahre angehoben. Bislang wurde eine Wohnung erst ab einer Wohnfläche von 23 Quadratmetern als Wohnung im Sinne des Bewertungsgesetzes angesehen. Künftig sollen hierfür bereits 20 Quadratmeter genügen. Aus einem bisher bewertungsrechtlich bestehenden Zweifamilienhaus kann so künftig bewertungsrechtlich ein Dreifamilienhaus werden.

Immobiliengutachten

Künftig werden Immobiliengutachten im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Wertermittlung eine größere Rolle spielen. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert gegenüber der Finanzverwaltung durch ein Gutachten nachzuweisen. Gutachten können dabei den Wert negativ beeinflussende Besonderheiten des Grundstücks individuell besser abbilden. Auch die pauschalierte Wertermittlung nach dem Bewertungsgesetz wird in der Anwendung erheblich zeitaufwendiger. Die Berichte der Gutachterausschüsse sind zukünftig noch stärker auszuwerten. Es ist zu erwarten, dass die Gutachterausschüsse die Anzahl der zugrunde liegenden Faktoren immer weiter präzisieren.

Mittelbare Folgen für die Übertragung von Betriebsvermögen

Auch für Überlegungen zur Übertragung von erbschaftsteuerlich begünstigtem Betriebsvermögen hat die Änderung erhebliche mittelbare Auswirkungen. An Dritte überlassene Grundstücke des Betriebsvermögens stellen dabei typischerweise nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen dar und sind wie eine Schenkung von nichtbegünstigten Vermögenswerten zu behandeln. Die Bewertung der Immobilien kann sowohl den Ertragswert als auch den Substanzwert der Gesellschaft erheblich verändern. Die erbschaftsteuerliche Grenze von 26 Millionen Euro wird so schneller erreicht und überschritten. Auch die Verwaltungsvermögensgrenze von 20 Prozent für die Beantragung der sogenannten Optionsverschonung, die zu einer völligen Steuerfreiheit bei begünstigtem Vermögen führen kann, wird nun bei an Dritte überlassene Immobilien überschritten.

Es ist damit zu rechnen, dass die angestrebten Änderungen so oder leicht angepasst umgesetzt werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass das geänderte Bewertungsgesetz mit Veröffentlichung in Kraft tritt und dies noch gegebenenfalls vor dem Jahresende geschieht. Bestehende Überlegungen zu geplanten Grundstücksübertragungen sollten daher zeitnah umgesetzt werden.

Jan Jungclaussen ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei Rödl & Partner in Nürnberg.

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