Stephanie Kelly, Leiterin von Greenwheel (dem Sustainability Research Team des Asset Managers Redwheel) und Paul Drummond, Greenwheels Experte für Klima und Umwelt, geben einen Ausblick, was dieser Regierungswechsel für die wirtschaftliche Situation in Großbritannien und insbesondere die klimapolitischen Maßnahmen des Landes bedeutet:
- Die neue Labour-Regierung wird ehrgeizige Klimamaßnahmen voraussichtlich grundsätzlich unterstützen, wobei eines ihrer fünf Kernziele darin besteht, bis 2030 ein Netto-Null- Stromversorgungssystem zu schaffen. Sie versprechen eine Reihe neuer Maßnahmen in verschiedenen Sektoren, die auf dem be stehenden politischen Rahmen aufbauen, die aber im Allgemeinen die derzeitigen Ziele nicht wesentlich erweitern werden und in einigen Fällen lediglich die jüngsten Rückschritte ausgleichen.
- Die Haupthindernisse für die Realisierung dieser Maßnahmen dürften konkurrierende Prioritäten sowie die Haushaltslage und die verfügbaren Kapazitäten der Regierung sein. Das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen ist die oberste Priorität der Labour-Regierung. Gleichzeitig erfordern ihre anderen Prioritäten neben der Dekarbonisierung des Stroms – Kriminalität, Gesundheit und Bildung – erhebliche finanzielle Mittel und viel Aufmerksamkeit. Die Steigerung des Wirtschaftswachstums wird als wesentlich angesehen, um den finanziellen Spielraum für die Umsetzung dieser anderen Prioritäten zu schaffen.
- Das bedeutet, dass der anfängliche Schwerpunkt im Bereich Klima u nd Energie wahrscheinlich auf Maßnahmen liegt, die schnell und kostengünstig umgesetzt werden können oder die zu mehr Wachstum beitragen. Eine unmittelbare Priorität dürfte der Abbau von Planungsbeschränkungen für erneuerbare Energien und Netze sein, einschließlich der Aufhebung des De-facto-Verbots für Onshore-Windkraftanlagen, auch wenn dies ein langsamer Prozess sein dürfte. Darüber hinaus könnten erste Schritte darin bestehen, die “Windfall Tax“ für Öl und Gas anzupassen, das Verkaufsverbot für Verbrennungsmotoren (ICE) bis 2030 fortzusetzen, das britische Emissionshandelssystem (ETS) an das EU-Emissionshandelssystem anzugleichen, die Einführung eines Mechanismus zur Anpa ssung der Kohlenstoffgrenzwerte (CBAM) voranzutreiben und Anforderungen an Übergangspläne für im Vereinigten Königreich regulierte Finanzinstitute und FTSE100-Unternehmen einzuführen. Jede dieser Maßnahmen wird wesentliche, aber im Allgemeinen relativ begrenzte Auswirkungen auf Unternehmen und Investorenhaben, die in den betroffenen Sektoren tätig sind. Insgesamt dürfte die Rückkehr zu ehrgeizigeren Zielen die wichtigste kurzfristige Veränderung sein, die das Vertrauen von Unternehmen und Investoren stärken wird.
- Initiativen wie Great British Energy, der National Wealth Fund und der Warm Homes Plan werden in ihrer jetzigen Form erhebliche öffentliche Mittel erfordern, sind aber alle noch nicht sehr detailliert. Haushaltsengpässe könnten dazu führen, dass sie in ihrer endgültigen Form den hochgesteckten Zielen nicht gerecht werden. Angesichts des Umfangs und des Tempos der erforderlichen politischen Maßnahmen ist es äußerst unwahrscheinlich, dass das Vereinigte Königreich bis 2030 ein Netto-Null-Energiesystem erreicht. Da dies immer deutlicher wird, könnte diese “Mission“ eher als Leitziel denn als Zielvorgabe formuliert werden, oder es könnte eine weichere Definition von “Netto-Null“ festgelegt werden.
Trotz der vielfältigen Herausforderungen glauben wir, dass die Labour-Partei derzeit die Einzige ist, die eine Regierung bilden kann, die in der Lage ist, die Klima-Agenda voranzubringen. Denn die Konservativen hatten zuletzt in diesem Bereich einen Rückzieher gemacht. Und Labour hat von Natur aus eine höhere Bereitschaft zu staatlichen Eingriffen – wenn auch vorsichtig und wachstumsorientiert.
Stephanie Kelly, Redwheel (Foto: Redwheel)