„Nach unserer aktuellen Hochrechnung werden die Beitragseinnahmen auf rund 33,6 Milliarden Euro steigen – aber die Versicherer zwischen 34,9 und 35,6 Milliarden Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben müssen“, erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen in dieser Woche. Grund für die schlechten Zahlen seien die seit Jahren steigenden Reparaturkosten.
Wie sich die aktuelle Situation auf die Prämien der Kfz-Versicherung auswirken wird, sei eine unternehmensindividuelle Entscheidung jedes einzelnen Versicherers und nicht Sache des Verbandes, betonte Asmussen. Aber es gebe nun einmal auch einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Schäden und den Beiträgen für eine Kfz-Versicherung. Zudem erwarte auch die Versicherungsaufsicht Bafin von den Kfz-Versicherern, die Schadeninflation bei der Kalkulation ihrer Prämien angemessen zu berücksichtigen.
Die großen Kfz-Versicherer halten sich mit Blick auf mögliche Prämienerhöhungen bedeckt. „Die Ertragsseite unseres Kfz-Geschäftes war 2023 nicht zufriedenstellend, der Grund hierfür ist eine neue Schadenrealität historischer Dimension, die vor allem durch eine extreme Teuerung der durchschnittlichen Schäden charakterisiert ist“, erklärt die Huk-Coburg gegenüber Cash. „Wir haben getan, was branchenweit geboten war, und haben im vergangenen Jahr die Preise angepasst. Gleichzeitig haben wir unsere Schadenreserve gestärkt.“ Bereits 2022 seien 90 Millionen Euro in die Schadenreserve für Personenschäden zugeführt worden. Im vergangenen Jahr seien noch einmal über 100 Millionen Euro hinzugekommen. „Wir sind überzeugt, dass die Huk-Coburg bereits einen großen Teil des Weges zu einer ausgeglichenen Combined Ratio gegangen ist. Dennoch werden sowohl die Branche als auch wir 2024 und vielleicht auch 2025 eine nennenswerte Combined Ratio melden müssen.“
Auch bei der Allianz führt der deutliche Anstieg der Kosten für Ersatzteile und Reparaturen zu einer Erhöhung des Schadenaufwands. „Die notwendigen Beitragsanpassungen werden darum auch tendenziell höher ausfallen als in der Vergangenheit“, teilt das Unternehmen mit. Flächendeckende Prämienerhöhungen für alle Kfz-Kunden gebe es aber nicht. Auch aus kartellrechtlichen Gründen werde man sich nicht weiter zu aktuellen Beitragsänderungen oder Prämiensteigerungen in der Kfz-Versicherung äußern. Aus vergleichbaren Gründen will auch die Axa keine Auskünfte zu Beitragsentwicklungen in der Zukunft geben.
Als „zweifellos angespannt“ bezeichnet Melanie Freund-Reupert, Geschäftsführerin des Analysehauses Ascore, die Situation in der Kfz-Versicherung – insbesondere in der Fahrzeugkaskoversicherung – und verweist auf die GDV-Zahlen zur Combined Ratio. Die Gründe für diese Entwicklung seien vielfältig und komplex: „Neben der Zunahme von Naturgefahren – wie man am Beispiel der beiden schweren Sommerunwetter ‚Kay‘ und ‚Lambert‘ im letzten Jahr sehen konnte – spielen vor allem die gestiegenen Werkstatt- und Ersatzteilkosten eine entscheidende Rolle.“ Die fortschreitende Technisierung der Fahrzeuge führe zu deutlich höheren Schadenssummen im Falle eines Unfalls.
„Die eng miteinander verwobene Sicherheits- und Assistenztechnik bedingt nicht nur einen höheren Arbeitsaufwand bei Reparaturen, sondern auch den Einsatz teurerer Technik in den Werkstätten für Mess- und Prüfgeräte. Hinzu kommen die nach wie vor bestehenden Lieferengpässe, die zu längeren Standzeiten der Fahrzeuge in den Werkstätten führen. Insbesondere letzterer Punkt belastet die Versicherer erheblich, da für jeden Tag des Nutzungsausfalls Entschädigungen gezahlt werden müssen“, so Freund-Reupert. Angesichts dieser Entwicklungen gehe sie davon aus, dass auch in den kommenden Jahren mit weiteren Preisanstiegen in der Kfz-Versicherung zu rechnen ist.