Erneuerbare Energien: Auf der Sonnenseite

Die Energiewende eröffnet den Sachversicherern ein stark wachsendes Geschäftsfeld. Dabei zeigt sich, dass regenerative Energiequellen oft sehr komplexe Anforderungen an die Assekuranz stellen.

Erneuerbare Energien: Severin Moser
Severin Moser: „Ob es um die Anlage auf dem privaten Hausdach geht oder um
einen großen Solarpark: Neben Beschädigungen in der Installationsphase
müssen Betreiber vor allem mit Elementarschäden rechnen.“

Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, ist die Energiewende in Deutschland bis 2050 abgeschlossen – 80 Prozent der Energie sollen dann aus erneuerbaren Quellen erzeugt und eingespeist werden. Bereits in sieben Jahren soll der Energieanteil aus Sonne, Wind & Co. am Stromverbrauch von heute 20 auf mindestens 35 Prozent steigen. Regenerative Energiequellen konsequent und zügig zu erschließen, ist nicht zuletzt auch notwendig, wenn bis 2022 das letzte Kernkraftwerk vom Netz gehen soll.

Erklärtes Ziel der Politik ist, dass nicht nur das Klima, sondern auch der Wirtschaftsstandort Deutschland noch deutlich stärker als bisher vom Umbau der Energieversorgung profitiert. Um die Vorgaben der Politik umzusetzen, bedarf es nachhaltiger Investitionen in Windkraft, Sonnenenergie und Biogas sowie in den Energietransport und die temporäre Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien.

Komplexe Anforderungen an Versicherer

Häufig unterschätzt wird die Bedeutung der Versicherung, wenn es um grüne Investments geht. Dabei ist das Underwriting angesichts der Risikogröße und der besonderen Gefährdung in bestimmten Bereichen eine spezielle Herausforderung – etwa wenn es um meist von großen Fonds initiierte Off-Shore-Windparks oder um Freiflächensolarparks geht. Ohne entsprechenden Versicherungsschutz werden Investoren oder Banken aber selbst für eine kleinere Fotovoltaikanlage auf dem privaten Hausdach nicht das notwendige Kapital zur Verfügung stellen.

Anforderungen an Versicherer sind bei Projekten im Bereich erneuerbarer Energien oft sehr komplex. So braucht es für jede Phase von der Planung über den Bau bis zum Betrieb verschiedene Versicherungen. Entsprechender Schutz muss für Sach- und Personenschäden sowie für Betriebsunterbrechungen vorhanden sein.

Eine extrem große Spanne gibt es auch bei den Versicherungssummen: Sie reichen von 10.000 Euro für eine Fotovoltaikanlage auf dem privaten Hausdach bis hin zu Off-Shore-Windpark-Projekten mit Investitionssummen von über einer Milliarde Euro. Das Produktspektrum geht von günstigen Standardangeboten bis hin zu individuell zugeschnittenen Policen für Großprojekte.

Risiken bei Off-Shore-Windparks

Nirgends sind die logistischen und technologischen Herausforderungen größer als bei Off-Shore-Windparks. Während On-Shore-Windanlagen direkt an der Küste oder im Landesinnern von Versicherern inzwischen als gut kalkulierbare Risiken gesehen werden, gibt es bei Windparks auf dem Meer zahlreiche Unwägbarkeiten beim bis zu drei Jahre dauernden Bau sowie beim Betrieb. Die Technologie ist vergleichsweise jung und es fehlen bislang fundierte Langzeiterfahrungen.

Zum Beispiel müssen die mitunter in über 40 Metern Wassertiefe im Meeresboden verankerten Fundamente auch bei heftigen Winterstürmen die Belastungen der gesamten Windkraftanlage aushalten. Dabei stellen unterschiedliche Windgeschwindigkeiten und -richtungen eine hohe Beanspruchung für das Material dar und das Blitzschlagrisiko ist angesichts der exponierten Lage nicht zu unterschätzen. Auch Feuerschäden an der Windkraftanlage oder der Umspannplattform sowie Unfallschäden durch Schiffe sind möglich. Weitere Risiken sind Schäden am Seekabeln oder Ankerschäden.

Folglich muss die Versicherung bei der Risikoanalyse unter anderem Faktoren wie Wassertiefe, Fundamentart, Größe und Erreichbarkeit der Anlage, Verkabelung und Netzanbindung sowie Konstruktion der Umspannplattform berücksichtigen.

Insbesondere Vermögensschäden durch Betriebsunterbrechungen können die Existenz des Betreibers bedrohen, denn der finanzielle Verlust durch eine monatelange Unterbrechung der Stromlieferung kann bei Off-Shore-Windparks mehrere hundert Millionen Euro betragen – und liegt damit oft noch weit über den reinen Sachschäden. Beide Schadensarten können indes über eine Technische Versicherung abgedeckt werden.

Boomende Fotovoltaik

Lediglich zwischen drei und vier Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland werden derzeit durch Solarstromanlagen abgedeckt – im Jahr 2020 sollen es nach Schätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft bereits zehn Prozent sein. Das schnelle Wachstum gründet neben dem allgemeinen Trend zu grünen Investments auf deutlich gesunkenen Preisen für Solarmodule.

Ob es um die Anlage auf dem privaten Hausdach geht oder um einen großen Solarpark: Neben Beschädigungen in der Installationsphase müssen Betreiber vor allem mit Elementarschäden durch Blitzschlag, Hagel oder Sturm sowie Überspannungsschäden rechnen. Dabei sind nicht nur jeweils die Solarmodule selbst betroffen, sondern insbesondere Wechselrichter, Trafos und Netzanschlüsse.

Hinzu kommt besonders bei Freiflächenanlagen eine hohe Diebstahlgefahr – in den vergangenen Jahren häuften sich die Meldungen von massenhaft aus Solarparks gestohlenen Solarmodulen. Allgefahrenschutz durch eine Technische Versicherung ist für Errichter und Betreiber von Solarparks während der Bau- und der Betriebsphase unabdingbar.

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Erneuerbare Energien
Nicht für jede Anlage empfiehlt sich der gleiche Versicherungsschutz:
Abhängig von der Art der regenerativen Energiequelle empfiehlt Allianz-Vorstand
Severin Moser unterschiedliche Versicherungen.
Quelle: Allianz

Aber auch Betreiber einer Fotovoltaikanlage auf dem Hausdach brauchen entsprechenden Versicherungsschutz, fungieren sie doch als Unternehmer. Eine Wohngebäudeversicherung reicht häufig nicht aus – um Investitionen abzusichern, müssen nicht nur Sachschäden, sondern auch Betriebsunterbrechungen versichert werden. Nur so ist gewährleistet, dass im Falle eines größeren Schadens zu tilgende Kredite weiter bedient werden können. Der Versicherungsschutz kann durch eine Ertragsgarantieversicherung komplettiert werden, der finanzielle Nachteile etwa durch schwankende Solarstrahlung ausgleicht.

Bauern geben (Bio-)Gas

Immer mehr Landwirte bauen sich mit Biogasanlagen ein zweites Standbein auf – oder satteln komplett um und spezialisieren sich auf den Betrieb solcher Anlagen. Diese erzeugen durch die Vergärung aus organischer Masse zunächst Biogas, das in einem weiteren Schritt in Strom oder Wärme umgewandelt oder in ein Gasversorgungsnetz eingespeist wird. Ende 2011 waren deutschlandweit etwa 7.200 Biogasanlagen in Betrieb – diese entsprechen der Nennleistung von zwei Kernkraftwerken.

Der Vorteil von Biogasanlagen ist die Unabhängigkeit von den Elementen wie Sonne und Wind. Dadurch sind sie in der Lage, die Stromgrundlast abzusichern. Was allerdings schnell vergessen wird: Die Erzeugung großer Mengen an brennbaren Gasen führt zu einer explosiven Mischung. Bei falscher Bedienung sowie bei Konstruktions- oder Materialfehlern besteht schnell die Gefahr schwerer Schäden. Auch Verpuffungen oder Explosionen können Schäden in Millionenhöhe an Komponenten der Stromerzeugung oder Gasaufbereitung auslösen.

Spezialkonzepte bei Großprojekten

Während der Errichtungsphase empfiehlt sich eine Bauleistungs- oder Montageversicherung mit Allgefahrendeckung für Bauleistungen, Baustoffe und Bauteile. Versichert werden sollte die Montage der kompletten Infrastruktur sowie die Erprobung der Biogasanlage. Mit Aufnahme des Betriebs sollte unter anderem eine Maschinen- und Betriebsunterbrechungs-Versicherung mit Allgefahrendeckung für die komplette Biogasanlage abgeschlossen werden.

Grundsätzlich gilt: Während bei Fotovoltaikanlagen auf dem Hausdach ein vergleichsweise einfaches Schutzkonzept genügt, sind bei Großprojekten wie Off-Shore-Windparks aufgrund deren Komplexität maßgeschneiderte Allgefahren-Spezialkonzepte notwendig, die den Technischen Versicherungen entstammen. Gefragt ist die Expertise von Fachleuten mit umfassendem technischen Know-how und Kenntnissen der Versicherungsprodukte – folglich bedarf es der engen Zusammenarbeit von Versicherungsspezialisten und Schadeningenieuren.

Autor Severin Moser ist Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG und Vorstand Sachversicherung der Allianz Deutschland AG, München.

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