Europas Wachstum profitiert von Trumps Zöllen und US-Rückzug aus Ukraine-Politik 

Steven Bell
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Steven Bell, Columbia Threadneedle

Washington lässt eine politische Initiative nach der anderen verlauten, und jetzt nimmt US-Präsident Trump bei seinen Zöllen Europa ins Visier. Gleichzeitig haben die ukrainischen Friedensverhandlungen zwischen den USA und Russland die europäischen Staats- und Regierungschefs in Aufruhr versetzt. 

Die angedrohten Zölle auf Kolumbien, Mexiko und Kanada wurden bisher zwar noch nicht umgesetzt, für Europa gehen wir jedoch fest von ihrer Einführung aus. Wir rechnen mit Zöllen auf Stahl und Aluminium ab 12. März, die Gegenzölle folgen dann Anfang April. Bleibt es bei der vollen Höhe von 25 Prozent, hätte das zwar bedeutende unmittelbare Auswirkungen – der Handel zwischen den USA und Europa in diesem Bereich ist jedoch nicht sonderlich intensiv. Eine weitere Aufstockung der US-Zölle als Reaktion auf Europas Gegenzölle hätte dagegen viel weitreichendere Folgen. Einige Produktkategorien könnten dann sehr viel stärker betroffen sein. 


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Die Europäische Union (EU) bietet an, einige EU-Zölle, beispielsweise auf Autos, zu senken und mehr Flüssigerdgas und Verteidigungsgüter aus den USA zu kaufen, wenn Trump von seinen Zöllen abrückt. Dies wäre aus makroökonomischer Sicht eine gute Nachricht für beide Seiten, doch es gibt noch keine konkrete Vereinbarung. Das Vereinigte Königreich ist von all dem weniger betroffen, da das Land eine ausgeglichene Handelsbilanz mit den USA hat und der Schwerpunkt auf Dienstleistungen liegt – diese sind nicht von den angedrohten Zöllen betroffen.

Die geopolitische Situation spitzt sich zu

Durch Trumps Herangehensweise an den Krieg in der Ukraine sind die Beziehungen zwischen Washington und der EU derzeit ausgesprochen frostig. Denn der US-Präsident versucht, ein Friedensabkommen direkt mit Putin abzuschließen – und zwar ohne Beteiligung der Ukraine und Europas an den Verhandlungen. Europas politische Entscheidungsträger sind sich uneins und entsetzt über die Aussicht, Russland mit einer Friedenssicherungstruppe ohne US-Unterstützung direkt gegenübertreten zu müssen. Artikel 5 des Nordatlantikpakts könnte dann hinterfragt werden – dieser stellt Europa im Falle eines Angriffs unter den militärischen Schutz der USA. 

Aus makroökonomischer Sicht besteht eine gute Chance, dass dies zu einer Ausweitung der Staatsausgaben in Europa führen wird, da die europäischen Staats- und Regierungschefs gezwungen sein werden, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Um diesen Prozess zu vereinfachen, erwägt Brüssel eine Lockerung der entsprechenden Vorschriften. Wenn in Deutschland die Parteien der politischen Mitte in den bevorstehenden Wahlen eine Zweidrittelmehrheit erlangen, könnte die Schuldenbremse gelockert werden – denn dafür braucht es eine Verfassungsänderung. Angesichts der niedrigen Zinssätze und des schwachen Wirtschaftswachstums wäre eine Lockerung der Fiskalpolitik eine gute Nachricht für die europäische Wirtschaft. Die Finanzpolitik des Vereinigten Königreichs ist dagegen sehr restriktiv, und der Premierminister hat kürzlich erklärt, dass eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht geplant sei.

Energiepreise sinken trotz steigender Unsicherheit

Die Energiepreise wurden durch den Krieg in der Ukraine in die Höhe getrieben, sind in letzter Zeit aber auch aus anderen Gründen gestiegen. Mittelfristig dürften sie jedoch deutlich sinken – unabhängig davon, ob es zu einem Waffenstillstand in der Ukraine kommt oder nicht. Mit seiner Schnellfeuer-Politik kann Donald Trump unter anderem bewirken, dass die Unsicherheit Investitionen und Ausgaben im Allgemeinen bremst. Die Einkaufsmanagerindizes, die im Laufe dieser Woche veröffentlicht werden, könnten hier Aufschluss geben. 

Trotz alledem erholt sich die Wirtschaft in der Eurozone allmählich, und auch weltweit geht es mit der Konjunktur aufwärts. Gleichzeitig geben sinkende Zinssätze Anlass für Optimismus bei Risikoanlagen. In der Tat haben Aktien, insbesondere in Europa, die negativen geopolitischen Nachrichten gut weggesteckt. Wir bevorzugen jedoch nach wie vor den US-Markt, da dort die Unsicherheiten geringer sind.

Autor Steven Bell ist Chefvolkswirt bei Columbia Threadneedle Investments.

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