„Aus Sicht des BMJ löst die Einführung einer Elementarschadenpflichtversicherung das Problem der Gefahr für Schäden an Gebäuden und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht. Eine Elementarschadenpflichtversicherung kann den Eintritt von Elementarschadenereignissen nicht verhindern und deren Eintrittswahrscheinlichkeit nicht reduzieren. Sie kann auch den Bau von Wohngebäuden in Risikogebieten nicht unterbinden oder präventive bauliche Schutzmaßnahmen zur Verringerung von Gebäudeschäden ersetzen“, betont Hoh. Eine Versicherungspflicht führe auch – anders als vielfach behauptet – grundsätzlich nicht flächendeckend und unabhängig vom Risikobereich zu niedrigeren Versicherungsprämien. „Sie führt aber zu mehr Bürokratie, da die Einhaltung der Versicherungspflicht kontrolliert werden muss. Diese Kontrolle ist bei vielen Millionen Wohngebäuden in Deutschland und der zur Prüfung notwendigen versicherungsrechtlichen Expertise überaus aufwendig und kostenintensiv.“
Eine Versicherungspflicht wäre nach Einschätzung des Justizministeriums für sehr viele Haushalte außerdem mit drastischen neuen finanziellen Belastungen verbunden. „Ein Versicherungszwang für Elementarschäden würde das Wohnen in ganz Deutschland teurer machen – für Eigentümerinnen und Eigentümer und für Mieterinnen und Mieter. Die Versicherungsbranche schätzt, dass die Kosten je Einfamilienfamilienhaus bei 100 bis 2.000 Euro jährlich liegen würden. Zudem steigen die Beiträge für Wohngebäudeversicherungen derzeit infolge der Inflation und dem noch stärkeren Anstieg des Baupreisindexes, also der Entwicklung des Baupreises. Die Versicherungsbeiträge orientieren sich an diesen Faktoren, um sicherzustellen, dass die drohenden Schäden von der Versicherung auch tatsächlich ersetzt werden können. In 2023 sind die Gesamtbeiträge in der Wohngebäudeversicherung um rund 15 Prozent gestiegen, in 2024 werden sie um weitere rund 7 Prozent ansteigen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rechnet aufgrund der Klimafolgen sogar mit einer Verdoppelung der Versicherungsprämien in den kommenden zehn Jahren“, so Hoh. Die Folgen seien sozial- und wirtschaftspolitisch im aktuellen Umfeld kaum vertretbar. „Eine Versicherungspflicht würde den Wohngebäudeeigentümerinnen und -eigentümern also per Gesetz hohe Kosten aufbürden. Da diese Kosten als Betriebskosten vollständig weitergereicht werden können, ist damit zu rechnen, dass auch die Mieterinnen und Mieter zusätzlich belastet werden. In Zeiten hoher Inflation und hoher krisenbedingter Belastungen der Bürgerinnen und Bürger sind jedoch weitere Belastungen zu vermeiden.“
„Die Versicherungsdichte auf freiwilliger Basis erhöhen“
Es bedarf aus Sicht des Bundesjustizministeriums in erster Linie präventiver Maßnahmen gegen Schäden durch Elementarschadenereignisse, unter anderem im Umwelt-, Wasserhaushalts- und Baurecht. „Diese tragen zugleich dazu bei, Steigerungen der risikobasiert zu ermittelnden Versicherungsprämien zur Absicherung von Wohngebäuden gegen Naturgefahren zu vermeiden und die zukünftige Versicherbarkeit und deren Bezahlbarkeit zu gewährleisten. Im Übrigen können Beratungs- und Aufklärungskampagnen für Elementarversicherungsschutz helfen, die Versicherungsdichte auf freiwilliger Basis zu erhöhen“, erklärt Hoh.
In jedem Fall seien die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Elementarrisiken abzuwarten. „Diese Arbeitsgruppe ist gerade eingerichtet worden, um alle Optionen prüfen, wie die Verbreitung der Elementarschadenversicherung erhöht werden kann inklusive einer Pflichtversicherung. Sie hat ferner zu prüfen, welche Präventionsmaßnahmen zum Beispiel im Bau- und Umweltrecht notwendig sind, um die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden bei Naturereignissen zu reduzieren, und wie finanzielle Risiken für die öffentlichen Haushalte durch Großschadensereignisse beherrschbar gehalten werden können. Dieser Auftrag des Bundeskanzlers und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder aus dem Juni des vergangenen Jahres, der nach der Entschließung des Bundesrates aus März 2023 erteilt wurde, gilt.“ Dem Bundesrat bleibe es im Übrigen unbenommen, mit seinem Initiativrecht eine eigene Gesetzesvorlage beim Bundestag einzubringen.