„Alle Jahre wieder“ ist man versucht zu sagen, wenn man sich mit dem Thema Private Krankenversicherung beschäftigt. Seit ich im Finanzjournalismus tätig bin, wird beinahe jährlich die Systemfrage gestellt. GKV oder PKV? Verstärkt wird sie in Jahren, in denen Bundestagswahlen stattfinden. Es dürfte also spätestens im Sommer kommenden Jahres wieder damit losgehen, die Daseinsberechtigung der PKV in Frage zu stellen und die so viel gerechtere Bürgerversicherung in die Diskussion einzubringen. Alle Jahre wieder eben.
Dabei sollte doch mittlerweile klar sein, dass nur eine Co-Existenz beider Modelle sinnvoll und vorteilhaft ist. Das zeigt sich auch in der Coronakrise, in der laut aktueller Aussage von PKV-Verbandschef Florian Reuther sehr viel mehr Leistungen von der PKV erbracht werden, als es eigentlich aufgrund des zehnprozentigen Anteils der PKV-Versicherten an der Zahl der Gesamtversicherten in Deutschland notwendig wäre. „Die Leistungsausgaben der PKV sind im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – anders als in der GKV– nicht gesunken, sondern um 690 Millionen Euro auf 14,34 Milliarden Euro gestiegen – ein Plus von rund fünf Prozent“, so Reuther.
Wer möchte schon Verhältnisse wie in den Niederlanden oder Großbritannien, in denen das hohe Lied der Einheitsmedizin geträllert wird? Ich selbst durfte während meines Studiums in Großbritannien die Leistungsfähigkeit des National Health Services (NHS) im wahrsten Sinne des Wortes am eigenen Leib erleben und kann nur sagen, wohl dem oder der, der oder die nicht ernsthaft erkrankt ist.
Ein Einheitsbrei hat noch nie gut getan und verhindert zudem Fortschritt und Leistungsfähigkeit, die gerade im medizinischen Bereich so wichtig sind. Warum wohl sonst kommen die ersten Covid-19-Impfstoffe aus den USA und Deutschland. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn die immer wieder aufkommenden Attacken gerade aus Teilen der Politik unterblieben beziehungsweise in eine sachliche Diskussion mündeten, um das deutsche Gesundheitssystem grundsätzlich weiter nach vorne zu bringen.
Denn Baustellen gibt es noch genug. Das zeigt auch die nachfolgende Diskussion von PKV-Experten, die Cash. zum Gespräch über die Rolle der PKV im Vertrieb geladen hatte. (Frank O. Milewski, Chefredakteur Cash.)