ESG-Ratings: Standardisierung ist nicht die Lösung

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Malcom McPartlin, Aegon Asset Management

Responsible Investing (RI) gibt es schon seit langer Zeit, wobei die damit verbundenen Herausforderungen und Themen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Eine nachhaltige Revolution durchzieht nun die Gesellschaft in Bezug auf unsere Werte mit entsprechendem Einfluss auf viele Sektoren und Unternehmen.

Im Laufe der Jahre haben Verbraucher, Unternehmen und Regierungen gleichermaßen den Wunsch und den Anspruch entwickelt, mehr für eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft zu tun. Dadurch es ist aber auch schwieriger geworden, die Übersicht zu behalten.

Eine der Herausforderungen, mit denen sich Investoren konfrontiert sehen, sind ESG-Rating-Agenturen, die mit der inhärenten Mehrdeutigkeit, Subjektivität und den unterschiedlichen Überzeugungen im RI-Universum zurechtkommen müssen. ESG hat sich bereits als subjektives Thema erwiesen, da seine Definition in der Branche nicht einheitlich ist. Infolgedessen wird der sehr formelhafte „Einheits-Ansatz“ der Rating-Agenturen zu einem zunehmend stumpfen Instrument angesichts der Komplexität von ESG-Themen.

Widersprüchliche Ergebnisse aufgrund von nicht einheitlicher Methodik

Der Mangel an Kontinuität in den Definitionen oder an konsistenten Daten, die von den Unternehmen für die Analyse bereitgestellt werden, führt in Verbindung mit einem Mangel an einheitlicher Methodik innerhalb der Agenturen zu einem kontraintuitiven Ergebnis, wobei einige Agenturen sogar völlig gegensätzliche Ansichten zu identischen Themen und Fragestellungen haben.

Neben dem Problem der mangelnden Einheitlichkeit der Methodik haben wir das Problem, dass die Agenturen dazu neigen, sich auf Geschäftsmethoden und nicht auf Produkte zu konzentrieren. Dies führt dazu, dass Unternehmen, von denen man normalerweise annimmt, dass sie schlecht für die Umwelt sind, eine höhere Punktzahl erhalten, weil sie ihre Glaubwürdigkeit verschleiern könnten.

Ein Tabakunternehmen kann zum Beispiel sehr gut abschneiden, weil es bewährte Verfahrensweisen in den Bereichen Unternehmensführung, Vielfalt und Integration sowie einen guten Nachhaltigkeitsbericht vorweisen kann. Aber am Ende des Tages ist es immer noch ein Tabakunternehmen.

Umgekehrt kann ein Biotech-Unternehmen, das an einem bahnbrechenden Heilmittel gegen Krebs arbeitet, keinen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen oder nicht über eine ideale Unternehmensführung verfügen und deshalb eine schlechte ESG-Bewertung erhalten. Und genau da liegt das Problem.

Standardisierung: quantitativer Ansatz nicht zielführend

Wir beobachten allmählich eine agenturübergreifende Konsolidierung, und diese Standardisierung kann ein guter Schritt sein. Allerdings werden nicht alle Daten standardisiert werden können. Während sich quantifizierbare Ergebnisse wie Kohlendioxidemissionen und Wasserverbrauch leicht standardisieren lassen, ist es schwieriger, Themen im Zusammenhang mit der Unternehmensführung zu bewerten.

In der gesamten Branche stellen wir fest, dass Ratings von diesem quantitativen Ansatz geleitet werden und sich auf die Daten konzentrieren. Obwohl die von den Rating-Agenturen gesammelten Daten eine großartige Informationsquelle darstellen, geht dieser Ansatz oft am Gesamtbild vorbei, sodass wir mit ihren Schlussfolgerungen sehr vorsichtig sein sollten.

ESG ist schon jetzt eine Art Grauzone, da die Definitionen in der Branche sehr weit gefächert sind. Das hat dazu geführt, dass die Rating-Agenturen bei der Analyse von Unternehmen mehr auf Qualität setzen müssen.

Deutschland als gutes Beispiel

Wir stellen fest, dass Rating-Agenturen in Ländern wie z. B. in Deutschland den Ansatz verfolgen, Fondsmanager und Unternehmen zu befragen, um ihre Philosophie, ihre Prozesse und Überzeugungen kennenzulernen und die Ratings auf diese Ergebnisse zu stützen.

Es besteht nun ein wachsender Bedarf an Rating-Agenturen, die verstehen, was die Unternehmen tun und wie sie es tun, indem sie die Erkenntnisse nutzen, um ein Rating zu erstellen, das auf qualitativen Maßstäben und nicht auf aggregierten Details beruht.

Aufgrund der subjektiven Natur von ESG wird es immer Grauzonen und Debatten geben. Nachhaltigkeit und Governance sind qualitative Themen und werden es auch bleiben. Daher erfasst ein strenger Bottom-up-Ansatz am besten die Nuancen, Produkte und Werte der einzelnen Unternehmen.

Durch die Abschaffung der Konformität und des „Standardcharakters“ von ESG-Ratings kann eine größere Vielfalt von Unternehmen als nachhaltige Vorreiter und Verbesserer in Sachen Nachhaltigkeit hervorstechen. Dies wird letztlich Verbrauchern, Unternehmen und Regierungen gleichermaßen die Möglichkeit geben, in Unternehmen zu investieren, von denen sie glauben, dass sie wirklich etwas bewegen.

Autor Malcolm McPartlin ist Co-Manager des Aegon Global Sustainable Equity Fund bei Aegon Asset Management.

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