Kennen Sie „Amaras Gesetz“? Das Gesetz beschreibt einen Hype-Zyklus und besagt: Wir neigen dazu, die kurzfristige Wirkung einer Technologie zu überschätzen und die langfristige Wirkung zu unterschätzen.“ Bingo, willkommen in der KI-Realität. Es ist dabei sehr beruhigend zu wissen, dass es vergleichbare Hypes schon mal gegeben hat und es Ansatzpunkte gibt, was wir aus diesen Ereignissen lernen können. Das Gesetz beschreibt folgende Phasen:
- Technologischer Auslöser: Am Anfang steht oft eine bahnbrechende Innovation, die große Aufmerksamkeit in Fachkreisen erregt. Schnell springen andere auf den Zug auf, um von der Aufbruchsstimmung zu profitieren. Der Start von ChatGPT ist hier klar der technologische Auslöser.
- Gipfel der überzogenen Erwartungen: In der Folge überschlagen sich die Meldungen und schüren eine Euphorie, die nicht selten die realistischen Möglichkeiten übersteigt. Zwar gibt es erste Erfolgsbeispiele, doch die meisten Anwendungen leiden noch unter Anlaufschwierigkeiten. Jeder, der schon mit ChatGPT oder MidJourney gearbeitet hat, kennt diese Phase ganz genau.
- Tal der Enttäuschungen: Die anfängliche Begeisterung weicht der Erkenntnis, dass die Technologie nicht alle Hoffnungen erfüllen kann und rasch an Glanz verliert. Das Medienecho flaut merklich ab. Sind wir nicht gerade in dieser Phase?
- Hin zu einem nüchternen Verständnis: Trotz des nachlassenden Interesses führt eine sachliche Betrachtung zu einem Pfad der Klarheit. Es wächst das Bewusstsein für die tatsächlichen Stärken und Schwächen sowie die konkreten Einsatzmöglichkeiten der neuen Technologie. Genau darum soll sich dieser Artikel drehen.
- Etablierung und nachhaltige Nutzung: Eine Technologie erreicht ein Stadium der Reife, wenn ihr Mehrwert allgemein anerkannt und geschätzt wird. Sie gewinnt an Stabilität und entwickelt sich in optimierter Form stetig weiter. Am Ende werden im Zweifel ein paar große Anbieter übrig bleiben, die sich als Oligopol den Markt aufteilen werden. Es wäre sehr wünschenswert, wenn einer dieser Anbieter in der EU sitzen würde.
Worin sich letztlich alle Experten einig sind: KI-Anwendungen werden die Art, wie wir arbeiten, dramatisch verändern. Wenn wir diese Voraussage ernst nehmen, dann müssen wir uns mit dem Thema KI beschäftigen. Nüchtern. Als Unternehmer. Denn noch ist der Zug für Vermittlerinnen und Vermittler nicht abgefahren.
Aber die Zeit drängt, sich mit den Fragen zu beschäftigen, die auf die Vermittlerbranche zukommen. Also: Wie kann ich KI in und für mein Unternehmen nutzen, so dass ich auch zukünftig die Erwartungen meiner Kunden erfüllen kann und damit ich Kostenvorteile – zum Beispiel durch Automatisierungen – nutzen kann? Letztlich geht es also um Wettbewerbsfähigkeit. Vermittlerinnen und Vermittler müssen als Unternehmer entscheiden, was und in welcher Form sie als Dienstleistung anbieten werden und wie sie die Prozesse in ihrem Vermittlerbüro neu aufstellen werden.
Das ist eine sehr große Aufgabe und erinnert an die erste Digitalisierungswelle, als die Papierberge langsam verschwunden sind. Die Größe dieser Aufgabe und die vielen unbekannten Variablen bei der Durchsetzung von KI in unseren Arbeitsalltag führt dazu, sich bereits jetzt mit diesen Fragen zu beschäftigen.
Zwar wird der vollständige Durchbruch in den Arbeitsalltag noch etwas dauern, aber wenn wir erst mal in der letzten Phase des genannten Amaras Gesetzes sind, kann es zu spät sein. Unternehmer gestalten diese Phasen, bereiten sich auf die nächsten Phasen vor, sammeln Erfahrungen und werden somit nicht überrascht oder gar überrannt.