Der Ölpreis hat sich seit seinem Tief im Dezember 2008 zuletzt auf rund 60 US-Dollar nahezu wieder verdoppelt. Bei der Einschätzung der weiteren Entwicklung gehen die meisten Experten konform. Demnach zeigt die Preistendenz aufgrund der anhaltenden Rezession zunächst nach unten, mittel- bis langfristig allerdings steil nach oben.
Postbank-Research: Nachfrage weiterhin schwach
Nach Ansicht der Research-Abteilung der Bonner Postbank steht der Preisschub der letzten Wochen auf fragwürdigem Fundament. ?Die globale Ölnachfrage ist nach wie vor schwach, und die freien Förderkapazitäten sind ebenso wie die Öllagerbestände auf hohem Niveau?, schreiben die Experten in einem aktuellen Marktkommentar.
Mit einer nachhaltig festeren Tendenz des Ölpreises rechnen die Volkswirte des Geldhauses deshalb erst auf Jahressicht, wenn angesichts einer lebhafteren Konjunkturentwicklung wieder die Ölangebotsseite und damit Ängste über künftige Ölknappheit in den Vordergrund rücken. Auf Sicht von zwölf Monaten erwartet die Postbank einen Preis von 65 US-Dollar je Fass – mit Tendenz nach oben.
Threadneedle: Fundamentaldaten zeigen nach unten
Steve Thornber, der das Researchteam für den globalen Ölsektor bei der britischen Fondsgesellschaft Threadneedle leitet, bewertet die Lage ähnlich: ?Der Preisanstieg scheint weniger auf die Fundamentaldaten zurückzuführen zu sein, die nach wie vor schwach sind, als vielmehr auf einen gestiegenen Risikoappetit bei Investoren.?
Seiner Einschätzung nach hängt der zukünftige Verlauf des Ölpreises wesentlich vom Timing und der Geschwindigkeit einer wirtschaftlichen Erholung ab. Sobald die aktuell hohen Ölbestände aufgebraucht sind, werde die Industrie wieder Schwierigkeiten haben selbst mäßige Nachfrageanstiege zu befriedigen.
IEA: Preise steigen mit dem Wirtschaftsaufschwung
Damit folgt der Threadneedle-Ökonom weitgehend dem Ausblick der internationalen Energieagentur (IEA). Die Einrichtung warnt in ihrer aktuellen Analyse bereits vor einem erneuten Ölpreisschock.
Zwar werde sich die Nachfrage rezessionsbedingt kurzfristig weiter abschwächen. Doch in den kommenden Monaten und Jahren könnten Investitionsstopps die Preise auf neue Rekordhöhen treiben, schreiben die Ölexperten in ihrem Bericht. Je schneller sich die Weltwirtschaft erhole, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Preisrallye. (hb)