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Europa-Aktien: MEGA – „Make Europe Great Again”

weißer Pfeil auf dem Hintergrund der Flagge der Europäischen Union.
Foto: PantherMedia/Paopano
Wie lange läuft die Rallye bei Europa-Aktien noch?

Seit Jahresbeginn liegen europäische Aktien deutlich im Plus, US-Papiere müssen Verluste hinnehmen – dabei hatten lange Zeit die amerikanischen Werte die Nase vorn. Wie kam es zu dieser Trendwende und wie weit kann die Aufholjagd der europäischen Papiere noch gehen?

Jahrelang standen US-Aktien im Fokus der Anleger. Die Performance-Schere zwischen US-amerikanischen und europäischen Titeln öffnete sich immer weiter. Doch seit einigen Monaten wendet sich das Blatt. Einen Teil ihrer Underperformance konnte die europäischen Papiere bereits wettmachen.

Europas Aktien weiter gefragt

Der zuletzt größte Treiber war die 180-Grad-Wende in der deutschen Fiskalpolitik mit neuen Schulden für Infrastruktur und Verteidigung. Anfang März haben sich CDU/CSU und SPD bereits im Rahmen der Sondierungsgespräche auf eine starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben durch eine Lockerung der Schuldenbremse und ein kreditfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur über 500 Milliarden Euro geeinigt. Auch der von der EU angekündigte „Plan zur Wiederaufrüstung Europas“ über 800 Milliarden Euro sorgte für erhebliche Gewinne bei europäischen Aktien. Viele Marktteilnehmer sprechen bereits von „MEGA“ – „Make Europe Great Again“ in Reaktion auf Donald Trumps „Make America Great Again“.


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Doch schon in den Wochen zuvor hat die positive Berichtssaison zum vierten Quartal 2024 die europäischen Börsen beflügelt. Darüber hinaus unterstützten die wachsenden Hoffnungen auf ein Ende des Kriegs in der Ukraine die Aktienmärkte. Der Beginn von Friedensverhandlungen zwischen den USA und Russland ließ die Anleger auf einen Waffenstillstand hoffen. Dies hat auch ausländische Investoren in den europäischen Aktienmarkt gelockt.

Vincenzo Alfano, Union Investment (Foto: Union Investment)

Diese Investoren gehen davon aus, dass europäische Unternehmen am Wiederaufbau der Ukraine beteiligt sein werden. Auch könnte durch ein Ende des Krieges die Risikoprämie auf Energie zurückgehen, was die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Konzerne erhöhen würde. Zuvor hatte der Markteintritt des chinesischen, auf Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierten Start-ups DeepSeek Ende Januar mehr Investitionen in europäische Aktien zur Folge gehabt. Sie wurden als Art „sicherer Hafen“ gesehen. Denn im Technologiesektor wird der Wettbewerb zwischen den USA und China intensiver. Der Markteintritt von DeepSeek hat die Aktienkurse der großen US-Tech-Firmen belastet. Zum Teil wurden diese abgezogenen Gelder dann in Europa investiert.

Positionierung ein Grund für die Rally

Generell ist die Positionierung der großen Investoren ein Grund für die Rally in Europa. Lange Zeit waren Anleger deutlich stärker in den USA investiert. Nach und nach fließen nun mehr Gelder nach Europa, wo Akteure im Vergleich zu den USA aber immer noch unterinvestiert sind.

Mit Blick auf die wirtschaftlichen Aussichten in Europa wirkt die Rally europäischer Aktien erst einmal fehl am Platz. Die Konjunkturaussichten für den sind nicht rosig. Unsere Volkswirte gehen in diesem Jahr gerade einmal von einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 0,8 Prozent aus. Auch Probleme wie eine ungünstige demografische Entwicklung, die mangelnde Innovationskraft vieler Industrien oder die überbordende Bürokratie locken nicht gerade Investoren an. Durch die geplanten Sondervermögen könnten sich die Wachstumsaussichten für Europa aber aufhellen. Die höheren Investitionen in Rüstung und Infrastruktur dürften vor allem das langfristige Wachstum erhöhen.

Weitere moderate Kurszuwächse zu erwarten

Sollten die Milliardenpakete in Deutschland beschlossen werden, würde das deutsche und europäische Aktien weiter unterstützen. Auch von der Positionierungsseite könnte es noch Spielraum geben, hier sind weitere Zuflüsse zu erwarten. Aber insgesamt müssen Anleger beachten, dass die europäischen Aktien schon weit gelaufen sind.

Die entscheidenden Treiber in den kommenden Monaten sind: die deutsche Fiskalpolitik, die Zollpolitik der USA, die natürlich auf die exportorientierten Firmen hierzulande großen Einfluss hat, und die Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg. Die Themen zeigen schon, dass hier viel Schwankungspotenzial enthalten ist. Dennoch erwarten wir, dass Anleger in diesem Jahr weiterhin bei europäischen Aktien zugreifen. Die Bewertungen zwischen dem europäischen und dem US-Aktienmarkt dürften sich annähern. Wir gehen von Kurszuwächsen bei deutschen und europäischen Aktien bis Ende 2025 aus.

Autor Vincenzo Alfano ist Senior Portfolio Manager bei Union Investment.

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