Daniel Kellermann gründete vor elf Jahren das Informationsportal www.greenvalue.de und äußert sich jetzt zu Gedankenspielen von Politikern, Finanzierungsmöglichkeiten erneuerbarer Energien und der Rolle institutioneller Investoren.
Obwohl die Bevölkerung Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen klar befürwortet, hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass Solaranlagen, Windparks und Wasserkraftanlagen den Strom so teuer machen. Wie lässt sich das ausräumen?
Kellermann: Indem man den Stromverbrauchern reinen Wein einschenkt und ihnen sagt, dass der Zubau der Erneuerbaren-Energien-Anlagen dazu geführt hat, dass der Börsenstrompreis deutlich gesunken ist, die Kostenvorteile allerdings nicht an die Endkunden weitergegeben werden, weil es der Gesetzgeber im EEG so nicht vorgesehen hat. Der Blick auf die Zusammensetzung des Preises offenbart, dass rund die Hälfte für Steuern – darunter etwa eine Atomstromentsorgungssteuer-, Abgaben und regulierte Netzentgelte ausgegeben werden. In der jüngsten Debatte wurde aus meiner Sicht auch zu wenig thematisiert, wie groß die Rabatte für die Industriebetriebe wirklich sind: Während die Privathaushalte derzeit rund 28 Cent pro Kilowattstunde bezahlen müssen, konnten sich Großabnehmer bereits den Preis für das Jahr 2015 sichern und werden dann lediglich 3,99 Cent für die Kilowattstunde ausgeben müssen. Davon profitieren auch Unternehmen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen. Auch das ist schlichtweg ungerecht.
Die Vorschläge zur vorzeitigen Kürzung der Einspeisevergütung, wie sie Bundesumweltminister Peter Altmaier im März unter dem Deckmantel der Strompreisbremse vorgebracht hat, waren nur Wahlkampfgetöse?
Kellermann: Dafür spricht, dass die Kanzlerin die Debatte sehr schnell beendet hat und Altmaier selbst ebenfalls zurückgerudert ist: Nur wenige Stunden, nachdem er die Kosten auf eine Billion Euro beziffert hat, twitterte er: ‚Ich habe die Zahl nur einmal genannt um aufzurütteln‘. Die Folgen seines Aufrüttelungsversuchs waren allerdings fatal: Eine ganze Branche mit 380.000 Arbeitsplätzen hierzulande war verunsichert, von Investoren aus dem In- und Ausland ganz zu schweigen.
Sehen Sie dennoch einen Reformbedarf bei der gegenwärtigen Art der Förderung Erneuerbarer-Energie-Gewinnung?
Kellermann: Die EEG-Umlage ist aus meiner Sicht eine Stellschraube, an der angesetzt werden könnte. Wie vom Gesetzgeber seinerzeit gewollt, ist der Strompreis durch das zusätzliche Angebot zwar gesunken, kommt wegen des Umlageverfahrens jedoch nicht beim Verbraucher an. Dieser Widerspruch muss geklärt werden. Wer die zunehmende Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen will, kann nicht die Einspeisevergütung beschneiden.
Nach Angaben des VGF blieb das Investitionsvolumen der Energiefonds im Jahr 2012 mit 1,4 Milliarden Euro stabil, das Platzierungsvolumen legte gar um 14 Prozent zu. Was erwarten Sie für 2013 bei den grünen geschlossenen Fonds?
Kellermann: Die Zahl der Beteiligungsangebote wird nicht zuletzt wegen der Regulierung sinken. Zudem rechne ich damit, dass sich Privatanleger von den Branchenskandalen der jüngsten Zeit sowie Berichten über Ausschüttungsstopps bei spanischen Solarfonds leider verunsichern lassen. Allerdings erwarte ich ein steigendes Engagement institutionelle Investoren. Diese hatten in 2012 ja mit 350 Millionen Euro rund 43 Prozent mehr Eigenkapital investiert als im Vorjahr. Versicherern fehlen derzeit Alternativen, über laufende, gesetzlich gesicherte Erträge ihre versprochenen Renditen zu erwirtschaften.
Festverzinsliche Finanzierungsstrukturen haben nach Ihren Recherchen in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Worauf führen Sie das zurück?
Kellermann: Die Akzeptanz der Produkte steigt, weil sie mit neuen Vertragsgestaltungen den Anleger immer näher an das Asset heranbringen und über die Abtretung von Projektrechten an die jeweilige Beteiligungsgesellschaft vergleichsweise viel Sicherheit bringen. Allerdings muss sich der Anleger immer die Frage stellen, womit das Geld verdient werden soll.
Mit Blick auf die Risiken besteht jedoch ein großer Unterschied, ob ich mich an einer Bestandsanlage oder dem Unternehmensaufbau beziehungsweise Projektentwicklungen beteiligen…
Kellermann: Selbstverständlich. Das gilt auch für Geschäftsfelderweiterungen. Wenn ein Unternehmen bis dato erfolgreich im Solarbereich tätig war, bedeutet das nicht, dass eine genussrechtsfinanzierte Expansion mit Windparkprojekten ein Erfolg werden muss, also Zins- und Rückzahlungen pünktlich erfolgen. Gleiches gilt allerdings für Initiatoren geschlossener Fonds.
Interview: Andreas Friedemann. Cash.
Foto: Greenvalue