Politisches Europa: Schicksal wie Sandburgen am Meer?

Ist es da verwunderlich, dass bei so viel Lösungsverweigerung die Volksparteien nicht nur in Österreich, sondern in allen Euro-Länder dramatisch an Zustimmung verlieren? Wer im Empfinden von vielen Wählern keine klaren Lösungen anstrebt bzw. reale Probleme wenig, wenn überhaupt thematisiert, sich aber stattdessen wie ein Turner von Reckstange zu Reckstange – d.h. von Wahltermin zu Wahltermin – schwingt, darf sich nicht wundern, wenn selbst aus großen Koalitionen kleine werden.

Geht Großbritannien, geht auch ein wichtiger Lotse von EU-Bord

In dieser Gemengelage gebrochener Stabilitätskriterien, dilettantischer Lösungen und Staatsversagen kommt dem Votum der Briten am 23. Juni über einen Verbleib in der EU hohe Brisanz zu. Mit diesem Votum fällen die großen Briten ein Qualitätsurteil über die EU. Sagen sie mehrheitlich „Leave“ ist das so, als würde ein Restaurant seinen Michelin-Stern verlieren.

Dann zu glauben, der Brexit würde ein singuläres Ereignis bleiben, halte ich für sehr optimistisch. Der EU-Kritizismus würde zu einem neuen politischen Zeitgeist, der Wasser auf die Mühlen entsprechender Parteien in den EU- und Euro-Staaten leitete. Dieser EU-Spaltpilz könnte selbst durch Glyphosat nicht beseitigt werden.

Mit dem Austritt Großbritanniens würde nicht zuletzt ein politischer Größenvorteil der EU aufgegeben. Großbritannien ist eben nicht Malta oder Zypern. Das Land ist eine bedeutende Militärmacht, hat mit einem ständigen Platz im Sicherheitsrat großen Einfluss bei der UN, ist ein Verteidiger der Wettbewerbsfähigkeit und Marktwirtschaft und hält in puncto Menschenrechten im Gegensatz zu vielen Verständnispolitikern zumindest nicht immer die „Schnauze“. Geopolitisch ist es zudem aufgrund seines früheren Status als Kolonialmacht vielfach krisenerprobt. Dagegen laufen auf dem Kontinent zu viele „Juniorpartner“ herum, die Angst vor Verantwortung haben. Übrigens, wenn das große Britannien aus der EU ausscheidet, ist das wohl kaum ein überzeugendes Argument, dem Verein EU beizutreten.

Seite vier: Europa braucht keine ängstlichen Verwalter, sondern mutige Visionäre

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