Es ist keine Majestätsbeleidigung an Europa, wenn die EU-Politik kritisiert wird. Im Gegenteil, nur durch Kritik können sich Dinge positiv entwickeln. Ich persönlich finde die europäische Gemeinschaft schon aufgrund meiner Herkunft aus dem Dreiländereck Deutschland, Holland und Belgien großartig. Ohnehin ist sie notwendig, um nicht von großen geostrategischen Playern wirtschaftlich, z.B. durch TTIP, überrannt zu werden.
Die EU muss sich endlich führungsstark zu dramatisch überfälligen Reformen in Wirtschaft und Außenauftritt durchringen und damit endlich die Herausforderungen der politischen wie wirtschaftlichen Globalisierung offensiv annehmen. Mit der Krümmung der Banane oder der Frage, ob regionale Wurst- oder Käsespezialitäten schützenswert sind, sollen sich nationale Politiker beschäftigen. Die bessere Idee wird sich marktwirtschaftlich schon durchsetzen.
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Das ist eine Herkules-Aufgabe, vielleicht sogar eine Kernsanierung der EU. Wir haben aber keine Wahl: Ohne diese Maßnahmen werden die EU und später die Eurozone allmählich zerbröseln wie Sandburgen am griechischen Strand. Zum Schluss wäre Europa nicht mehr der größte Wirtschaftsraum der Welt und ein geopolitisch respektierter Partner, sondern nur noch ein Industriemuseum und ein Operettenstaat. Und seine Finanzmärkte würden dann auf das Niveau von Entwicklungsländern zurückfallen.
Ich will nicht, dass über Europa, sondern mit Europa gesprochen wird. Ich will nicht, dass das politische Europa das Schicksal ereilt „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“
Europa-Politisch Hintern in der Hose zu haben, ist kein Luxus, sondern eine Selbstverständlichkeit!
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator. Er ist aus Funk und Fernsehen bekannt und schreibt regelmäßig für Cash.
Foto: Baader Bank