Er investiert also nicht primär in Solar- oder Windkraftwerke, die eine deutliche geringere Renditeerwartung haben?
Weber: Der Fonds orientiert sich an vier Megatrends: Digitalisierung, Demografischer Wandel und Urbanisierung, aber auch Dekarbonisierung und Energiewende sowie Klimawandel. Solar und Wind können dabei zwar eine Rolle spielen, aber eher eine untergeordnete. Es gibt Segmente im Infrastrukturbereich, die aus Renditegesichtspunkten derzeit deutlich attraktiver sind. Als Beispiele möchte ich Themen wie Glasfasernetze, Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Glasfasernetze oder Smart-Metering für Wassernetze nennen. Aber auch die Koppelung von „Waste to Energy“, also Energieerzeugung aus Abfall, mit Fernwärmenetzen kann ein interessantes Thema sein.
Tavakolian: Ladestationen sind auch für unseren Fonds eines der großen Themen. In unserem Basisinformationsblatt geben wir an, dass im Falle eines moderaten bis vorteilhaften Szenarios insgesamt das 1,7- bis 2,2-Fache des eingezahlten Kapitals ausgeschüttet werden sollte. Auf Basis unseres Track Records und des makroökonomischen Rückenwinds erscheint dies uns als realistische Zielsetzung.
Stichwort Fonds-Standort: Warum Deutschland, warum Luxemburg?
Auel: Wir arbeiten seit Jahren sehr gut und eng mit der BaFin zusammen. Wir haben keinerlei Probleme mit der Aufsicht im Publikums-AIF-Bereich. Im Gegenteil: Wir sind sehr positiv angetan und wollen auch deshalb den ELTIF bei der BaFin in unserem Heimatmarkt registrieren.
Weber: Auch wir haben unsere geschlossenen Publikums-AIF selbstverständlich bisher über die BaFin genehmigen lassen und können nur Positives berichten. An dieser Stelle muss man tatsächlich eine Lanze für die BaFin brechen, die ja auch viel Kritik einstecken muss. Aber Patrizia hat bereits seit längerem institutionelle Produkte in Luxemburg aufgelegt und die CSSF hat bereits umfangreiche Erfahrungen mit ELTIF. Bei unserem Fonds arbeiten wir zudem mit Universal als externe KVG zusammen, die schon viele Luxemburger Fonds aufgelegt hat.
Tavakolian: Unser ELTIF wurde ebenfalls nach Luxemburger Recht aufgelegt. Dort hat Oddo BHF AM durch eine Vielzahl von Investmentfonds umfangreiche Erfahrung. Vor allem durch die Historie der BHF Bank in Frankfurt gibt es auch in Deutschland entsprechende Erfahrungen und dort angesiedelte Fonds. Aber wir möchten den ELTIF nicht nur in Deutschland vertreiben, sondern international. Luxemburg ist dafür der ideale Standort.
Welche Anlegerzielgruppen haben Sie im Auge?
Tavakolian: Unsere Zielgruppe sind klassische Privatanleger. Das drückt sich auch in der Mindestinvestition von lediglich 1.000 Euro aus, wobei eine sinnvolle Größe sicherlich eher bei 10.000 Euro beginnt. Wir sprechen die Privatkunden nicht direkt an, sondern müssen über die unterschiedlichen Vertriebswege gehen. Das wird Zeit brauchen, aber wir sind sicher, dass es uns gelingt unsere Vertriebspartner für unsere Strategie, die Anlageklasse Private Equity und das Anlagevehikel ELTIF zu begeistern.
Die anfängliche Euphorie, die vor allem in Teilen des Vertriebs beim Stichwort „ELTIF 2.0“ spürbar war, scheint etwas zurückgegangen zu sein. Wie sind die Rückmeldungen auf den ersten Fonds beziehungsweise die konkreten Planungen?
Tavakolian: Wir erhalten keine Rückmeldungen direkt von Anlegern, sondern nur von unseren Vertriebspartnern. Hier ist das Interesse sehr groß. Außer über Banken planen wir den Fonds auch über IFAs (Independent Financial Advisors), anzubieten, also in Deutschland über Finanzdienstleister mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung. Es muss uns gelingen, den Fonds auf den großen Plattformen unterzubringen. Das hat den Sommer über Zeit in Anspruch genommen. Wir sind zuversichtlich, das Produkt über diese Vertriebskanäle in den Markt zu bringen. Wir sind langfristig orientiert und daher wird es vielleicht ein oder zwei Jahre dauern, bis wir eine Einschätzung abgeben können, wie das Produkt bei den Anlegern ankommt.
Auel: Mit dem Feeder-Vehikel gehen wir ab 5.000 Euro unsere klassischen Vertriebswege an, also in erster Linie auch den 34f-Vertrieb. Wir gehen aber nicht davon aus, dass es einen ELTIF-Boom im klassischen 34f2-Bereich geben wird. Denn wir haben ja die Publikums-AIFs, die bereits gut funktionieren und die gut bekannt sind. Die Besonderheit bei unserem ELTIF ist, dass die Regulatorik im Vergleich zu unseren International Publikums-AIFs vorgibt, den Anlagefokus auf AIFs mit Sitz in der EU zu legen. Was die Mindestanlagesumme angeht: Wir hatten auch schon Publikums-AIFs mit 2.500 Euro oder Raten ab 25 Euro im Monat, haben dabei aber festgestellt, dass das weniger nachgefragt wird. Wir ermöglichen die Beteiligung daher ab 5.000 Euro, der Großteil unserer Kunden investiert allerdings deutlich mehr. Die Durchschnittsbeträge liegen bei uns deutlich nördlich von 20.000 Euro.
Weber: Wir wollen dem langfristig orientierten Privatanleger einen einfachen Zugang zu Sachwertinvestments schaffen. Deshalb wird es bei unserem ELTIF keine Mindestbeteiligung geben, es werden auch Sparpläne ab 100 Euro im Monat möglich sein. Daneben wird es weitere Anteilsklassen geben, die für andere Kundengruppen interessant sind, etwa für Vermögensverwalter und Family Offices.
Dürfen Finanzdienstleister mit 34f-Zulassung auch offene ELTIF vermitteln?
Weber: Ja. Die BaFin hat FAQ zu ELTIF veröffentlicht. Darin gibt es die klare Aussage: Wer geschlossene AIF vertreiben darf, darf auch geschlossene ELTIF vertreiben, und wer offene AIF vertreiben darf, darf auch offene ELTIF vertreiben. Das ist auch folgerichtig, denn ein ELTIF ist schließlich auch ein AIF. Er ist entweder ein offener oder ein geschlossener AIF nach dem deutschen KAGB. ELTIF ist lediglich ein zusätzlicher regulatorischer Rahmen.
Auel: Das ist sehr wichtig, weil sehr viele Vertriebspartner glauben, dass da ein gänzlich neues Fondskonstrukt kommt. Aber wie Herr Weber richtig sagt, ist ein ELTIF einfach ein AIF, der bestimmte zusätzliche Regeln einhält. ELTIF ist also kein Umsturz und bringt auch keine große Revolution. Er ist mehr eine Evolution. Daher möchte ich auch betonen, dass diese Anlageklasse natürlich schon vor dem ELTIF auch für Privatanleger zugänglich war. RWB investiert seit 25 Jahren über Dachfonds in Private Equity und hat seit 1999 insgesamt weit über zwei Milliarden Euro bei Privatanlegern platziert.
Wie sehen Sie die Zukunft von ELTIFs – generell und in Ihren Häusern, auch in Bezug auf weitere ELTIF-Konzepte?
Auel: Ich finde es gut, dass das Thema so viel Aufmerksamkeit bekommt. Das steigert generell die Aufmerksamkeit für unsere Asset-Klassen, ob Private Equity, Immobilien oder Infrastruktur. Wir begrüßen das sehr und sind zuversichtlich, dass wir mit dem ELTIF zunächst nach Österreich zurückzukehren und dort wieder durchstarten können. Sobald wir die technischen und infrastrukturellen Herausforderungen speziell in der Bankenwelt gelöst haben, werden wir auch in Deutschland und sukzessive in Europa neues Umsatzpotenzial erschließen. Wir planen den ELTIF als durchgängiges Produkt. Neben unserer International-Serie wird es das zweite Standardprodukt sein, das wir durchgängig im Vertrieb haben wollen. Das heißt, dass wir nach der Schließung eines Fonds nahtlos den nächsten auf den Markt bringen.
Weber: Mit der Diskussion um ELTIF tritt der Begriff „Private Markets“ in den Vordergrund. Er umfasst alles, was nicht börsennotiert ist. Das schließt Private Equity genauso ein wie Infrastruktur-Investments. Auf der anderen Seite taucht „Private“ auch im Begriff „Private Capital“ auf. Viele Anbieter, die vorher aufs institutionelle Geschäft fokussiert waren, haben jetzt erkannt, dass auch Privatpersonen viel Geld zu investieren haben. Und genau das tun wir. Wir machen diese nicht öffentlich notierten Märkte für Privatpersonen zugänglich. Ich bin überzeugt, dass beide Themen derzeit eine verstärkte öffentliche Wahrnehmung erfahren werden, auch wenn man dies vielleicht nicht als Hype oder Euphorie bezeichnen kann. Unser ELTIF startet im vierten Quartal, sofern alles nach Plan verläuft. Sicherlich werden wir auch darüber nachdenken, in unserer angestammten Assetklasse, also Immobilien, einen ELTIF aufzulegen, aber konkret auf der Tagesordnung steht das noch nicht. Wir werden aber auch weiterhin parallel AIFs anbieten und halten immer ausschau nach konkreten Ansätzen. Value-Add in der Assetklasse Wohnen könnte auch hier ein spannendes Thema sein.
Tavakolian: Das Angebot, das wir jetzt insbesondere außerhalb Frankreichs auf den Markt bringen, ist unser erster Fonds in dieser Anlageklasse für Privatkunden. Das ist uns sehr wichtig, denn ein immer größerer Teil der Wertschöpfung findet auf diesen privaten Märkten statt. Der Investitionsbedarf insbesondere in Bezug auf die Energie-Infrastruktur ist sehr hoch und wir bringen über den ELTIF Anlage- und Kapitalbedarf zusammen. Wir konzentrieren uns zunächst darauf, dieses Vehikel zu etablieren und haben derzeit keine weiteren konkreten Produkte in der Pipeline. Generell sehe ich keinen ELTIF-Hype am Markt, aber ein Interesse an den Möglichkeiten. Der ELTIF wird sich etablieren, keine Frage, aber es braucht Zeit.
Dieser Artikel ist Teil des EXTRA ELTIF 2.0. Alle Artikel des EXTRA finden Sie hier.