
Robertson: Aus Sicht der Kundinnen und Kunden steht nicht das Anlageinstrument im Vordergrund, sondern die tatsächliche Kapitalanlage. Vor diesem Hintergrund hat Allianz Leben für ihre beiden Produktlinien als Anlageinstrument jeweils eine Versicherung gewählt: so können wir Kundinnen und Kunden Zugang zu bereits existierenden, breit diversifizierten und „atmenden“ Portfolios bieten. Neben dem bereits beschriebenen Multi Asset-Ansatz der PrivateFinancePolice („Zugang zu über 10.000 Investments“) erhalten Endkunden über die PrivateMarketPolice Zugang zu einzelnen Anlagestrategien. Mit einer Entscheidung für die PrivateEquityStrategy, erfolgt ab dem ersten Bewertungsstichtag ein direkter Zugang zu über 500 Private Equity Fonds, die in über 3.700 Unternehmen investiert sind. Dieses Portfolio ist geografisch und sektoral breit gestreut und wurde von Allianz Leben über den gesamten Konjunkturzyklus über verschiedene Jahrgänge hinweg kontinuierlich aufgebaut.
Sehen Sie die vielen neuen ELTIFs als Wettbewerber positiv oder negativ?
Robertson: Wettbewerb belebt das Geschäft. Vor über fünf Jahren gehörten wir mit der PrivateFinancePolice zu den Ersten, die das Thema Alternative Anlagen für Endkunden angesprochen haben. Jetzt bekommt es durch die ELTIFs und weitere Angebote noch einmal mehr Aufmerksamkeit.
Auel: Das kann ich bestätigen. Früher mussten wir zum Beispiel auf dem Fondskongress regelmäßig erklären, was Private Equity ist. Dieses Jahr habe ich die Frage kaum gehört, sondern eher: Was ist der Unterschied zwischen Euch und beispielsweise Neuberger Berman, Allianz oder BlackRock?
Sind semi-liquide und Evergreen-ELTIFs mehr Sachwert- oder mehr Investmentprodukte und welche Assetklassen stehen im Vordergrund?
Vathje: Evergreen-ELTIFs sind hybrid. Auf der einen Seite gleichen sie liquiden Wertpapierfonds in Bezug auf Depotfähigkeit und Transparenz. Auf der anderen Seite ermöglichen sie Zugang zu Privatmarktanlagen, haben teilweise Mindesthaltefristen und bieten regelmäßig, häufig quartierlich, Rückgabeoptionen unter der Berücksichtigung von Kündigungsfristen und gegebenenfalls Rückgabebeschränkungen.
El Mallouki: In der bisherigen AIF-Branche sind 70 bis 80 Prozent des Absatzes bei Privatanlegern Real-Estate-Produkte. Große Asset-Manager hatten mit Real Estate-Produkten die eine oder andere Herausforderung seit zwei Jahren. Ich sehe aktuell nicht, dass sich das jetzt fundamental ändert und viele Immobilien-ELTIFs aufgelegt würden. Der Trend geht mehr zum Bereich Private Equity. Auch die Infrastrukturprodukte im ELTIF-Mantel sind eher Infrastruktur-Equity. Da geht es also eher um Private Equity, aber mit Infrastruktur-Fokus.
Auel: Das Entscheidende ist nicht der Mantel des ELTIF, sondern das, was drin ist. Auch Private Equity zum Beispiel ist nicht gleich Private Equity. Es gibt beispielsweise Direkt-, Co-Investments oder Dachfonds. Und es gibt offene, semi-offene, geschlossene Fonds. Auch diese Punkte entscheiden, wie ein einzelner ELTIF einsortiert werden kann. Das lässt sich nicht pauschal sagen.
Robertson: Gerade wegen der geringen Korrelation von Alternativen Anlagen gegenüber den handelbaren Anlagen wie Aktien und Anleihen hat die Industrie hier jetzt eine riesige Chance, das Thema Portfolio-Building im Beratungsprozess weiter zu verankern. Die alten „Pantoffel-Portfolien“ mit zum Beispiel 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen haben ausgedient. Mit den Alternativen Anlagen kommt nun das dritte A hinzu. Doppel A- werden damit zu Triple A-Portfolien: Aktien, Anleihen und eben Alternative Anlagen. Die Beimischung erlaubt Portfolien damit höheren Renditechancen bei gleichen Schwankungsrisiken oder mit niedrigeren Schwankungsrisiken gleiche Renditechancen.

Wie passen langfristige Sachwert- oder Private-Equity-Investitionen mit kurzfristigen Kündigungsmöglichkeiten zusammen?
Binder: Auch semi-liquide ELTIFs und Evergreens sind langfristige Investments. Den Anlegenden muss klar sein, dass sie zwar grundsätzlich mit etwas Vorlauf kündigen können, dies aber unter Umständen eingeschränkt werden kann und sie dann länger gebunden sind. Hier sind alle Anbieter und Akteure gefordert, den Vertrieb so zu gestalten, dass den Anlegenden klar ist, wo die Risiken und Charakteristika liegen und wie die Liquiditätsmechanismen sind. Diese Education ist aus meiner Sicht entscheidend.
Vathje: Das Gating, also eine Obergrenze der maximal pro Rückgabetermin zurückgenommenen Fondsanteile bezogen auf das ausstehende Fondsvolumen, ist ein wichtiger Anlegerschutzmechanismus. Sollten zu viele Investoren auf einmal ihre Fondsanteile veräußern wollen, so dass ein Gating ausgelöst wird, werden die Fondsanteile anteilig ausgeführt, damit die Investments des Fonds nicht unter Wert verkauft werden müssen.
Binder: Eine frühe Kündigungsmöglichkeit ist oft auch nicht sinnvoll, zum Beispiel bei Private Equity. Ich vergleiche das gerne mit der Investition in ein sanierungsbedürftiges Haus. Es wird in den wenigsten Fällen zum Erfolg führen, das Haus zu verkaufen oder den Wert bestimmen zu lassen, wenn gerade erst die Abrissarbeiten stattgefunden haben und nur der Rohbau oder eine Baugrube vorhanden ist. Der Erfolg der Investition zeigt sich erst, wenn die Sanierung abgeschlossen ist. Das ist bei Private-Equity-Investments ähnlich.