Im Gespräch mit cash-online äußert Peter Heidecker, Chef der Münchener Chorus Gruppe, schlimmste Befürchtungen in Bezug auf die von der Regierung geplanten Änderungen der Steuergesetzgebung. ?Der Erdrutsch ist nicht mehr zu verhindern?, sagt Heidecker. ?Das Ende vieler Steuervorteile geschlossener Fonds ist beschlossene Sache.?
Heidecker berichtet aus Gesprächen sowohl mit Berliner Regierungskreisen als auch mit der Opposition, dass sich die großen Parteien darüber einig sind, das Gros noch bestehender Steuerschlupflöcher endgültig abzuschaffen. Offen sei lediglich noch, wo die Grenze zwischen ?guten? und ?bösen? Fonds zu ziehen sei. ?Jetzt kann es lediglich noch darum gehen, die Richtung der kommenden Steueränderungen zu kanalisieren. Verhindern lassen sie sich nicht mehr?, so der Chorus-Chef.
„Wir sind über die Entwicklung natürlich nicht glücklich“, sagt Heidecker. „Wir haben zwar mit ApolloProMovie 2. KG noch einen der ganz wenigen Filmfonds, die zweifelsfrei vor dem als Stichtag gehandelten 18. März 2005 gestartet wurden, aber nur noch für begrenzte Zeit.“ Ende Mai beginnen nach Angaben des Chorus-Chefs die Dreharbeiten für größere Filme, so dass ab diesem Datum für danach beitretende Anleger anteilig die wichtige Herstellereigenschaft verloren ginge.
Hintergrund: In einer Rede Mitte März hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Gegenfinanzierung der zwischen Bundesregierung und CDU/CSU vereinbarten Senkung der Körperschaftssteuer einen Radikalschnitt gegen die Steuervorteile geschlossener Fonds angekündigt. Nach einem Gespräch Anfang April zwischen Bundesfinanzminister Hans Eichel und den Länderfinanzministern von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Kurt Faltlhauser und Jochen Dieckmann, gelangten konkrete Pläne an die Öffentlichkeit.
Demnach ist vorgesehen, den Paragrafen 2b Einkommensteuergesetz (?Fallenstellerparagraf?) ? möglicherweise sogar rückwirkend zum 18. März – dahingehend zu ändern, dass steuerliche Verluste künftig nur noch mit später anfallenden Gewinnen dergleichen Fondsgesellschaft verrechnet werden können. Bislang ist es möglich, die Verluste im Jahr ihres Entstehens mit anderen Einkünften zu verrechnen ? die auf diese Weise mögliche Senkung der Einkommenssteuerlast auf Seiten der Anleger verschafft Produkten mit hohen Anfangsverlusten wie etwa Medien- und Energiefonds einen Großteil ihrer Attraktivität.
Es verwundert daher nicht, dass die Proteste gegen die Regierungspläne aus den Reihen dieser Branchen am lautesten sind. Das Totenglöckchen für Anbieter von Film- und Fernsehfonds etwa hört Michael Oehme, Herausgeber eines Branchenmagazins, PR-Berater und Vorstand des Verbandes Deutscher Medienfonds e.V., bereits klingeln. Oehme sieht die Branche als ?Bauernopfer für die Gegenfinanzierung von Steuersenkungen, weil das politisch ins Feindbild passt.? Die Bundesregierung schaffe damit keine neuen Arbeitsplätze, sie vernichte sie vielmehr.
Auch zahlreiche Vertreter der Filmindustrie von Veronika Ferres über Til Schweiger bis hin zu Roland Emmerich und Josef Vilsmaier äußern sich besorgt um den Filmstandort Deutschland und die vielen Tausend darin beschäftigten Menschen.
Indes: Betroffen sein sollen vermutlich nicht nur Medien- und Energiefonds. Das zumindest lässt sich aus dem Gegenfinanzierungsvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro ableiten, mit dem Eichel rechnet, und das allein mit der Streichung der Steuervorteile der genannten beiden Branchen auf Basis der Platzierungszahlen vom vergangenen Jahr kaum darstellbar ist.
Denn laut Cash.-Marktübersicht 2004 brachten es die Medienfonds im vergangenen Jahr auf ein platziertes Eigenkapital von rund 1,42 Milliarden Euro. Die Energiefonds-Initiatoren sammelten rund 203,9 Millionen Euro bei ihren Anlegern ein. Selbst unter Annahme des Spitzensteuersatzes bei sämtlichen Anlegern führt dies lediglich zu einem vermeintlichen Steuerausfall von rund 800 Millionen Euro.
Ein pikantes Detail am Rande: Der Bund betont bislang, dass sich seine Pläne ausschließlich gegen Fonds richten, die keine Gewinnerzielungsabsicht haben, sondern ausschließlich auf die Steuerverluste für die Anleger ausgerichtet sind. Abgesehen davon, dass solche Fonds schon jetzt unter 2b Einkommensteuergesetz beziehungsweise Liebhaberei fallen würden, entlarven sich Initiatoren, die vor diesem Hintergrund gegen die Berliner Absichten wettern. Denn mit ihrem Protest gestehen die Emittenten ein, was sie sonst stets weit von sich gewiesen haben: Die hohen Steuervorteile sind das entscheidende Verkaufsargument.