Das Investmentbanking feiert fröhliche Urständ. Erfolgsrezept: Staatsgelder, aufgeweichte Bilanzregeln und schwindende Konkurrenz im Markt.
Text: Hannes Breustedt
Für die einen ist es die größte Auferstehung seit Lazarus, für die anderen der größte Bluff der jüngeren Finanzgeschichte: Ausgerechnet das Investmentbanking liefert im bisherigen Jahresverlauf ein fulminantes Comeback. Eben jenes Geschäftsfeld, dessen Auswüchse als Inbegriff des Kasino-Kapitalismus gelten und dem die öffentliche Wahrnehmung in Verbindung mit deregulierten Finanzmärkten, verbrieften Krediten, Rating-Agenturen und Niedrigzinspolitik die Hauptschuld für die gravierendste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit zuschreibt.
Zurück zum Business as usual
Eine Sparte, zu deren Protagonisten Bear Stearns, Merrill Lynch und nicht zuletzt auch Lehman Brothers zählten – Akteure, die in die Wirtschaftsannalen eingingen, weil sie mit ihren riskanten Geschäften die Finanzwelt an den Abgrund brachten. Die Pleite des letztgenannten Brokerhauses im September 2008 markiert den größten Insolvenzfall in der Historie der USA. Sie läutete die Eiszeit im Interbankenmarkt ein und hob die Finanzkrise so auf ein neues Level.
Mittlerweile kategorisieren Politiker, Banker und Aufseher die Wirtschaftsgeschichte bereits in Pre- und Post-Lehman-Ära. Der Niedergang des Unternehmens soll ihrer Auffassung nach verantwortlich dafür sein, dass andere Institute wie zum Beispiel die Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate in Existenznot gerieten. Darüber, dass der Lehman-Bankrott die Sollbruchstellen der globalen Verbriefungsmärkte und den daraus folgenden Kreditpyramiden in bislang ungeahnter Dimension offengelegt hat, herrscht weitgehend Einigkeit.
Hat sich ein knappes Jahr danach etwas am Status quo geändert? Es deutet wenig darauf hin – die Verbliebenen im Haifischbecken haben ihre Marktanteile durch die Übernahme- und Pleitewelle ausgebaut, ihre Margen entsprechend gesteigert. So ist beispielsweise die Konkurrenz bei Anleihe-Emissionen deutlich geringer geworden. Dabei handelt es sich um ein klassisches Geschäftsfeld der Investmentbanken, die gegen Gebühr als Arrangeure für Unternehmen und Staaten auftreten. Aufgrund der krisenbedingt zögerlichen Kreditvergabe der Geschäftsbanken nutzen Firmen dieses Instrument verstärkt, um Geld aufzunehmen.
Dem US-Branchenanalysten Dealogic zufolge hat das Emissionsvolumen von Corporate Bonds mit 1.103 Milliarden Dollar im laufenden Jahr bereits ein neues Allzeithoch erreicht. Auch Staaten platzieren in großem Stil Anleihen am Markt. Sie finanzieren damit ihre gestiegene Schuldenlast – die nicht zuletzt aus den Rettungspaketen für den Finanzsektor resultiert. Besonders dem französischen Geldhaus BNP Paribas, der Deutschen Bank sowie den britischen Schwergewichten HSBC und Barclays bescherte der Anleihe-Boom zuletzt satte Erträge.
Sogar die im Zuge der Subprime-Krise schwer in die Kritik geratene Praxis der Verbriefung wird wieder salonfähig. Einige Häuser, wie US-Branchenprimus Goldman Sachs und Barclays, reichen bereits wieder gebündelte Kredite weiter, um ihre Bilanzen zu entlasten. Doch auch der klassische Eigenhandel mit festverzinslichen Wertpapieren, Aktien, Devisen und Rohstoffen floriert angesichts steigender Kurse. So kratzte Goldman ein gutes halbes Jahr, nachdem Regierungen und Notenbanker weltweit die Kernschmelze im Bankensektor verhinderten, wieder an den magischen 25 Prozent Eigenkapitalrendite.