ESG bei offenen Immobilienfonds: „Light Green“ setzt sich durch

ESG Beauftragte Hannah Dellemann Intreal vor dem Hingrund eines Büroflurs
Foto: Intreal
Hannah Dellemann, ESG-Beauftragte bei Intreal

Bezogen auf das Fondsvermögen sind mehr als zwei Drittel – rund 68,8 Prozent – aller offenen Immobilien-Publikumsfonds mittlerweile als Artikel-8-Fonds klassifiziert. "Impact"-Fonds hingegen gibt es in dem Segment noch nicht.

Die Mehrheit der Fonds berücksichtigt also gemäß Artikel 8 gemäß der EU-Offenlegungsverordnung bestimmte Nachhaltigkeits-Ziele in Bezug auf ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance). Das hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft Intreal ermittelt. Gemessen am Nettofondsvermögen sind dies 76,9 Milliarden Euro vom insgesamt 111,8 Milliarden Euro umfassenden Vermögen aller offenen Immobilien-Publikumsfonds zusammen. Das entspricht rund 68,8 Prozent.

Betrachtet man die Anzahl der Vehikel, fallen von insgesamt 26 Fonds 15 in diese Nachhaltigkeitskategorie. Das sind knapp 58 Prozent. Rund ein Drittel des untersuchten Nettofondsvermögens (34,9 Milliarden Euro) entfällt aktuell noch auf Artikel-6-Fonds. Dies sind elf der 26 Fonds. Die Artikel-Nummern beziehen sich auf die EU-Offenlegungsverordnung, die bei Finanzprodukten bestimmte Angaben zur Nachhaltigkeit vorschreibt und hierfür drei Kategorien enthält.

„Verbleibende Fonds werden relativ bald nachziehen“

Artikel-6-Fonds haben neben ihrer bisherigen Fondsstrategie keine weiteren Nachhaltigkeitsziele festgelegt, erläutert Intreal. Artikel-8-Fonds – auch „ESG-Strategiefonds“ oder „light green“ genannt – beziehen hingegen ESG-Kriterien systematisch in die Anlageentscheidung ein. Sie formulieren eine Investmentstrategie, die darlegen muss, wie der Fonds die ökologischen und sozialen Eigenschaften, mit denen er wirbt, erreicht.

Die höchste Nachhaltigkeitskategorie bilden die „Impact-Fonds“ oder Artikel-9-Fonds. Davon gibt es unter den Publikumsfonds aktuell jedoch noch keine, so Intreal. Im Unterschied zu Artikel-8-Fonds verfolgen Impact-Fonds primär Nachhaltigkeitsziele. Die Maßstäbe für Nachhaltigkeit definiert die „Taxonomie“ der EU.

Hannah Dellemann, ESG-Beauftragte der Intreal, kommentiert: „Der größere Teil der Anbieter von Publikumsfonds hat seit Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung am 10. März 2021 seine Anlagestrategie um Nachhaltigkeitsgesichtspunkte ergänzt. Die Klassifizierung als Fonds, der auch ESG-Kriterien verfolgt, wird aus Vertriebsgesichtspunkten immer wichtiger und der Wettbewerbsdruck steigt. Ich gehe daher davon aus, dass die elf verbleibenden Fonds relativ bald nachziehen werden.“

Immobilienfonds weiter als die Gesamtheit aller Publikumsfonds

Dellemann weiter: „Die Immobilienfonds sind mit einem Anteil von fast 70 Prozent damit deutlich weiter als die Gesamtheit aller Publikumsfonds. Wie eine aktuelle Auswertung des BVI zeigt, beträgt der Anteil der nachhaltigen Fonds über alle Vehikel 24 Prozent.“

Welche Nachhaltigkeitsziele haben sich die Fonds gesetzt? Dellemann dazu: „In der Regel setzen sich die Gesellschaften Reduktionsziele für die CO2-Emissionen oder den Energieverbrauch. Dafür muss eine Reihe von Daten zur ökologischen Nachhaltigkeit erhoben werden – beispielweise die CO2-Emissionen, der Wasserverbrauch oder das Abfallvolumen, jeweils pro Jahr und Quadratmeter. Ein mögliches Ziel ist dann, den Verbrauch innerhalb einer bestimmten Zeit um einen festgelegten Prozentsatz zu reduzieren. Ein anderes Beispiel ist die Erreichung der Klimaneutralität des Bestands bis zum Jahr 2045.“

Entwicklung bei Spezialfonds ähnlich

Michael Schneider, Geschäftsführer der Intreal, ergänzt: „ESG ist aktuell der größte Trend in der Immobilienfondsbranche. Die ausgeführten Zahlen zeigen, dass der ESG-Zug die Publikumsfonds voll erfasst hat. Im Spezialfonds-Bereich sieht die Entwicklung ähnlich aus. In beiden Segmenten hat sich der Artikel-8-Fonds als Standard etabliert. Unter den offenen Immobilien-Spezialfonds sehen wir bereits erste Impact-Fonds am Markt. Wann und ob es auch unter den offenen Publikumsfonds Impact-Fonds geben wird, ist derzeit für mich noch nicht absehbar. An Impact-Fonds sind hohe Hürden gestellt. Innerhalb der stark regulierten Publikumsfonds mit den strengen Regeln zu Risikostreuung und Leverage ist das meiner Meinung nach nur schwer darstellbar.“

Auf die bislang gemäß Artikel-8 qualifizierten Publikumsfonds warte allerdings bereits die nächste Hürde, sagt Schneider. „Die Fondsanbieter müssen ihre Fonds ab August dieses Jahres als sogenannte Artikel-8-Plus-Fonds klassifizieren. Dies wird notwendig, weil im Rahmen der MiFID-II-Novelle das Thema ESG auch Eingang in den Vertrieb beziehungsweise die Anlageberatung findet. Dazu muss – im Rahmen der Zielmarktbestimmung – geprüft werden, ob die Nachhaltigkeitsziele des Kunden und die Nachhaltigkeitsparameter eines Fondsanteils zusammenpassen.“

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