Finfluencer: Wir brauchen Förderung statt Verbot

Stefan Schmitt
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Stefan Schmitt

Es braucht keine gesonderte wertpapieraufsichtsrechtliche Regelung zu Finfluencern, denn die Vorschriften sind bereits da. Es bedarf schlichtweg einer besseren Durchsetzbarkeit. Gastbeitrag von Stefan Schmitt, Inno Invest

Die Debatte um ein Verbot von Finanz-Influencern in Deutschland ist längst am Kochen. Die Grünen sprechen sich sogar für ein europaweites Werbeverbot für Finanzprodukte in sozialen Medien aus. Und auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) warnt vor unseriösen selbsternannten Finanzexperten. Dazu äußerte sich auch der Medienanwalt Dr. Thomas Fischl in Cash.  

Er sagt zurecht, dass die Finfluencer-Szene großen Einfluss gewinnt. Das ist aus meiner Sicht auch gut so, denn seit dem Phänomen Finfluencer interessieren sich deutlich mehr junge Menschen für die Finanzsysteme. Dies belegen auch die Zahlen: Investierten 2017 noch 905.000 Menschen unter 30 Jahren in Aktien oder Fonds, waren es 2023 bereits 1,68 Millionen. Diese Entwicklung ist längst überfällig und deutlich auf Finfluencer zurückzuführen. Denn diese sind sogar unserem Schulsystem einen Schritt voraus: Obwohl in den letzten Jahren immer wieder der Bedarf nach einem Schulfach „Finanzen“ geäußert wurde, lernen wir in unseren Schulen bis heute kaum etwas darüber. Trotzdem ist die Zahl der jungen Aktionäre in Deutschland auf Rekordniveau.

Finfluencer stellen einen klaren Mehrwert dar. Worum geht es also in dieser Debatte? Kurz gesagt: Finfluencer müssen die rechtlichen Anforderungen des Influencer-Werberechts mit der Finanzmarktregulierung in Einklang bringen. Unproblematisch sind beispielsweise Bewertungen von Wertpapierinstituten, Brokern und Gebührenmodellen, Informationen über die Entwicklung bestimmter Finanzinstrumente und die Erläuterung der eigenen Anlagestrategie. Geht der Inhalt jedoch über die reine Wissensvermittlung hinaus und wird zur Werbung für bestimmte Angebote und Produkte, besteht eine klare Kennzeichnungspflicht. Auf letztere verweist auch Rechtsanwalt Fischl. Er bemängelt aber auch, dass es im deutschen Gesetz wenig „Ausdrückliches“ gäbe. Die bisherigen Regeln des Influencer-Marketings würden vor allem auf Transparenz abzielen.


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Das mag stimmen, aus finanzaufsichtsrechtlicher Perspektive ist das jedoch anders. Denn aus dieser gibt es sehr wohl eine Reihe von Rechten und Pflichten. Etwa wenn der Finfluencer den Kauf ein bestimmtes Finanzinstruments empfiehlt. Abhängig von den Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel einem begrenzten Mitgliederkreis oder Links zum Erwerb, verschwimmen jedoch die Grenzen hin zu einer regulierten Finanzdienstleistung wie Anlagevermittlung oder Anlageberatung. Zu diesem Zeitpunkt werden Aspekte wie Compliance, Rechtskonformität und Haftung relevant. Finfluencer versuchen oft, diesem Problem auszuweichen, indem sie in ihren Beiträgen darauf hinweisen, dass es sich nicht um eine Anlageberatung handelt. Doch ein Disclaimer, dass der Vorschlag nicht verbindlich sei, ändert nichts an der Natur des Vorschlags. Denn das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) bestimmt, dass eine Handlung als Anlageberatung betrachtet wird, wenn sie als solche interpretiert werden könnte. Anders ausgedrückt: Selbst, wenn Beiträge lediglich dazu ermutigen, spezifische Anlagestrategien zu verfolgen, fällt dies unter die gesetzlichen Bestimmungen.

Ein besonderes Problem stellen dabei Empfehlungen zu Indizes, Währungen und Zinssätzen dar. Obwohl sie selbst keine Finanzinstrumente sind, bilden sie die Grundlage für zahlreiche derivative Finanzprodukte. Eine Meinungsäußerung über einen solchen Basiswert kann daher direkte Auswirkungen auf den Kurs der davon abgeleiteten Finanzinstrumente haben.

Diese Regelungen können ein Problem für die Content Creator sein, die in gutem Glauben handeln und ihre Regulierungen nicht kennen. Doch für den Verbraucher gestaltet sich die Situation noch schwieriger: Eine Studie des Swiss Finance Institute zeigt, dass von den weltweit 29.000 untersuchten Finfluencern 56 Prozent als „anti-skilled“ eingestuft werden. Sie sind in ihrem Fachgebiet also unwissend. Das spiegelt sich auch in meinen persönlichen Erfahrungen wider: Ich verfolge etwa 30 der relevanten deutschen Finfluencer, von denen sich ein Großteil in einer sehr dunklen Grauzone bewegen.

Wir brauchen keine neuen Gesetze

Deshalb ist es auch im Interesse der Finfluencer, Lösungen zu finden, von denen alle profitieren. Es braucht dafür jedoch keine gesonderte wertpapieraufsichtsrechtliche Regelung zu Finfluencern, denn die Vorschriften sind bereits da. Es bedarf schlichtweg einer besseren Durchsetzbarkeit durch verschärfte Kontrollen bzw. geänderte Kontrollsysteme. Denn grundsätzlich ist die hohe Informationsdichte und Transparenz über den Finanzmarkt durch Finfluencer zu begrüßen.

Um sich selbst vor Haftungsthemen zu schützen, können allerdings auch Finfluencer selbst aktiv werden, indem sie sich beispielsweise einem Haftungsdach anschließen. Ein solches bietet Regulierung, Compliance und administrative Unterstützung, während der Finfluencer rechtlich unabhängig bleibt. Dies käme allen Beteiligten zugute: Die Verbraucher können sich darauf verlassen, dass der Content seriös ist. Die Bafin ist zufrieden, weil die Compliance die Beiträge dauerhaft überwacht. Und die Finfluencer selbst profitieren, weil sie mit einem Haftungsdach sicher sein können, dass sie nicht für ihre Inhalte haften.

Stefan Schmitt ist Geschäftsführer von Inno Invest.

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