Experte: Goldpreis eher von Zinspolitik abhängig als von Krisen

Goldbarren
Foto: PantherMedia/ scanrail
Angesichts der Preisentwicklung sei das Goldangebot 2023 im dritten Quartal im Jahresvergleich um sechs Prozent gestiegen, erläuterte Tetzlaff.

Obwohl Gold in Krisenzeiten als sicherer Hafen gilt, haben Kriege wie in der Ukraine und in Israel nach Auskunft eines Branchenexperten weniger Einfluss auf die Preisentwicklung als beispielsweise die Geldpolitik von Notenbanken.

Kriege oder Krisen ließen die Nachfrage nach Gold nur kurz- bis mittelfristig steigen, erklärte York Tetzlaff, Geschäftsführer des Branchenverbandes Fachvereinigung Edelmetalle in Pforzheim. „Langfristig sind es eher andere Faktoren, die den Goldpreis bestimmen, wie die Nachfrage nach Gold in den Bereichen Schmuck und Industrie sowie von Investoren und Nationalbanken.“ Hinzu kämen die Wechselkurs- und Zinsentwicklungen.

„Generell gilt aber: Über die vergangenen Jahrzehnte hat das Edelmetall in Phasen der geopolitischen Instabilität seine Rolle zur langfristigen Wertspeicherung nachweisbar erfüllt“, teilte Tetzlaff mit. Bei 2135 US-Dollar beziehungsweise 1950 Euro pro Feinunze hatte der Goldpreis Anfang Dezember einen Höchststand erreicht. Mit 800 Tonnen Gold habe die Nachfrage der Notenbanken im bisherigen Jahresverlauf einen neuen Rekord erreichte, erläuterte der Experte unter Bezug auf Zahlen des World Gold Councils.

Preisentwicklung hängt von Zins- und Industriepolitik ab

Sollte die US-Notenbank Federal Reserve im kommenden Jahr Zinssenkungen vornehmen, dürfte das nach seiner Einschätzung den Goldpreis antreiben. Zinssenkungen machten zinslose Anlagen attraktiver und schwächten zusätzlich den Wert des Dollars, in dem Gold gehandelt wird. „Dabei sollten Anleger aber nicht nur den Goldpreis im Blick haben, sondern auch beachten, dass der Kauf von Gold mit einem gewissen Währungsrisiko durch den US-Dollar einhergeht“, so der Experte.
„Die weiterhin starke Schmucknachfrage in asiatischen Ländern wie Indien könnte den Goldpreis zusätzlich hochhalten“, erklärte Tetzlaff. Hinzu komme die Nachfrage vieler Privatanleger – auch in Deutschland – vor dem Hintergrund der sich mittlerweile überlappenden Krisen. „Als Rohstoff ist Gold ein knappes Gut und eignet sich somit als stabilisierendes Element in einem Anlageportfolio, um das Gesamtrisiko zu senken.“ Das Edelmetall erfülle diese Wertaufbewahrungsfunktion zuverlässig schon seit Jahrhunderten.

Die Nachfrage steige zudem, weil Gold wie auch andere Edelmetalle in der Industrie für Leiterplatten und Katalysatoren dringend gebraucht wird. „Die Entwicklung der globalen Automobilproduktion und steigende Umweltauflagen könnte daher den Wert dieser Edelmetalle in Zukunft stark beeinflussen“, so Tetzlaff. Darüber hinaus nehme Palladium als Speichermedium für Wasserstoff eine Schlüsselrolle in dieser zukunftsträchtigen Branche ein. „Deshalb ist zumindest mittelfristig damit zu rechnen, dass auch dieses Edelmetall von weiter stärker steigenden Kursen profitiert.“
Als Investment sei hochwertiger Schmuck wegen des Aufpreises durch die Anfertigung zwar weniger geeignet als Goldmünzen oder -barren, sagte Tetzlaff der Deutschen Presse-Agentur. „Dafür kann ein besonders schönes Schmuckstück aber mit einem emotionalen Wert aufwarten, der für den Einzelnen um ein Vielfaches über dem materiellen Wert liegt. Denn Gold ist selten.“

Steigt der Goldpreis, wird mehr Altgold verkauft

Angesichts der Preisentwicklung sei das Goldangebot 2023 im dritten Quartal im Jahresvergleich um sechs Prozent gestiegen, erläuterte Tetzlaff. Besonders in Asien hätten viele private Goldbesitzer das Edelmetall verkauft. „Dadurch nahm auch das Gold-Recycling zu.“
Während sich der Anteil des Recyclings am Gesamtangebot von Gold in den vergangenen Jahren bei rund 25 Prozent eingependelt hatte, schnellte er den Angaben zufolge im ersten Halbjahr 2023 auf 35 Prozent. „Ob sich diese Entwicklung auch in der zweiten Jahreshälfte und in den nächsten Jahren fortsetzen wird, bleibt abzuwarten.“

Die deutsche Edelmetallindustrie sei prozentual gesehen sogar Recycling-Weltmeister. „Nahezu das gesamte in Deutschland produzierte Gold kommt bis auf Beiprodukte aus der Kupferproduktion aus dem Recycling von Altgold oder Elektronikschrotten“, berichtete Tetzlaff. In einer Tonne ausrangierter Smartphones steckten 250 Gramm Feingold.

Scheideanstalten entfernen demnach Verunreinigungen oder Fremdmetalle aus dem Altgold. Dabei gebe es keinen Qualitätsverlust und der Prozess sei sehr viel weniger energieaufwendig als Goldabbau in Minen.(dpa-AFX)

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments