„Zentralbank zerstört Vermögenswerte“

Die gestrige Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Leitzinsen auf das historische Rekordtief von 0,15 Prozent zu senken, hat auf den Finanzmärkten ein unterschiedliches Echo hervorgerufen.

EZB-Chef Mario Draghi will mit Strafzins die Banken zu einer verstärkten Kreditvergabe bewegen.

Wolfgang Kuhn, Leiter Europäische Anleihen bei Aberdeen Asset Management, kommentiert die heutige EZB-Ratsentscheidung und Draghis Rede wie folgt: „Die Entscheidung der EZB ist wie erwartet gefallen, aber ein konkreter Effekt auf die Märkte ist nicht zu erwarten, da die Stimmung ohnehin kaum besser sein könnte. Durch die Ankündigung weiterer unkonventioneller Maßnahmen beraubt sich Draghi zudem seines eigenen Handlungsspielraums – die Märkte werden nun spätestens bei der übernächsten Sitzung weitere Maßnahmen erwarten, was – obwohl gegen europäisches Recht – auf den Ankauf von Staatsanleihen hinausläuft.“

Interessen mit mehr Nachdruck vertreten

Es sei dabei erstaunlich, dass die deutschen Interessen nicht mit mehr Nachdruck vertreten werden. Denn: Ein solcher Anleihenkauf würde keinen wesentlichen Unterschied zu den von den Deutschen so sehr gefürchteten Euro-Bonds darstellen.

Allan Valentiner, Vorstand der AMF Capital AG, sieht insbesondere den vorgesehenen Strafzins für Kreditinstitute kritisch, wenn diese ihr Geld bei der Zentralbank parken: „Während es zu erwarten ist, dass die Banken diese Kosten an ihre Kunden weitergeben und es somit für Anleger zunehmend schwierig wird auf ihr Kapital eine angemessene Verzinsung zu erhalten, stellt sich natürlich die Frage, weshalb die EZB zu diesen Maßnahmen greift.“ Zumal viele Analysten vermuteten, dass niedrigere Zinsen nicht unbedingt zu höheren Verleihungen seitens der Banken führen werden.

„Für Anleger steigen mit dem heutigen Tag die Risiken noch weiter an“, sagt Valentiner. Einerseits erzielten die Anleger keine angemessene Rendite mehr, andererseits seien die Renditen auch von Emittenten mit schlechter Bonität fast genauso niedrig, wie diejenige von guter Bonität.

Kräftige Korrektur droht

Auf mittlere Sicht führe das dazu, dass hier mit einer kräftigen Korrektur zu rechnen sei. Von daher gelte es, erstens auf Emittenten zu setzen, deren Bonität sich verbessern wird, und zweitens sollten Anleger bei Ihren Rentenengagements auf eine breite Diversifizierung setzen, um so Risiken zu senken, so Valentiner.

Azad Zangana, Europäischer Volkswirt bei Schroders, hat ebenfalls wenig Verständnis für die Leitzinssenkung: „Wir haben bereits in der Vergangenheit die Leitzinssenkungen missbilligt und tun dies auch jetzt, da wir davon ausgehen, dass die Banken die Kosten durch den Strafzins an die Kunden und Haushalte weiterreichen werden. Entweder indem sie Sparern höhere Gebühren abverlangen oder, und das halten wir für die wahrscheinlichere Variante – Kreditnehmern höhere Zinsen aufbürden.“ Damit würde das eigentliche Ziel der EZB konterkariert.

Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, sieht die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Entscheidung, ihre Niedrigzinspolitik noch zu vertiefen, auf einem gefährlichen Weg.

Seite zwei: Gefährliche Nebenwirkungen

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