Ein verbindliches und ausnahmsloses Provisionsverbot in ganz Europa kann laut Klein nur im Wege einer Änderung der Basisregelungen in der MIFID II und der IDD erfolgen. „Zwar sehen beide Richtlinien vor, dass die EU-Kommission die Befugnis hat, sogenannte delegierte Rechtsakte in der Form von unmittelbar in der EU geltenden Verordnungen zu erlassen. Dies gilt jedoch nur für die Konkretisierung der Richtlinien in ihrer derzeitigen Ausgestaltung und ist keine Befugnis zur Veränderung der Richtlinien“, erläutert er.
Eine solche Veränderung bedürfe daher immer einer Neufassung der Richtlinien. „Eine EU-Richtlinie wird im sogenannten Trilog-Verfahren verabschiedet, das heißt es gibt einen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, welcher sodann in der ersten Lesung im Europäischen Parlament beraten wird. Erhält das Gesetz dort mit eventuellen Änderungen eine mehrheitliche Zustimmung, wird es an den EU-Ministerrat übermittelt, also die Vertreterinnen und Vertreter der Regierungen der Mitgliedsstaaten. Erst wenn diese mit der notwendigen qualifizierten Mehrheit zustimmen, gilt das Gesetz als verabschiedet“, erklärt Klein.
„Sollte es zu einer Verabschiedung von Neufassungen der EU-Richtlinien MiFID II und IDD kommen und die Neufassung erteilt den Mitgliedsstaaten zwingende Vorgaben für ein Provisionsverbot, müssen diese vollständig in nationales Recht umgesetzt werden“, so Klein weiter. Die Umsetzungsfrist betrage üblicherweise zwei Jahre nach der Veröffentlichung der entsprechenden EU-Richtlinie im europäischen Gesetzblatt. „Bei der Umsetzung von Richtlinien gibt es tatsächlich einen Ermessungsspielraum. Da wir jedoch insbesondere im Bereich der Anlagevermittlung bereits ein eingeschränktes Provisionsverbot haben und von der EU-Kommission ein strenges Provisionsverbot in Erwägung gezogen wird, wäre bei einem solchen strengen Provisionsverbot eine Auslegung, die Ausnahmen vorsieht, nicht zu erwarten und tatsächlich auch nicht möglich, da die Richtlinienvorgaben insoweit den Mindeststandard vorgeben. Eine Verzögerung bei der Umsetzung von europäischen Richtlinien kann zu Staatshaftungsansprüchen der betroffenen Verbraucher führen.“
Klein geht allerdings weiterhin nicht davon aus, dass ein Provisionsverbot in der EU eine Mehrheit erhält.