Am Mittwoch vergangener Woche musste der Kasseler PKV-Spezialvertrieb MEG AG Insolvenz anmelden. Der sechsköpfige Vorstand der MEG befand einstimmig, dass die Sanierung aussichtslos sei. Cash. sprach mit Aragon COO Wulf Schütz.
Cash.: Herr Schütz, vor wenigen Wochen haben Sie angekündigt, dass Aragon mit der Übernahme der MEG AG zu einem der ganz großen Akteure im PKV-Geschäft avanciert. Nun wurde in Kassel Insolvenz angemeldet. Was sind die Hintergründe?
Schütz: Die Hintergründe liegen in der Vergangenheit der MEG AG. Wir haben uns unter der Voraussetzung an diesem Unternehmen beteiligt, dass der Businessplan, der in Abstimmung mit dem Vorstand aufgestellt wurde und auf Basis einer von Beratern durchgeführten Due Diligence, tragfähig ist. Wir haben uns drei Wochen genommen, um diesen Sanierungsplan nochmals zu überprüfen. In dieser Zeit sind so viele Themen hochgekommen, wie beispielsweise Altlasten, die eine Fortführung des Unternehmens unmöglich gemacht haben.
Cash.: Und das war vorher nicht absehbar, bei 16 Millionen angehäuften Schulden…
Schütz: Das Problem waren nicht die 16 Millionen Euro Schulden, die wir kannten. Die haben wir mit einem Stundungsvergleich mit den fünf größten Gläubigern abgedeckt, der Voraussetzung für unsere Beteiligung war. Es war jedoch so, dass nochmals mehrere Millionen an Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit aufgetaucht sind, die bei Vertragsabschluß nicht transparent waren. Weder uns noch den Gläubigern, noch den Führungskräften vor Ort. Wir haben natürlich versucht, parallel ein Restrukturierungs- und Sanierungsprogramm aufzusetzen und einige Themen auch schon umgesetzt. Aber für eine erfolgreiche Sanierung brauchen Sie zu allererst die nötige Liquidität.
Cash.: Wie sind Sie weiter vorgegangen?
Schütz: Wir haben mit allen Großgläubigern intensive Gespräche geführt. Nach den schon gestundeten Vorschüssen waren mehrere Großgläubiger nicht bereit, jetzt nochmals Geld in das Unternehmen zu geben oder auf Geld zu verzichten. Aus diesem Grund hatte der Vorstand der MEG keine Wahl: Ohne positive Fortführungsprognose für das Unternehmen muss man dann einfach schon aus rechtlichen Gründen schnellstmöglich eine Insolvenz beantragen und das hat der Vorstand der MEG umgehend gemacht. Wir haben unter anderem auch versucht, eine Landesbürgschaft zu bekommen, was in so kurzer Zeit allerdings nicht ging. Und auch jetzt unterstützen wir den vorläufigen Insolvenzverwalter bei der Ausarbeitung der einzelnen Themen.
Cash.: Welche Fehler hat das ehemalige MEG-Management gemacht, die eine Sanierung unmöglich machten?
Schütz: Es wurde, um es mit den Worten des vorläufigen Insolvenzverwalters zu sagen, einfach zu viel Geld ausgegeben. Dazu ein Geschäftsmodell mit angestellten Vermittlern – und das in einem Vertrieb der sehr stark auf Neugeschäft ausgerichtet ist. In Summe hat dies dazu geführt, dass das Unternehmen in eine Schieflage geraten ist und zu viele Verbindlichkeiten aufgebaut hat. Wir haben versucht, das Geschäftsmodell umzustellen und die Fixkosten massiv zu reduzieren – wir reden hier von 80 Prozent.
Cash.: Vor Ihrem Einstieg bei MEG sind keine Gehälter mehr geflossen, ist dann noch was gezahlt worden?
Schütz: Ja. Die Aragon hat einen signifikanten Betrag an die MEG gezahlt. Daraus wurden Gehälter und Provisionen, sowie sonstige Verbindlichkeiten gezahlt.
Cash.: Das hat aber nichts mit dem Vertrag von der Übernahme zu tun?
Schütz: Doch, die Übernahme war daran gekoppelt. Wir haben in dem Kaufvertrag festgehalten, dass wir bis zu einer gewissen Höhe Liquidität in das Unternehmen geben. Wir haben das in Form eines besicherten Darlehens in die MEG gebracht.
Cash.: Damit steht die MEG jetzt auch noch bei Ihnen in der Kreide..
Schütz: Ja, aber wir haben das Darlehen besichert. Daher erwarten wir auch keine bilanziellen Belastungen. Es ist so, dass wir einen Kaufpreis erst gezahlt hätten, wenn das Unternehmen nachhaltig, das heißt über mehrere Jahre, in die Profitabilität zurückgekehrt wäre. Wir agieren als Aragon wie ein Finanzinvestor.
Cash.: Wie geht es nun weiter?
Schütz: Wir begleiten im Moment das Verfahren mit und versuchen gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter unter anderem Insolvenzgeld für die Mitarbeiter zu erhalten. Das sind alles Dinge, die einige wenige Mitarbeiter, die uns angreifen, nicht sehen. Was uns sehr ärgert ist, dass einige wenige Stimmung gegen die Aragon machen und auch noch von einigen Medien eine Plattform für ungerechtfertigten Unterstellungen erhalten. Der Vorstand der Aragon hat sich in diesem Projekt persönlich sehr engagiert. Wir haben viel gearbeitet und die besten Leute für einen Turn-around der MEG rangeholt. Wir hätten ab 1. November mit der Restrukturierung begonnen. Alles war vorbereitet. Wir haben aus diesem Unternehmen nie einen Cent genommen. Mein Kollege Ralph Konrad und ich haben uns selbstverständlich auch keine Vergütung gezahlt, obwohl die sonstigen Vorstandsgehälter bei der MEG vor unserem Einstieg fürstlich waren.
Lesen Sie das komplette Interview im nächsten Cash.-Heft. Die Ausgabe 12 liegt ab 19. November am Kiosk.
Interview: Katja Schuld
Fotos: Shutterstock, Aragon AG