Wie haben Sie den 2. August erlebt als die ESG-Abfragepflicht für Finanzprodukte in Kraft getreten ist?
Regensburger: Am 2. und am 3. August stand das Telefon bei uns keine Minute still. Die Vermittler hatten viele viele Fragen. Bei mir schlagen da zwei Herzen in der Brust. Grundsätzlich begrüße ich es, dass die Vermittler sich jetzt mit dem Thema beschäftigen müssen – auch wenn sie sich bislang noch gar nicht damit auseinandergesetzt haben. Aus Nachhaltigkeitssicht ist das erstmal gut. Allerdings war der Start sehr holprig.
Wo liegt das Hauptproblem?
Regensburger: Die größte Ungereimtheit liegt darin, dass die Regulierungsstandards erst zum 1.1.2023 in Kraft treten. Derzeit liegen noch keine gemeinsamen Standards für die ESG-Investments vor, aber der Vertrieb ist bereits verpflichtet, die Kunden danach zu fragen. Das macht es für Vermittler schwierig.
Wie unterstützen Sie den Vertrieb?
Regensburger: Wir versuchen diesen Standard auch jetzt schon so weit es geht zu bringen und geben mit unserer Leitlinie Orientierung für Vermittler. Im Grunde gehen wir aber davon aus, dass eigentlich jeder Kunden Nachhaltigkeitspräferenzen hat – er weiß nur im Zweifel wenig darüber. Meine Erfahrung ist: Die Kunden wissen oft nicht, was sie wollen, aber sie wissen genau, was sie nicht wollen. Deshalb gibt es ja die Beratung.
Was können Makler jetzt tun?
Regensburger: Es führt kein Weg daran vorbei: Man muss sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Aber nicht nur in Bezug auf die Kundenberatung, sondern auch wie betrifft Dich das selbst in Deinem Vermittlerbetrieb? Wir haben einen CO2-Rechner und bieten die Möglichkeit zur Kompensation. Das ist noch nicht mal besonders teuer. Man kann auf Online-Beratung umstellen, wo es möglich ist und den Papierverbrauch reduzieren. Da bieten wir mit einem Partner ebenfalls eine Beratung an.
Aber will der Kunde überhaupt nachhaltige Anlagen? Es gibt immer wieder Befragungen, die das Gegenteil behaupten.
Regensburger: Im ersten Schritt geht es erstmal darum zu zeigen: Achtung da gibt es etwas! Doch wichtig: ESG-konforme Investments werden deshalb keine altruistischen Produkte. Die nachhaltigen Produkte müssen die Renditeziele erreichen. Aber es gibt trotzdem keinen Kunden, der unbedingt einen Rüstungsanbieter oder Hersteller im Portfolio haben will, der Kinderarbeit in Bangladesch fördert. Mein Tipp: Mach es doch einfach zu einer Selbstverständlichkeit. Natürlich muss man sich vorher einmal damit beschäftigen, aber das müssen wir als Berater immer.
Sie bieten selbst mit dem den Sachwerte-Fonds der Pangaea Life „Blue Energy“ und „Blue Living“ Produkte nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung an und keine dunkelgrünen Fonds nach Artikel 9, obwohl man das eigentlich von Ihnen erwarten würde. Glauben Sie doch nicht daran, dass es für solche Fonds eine Kundschaft gibt?
Regensburger: Wir haben in letzter Zeit häufiger gesehen, dass dunkelgrüne Fonds nach Artikel 9 herauskommen. Aber werden dabei auch die Renditen für die Kunden erzielt? Es gibt in diesem Bereich Licht und Schatten. Zum einen gibt es Impact-Fonds, die sicherlich aus ökologischer Sicht Sinn machen, dabei geht es dem Kunden natürlich in erster Linie um seine Rendite. Wir sind lieber vorsichtig. Ich sehe schon viele Downgradings von Artikel 9 Fonds auf die Branche zukommen. Wir gehen lieber etwas zögerlicher ran und können unsere Versprechen dann auch einhalten. Dunkelgrüne Fonds müssen ihren Impact im Detail belegen können über die ganze Lieferkette hinweg. So gibt es tolle Projekte zu erneuerbaren Energien – aber beispielsweise die Produktionsstätten dann auch ESG-konform sind, das ist schwer, nachzuweisen. Wenn ich als Vermittler ein dunkelgrünes Produkt anpreise, und zwei Jahre später kommt raus, dass der Fonds doch nicht so grün ist, kann das aus unserer Sicht ein Supergau werden. Dann lieber die Kirche im Dorf lassen.
Haben Sie keine Sorge, dass die Konkurrenz sich da mutiger positioniert?
Regensburger: Die Versicherungsbranche steckt da definitiv noch in den Kinderschuhen, was Nachhaltigkeit angeht. Wir machen uns gerade auf den Weg in eine echte Transformation. Das geht nicht von heute auf morgen. Uns würde es als Branche guttun, daraus jetzt keine Marketingschlacht zu machen um den Kunden. Das kann am Ende nur Vertrauen bei den Kunden verspielen.
Für Vermittler ist es ebenfalls schwer nachzuvollziehen, was als nachhaltig gelten soll und was nicht. Zumal Atomkraft und Gas jetzt als nachhaltig eingestuft wurden. Halten Sie das für den richtigen Schritt?
Regensburger: Ich bin sehr unglücklich, dass Gas und Atomkraft mit reingenommen wurden. Meiner Meinung nach werden da gerade viele Scheingefechte geführt – mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun. Photovoltaik ist definitiv nicht nur die nachhaltigere Erzeugungsquelle für Strom, sondern auch die günstigere im Vergleich zu Atomstrom. Wenn ich sehe, dass in Frankreich die Temperatur von Atomkraftwerken hochgesetzt werden darf, weil aufgrund der Dürre das Wasser zur Kühlung fehlt, dann wird mir schon anders. Das führt doch auch bei Vermittlern und Kunden zu vielen Fragezeichen. Warum gibt es eine Regulierung, wenn Atomkraft und Gas ohnehin enthalten sind?
Viele Kunden haben zudem Respekt vor alternativen Anlagen. Deutsche investieren eher sicherheitsorientiert. Wie können Sie garantieren, dass die nachhaltigen Investments sicher sind und die Sparziele erreicht werden?
Regensburger: Wir haben einen Vorsprung, weil wir uns schon viel länger mit dem Thema beschäftigen. Es geht darum, transparent zu sein. Wir haben deshalb auch den Weg des Sachwertinvest gewählt, denn da lässt es sich einfacher nachweisen, was nachhaltig ist und was nicht. Wir zeigen, wo wird Geld investiert. Ich kann einen 60-seitigen Nachhaltigkeitsbericht lesen oder ich setze dem Kunden eine VR-Brille auf und kann zeigen, dein Geld geht in dieses Wasserkraftwerk oder in diese Photovoltaik-Anlage rein – so macht man es greifbarer. Der Zielwert für unsere Projekte ist klar 100 Prozent nachhaltig, weil es um erneuerbare Energien geht. Jetzt sind wir bei 60 Prozent, weil wir noch nicht für alle Anlagen das Reporting aufgebaut haben. Andere Fonds liegen aber bei 0 bis 20 Prozent. Die Bayerische ist zudem immer selbst in den Anlagen investiert. Unser Blue Energy befindet sich in Risikoklasse drei und hat seit seiner Auflage neun Prozent gemacht. Es geht also. Natürlich haben wir jetzt auch eine gute Zeit erwischt, aber auch wenn es nur sechs Prozent gewesen wären, wäre das noch super für den Kunden.
Sie bieten mit GPS – Guided Pangaea Sustainability – eine Möglichkeit für Unternehmen, Vertriebspartner und Kunden, ihr eigenes Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen bezüglich Nachhaltigkeit. Wie kam es zu dieser Idee?
Regensburger: Ich sehe das Thema Nachhaltigkeit nicht nur in Bezug auf die Produkte, sondern auch das Image der Branche. Wir sehen den Fachkräftemangel ja nicht nur bei uns. Die Versicherungsbranche findet insgesamt keinen Nachwuchs mehr. Die jüngeren Menschen nehmen die Nachhaltigkeit aber ganz klar mit in ihre Entscheidungssphäre. Unternehmenskunden stehen oft vor der Herausforderung, wie ihren CO2 Abdruck verringern zu müssen oder zu kompensieren. In diesen Bereich wollen wir ebenfalls unterstützen und nicht nur die passenden Vorsorgeprodukte bieten.