Starinvestor Warren Buffett hat unlängst seine Abneigung gegenüber Gold als Anlage erneut publik gemacht. Seine Kritik, Gold sei zu unproduktiv und lediglich eine Wette auf die Angst. Hat er Recht?
Kroll: Absolut, ich gebe ihm völlig Recht. Es ist ziemlich feige, in Gold zu investieren. Es nützt niemandem etwas, Sie schaffen damit keine Arbeitsplätze, Sie produzieren keine Energie. Im Gegenteil: Gold schafft oft sogar Umweltprobleme. Es ist ein sehr egoistisches Investment. Man macht es nur zu seinem eigenen Schutz. Und feige ist es aus dem Gund, weil man investiert, wie es auch die Zentralbanken tun. Das heißt, man kann damit letztendlich nichts verkehrt machen.
Behr: Ja, eigentlich hat er recht. Gold hat immer etwas mit Ängsten zu tun. Immer dann, wenn die Ängste bei den Kunden am größten sind, haben wir das meiste Geschäft. Es ist aber eine Anlageklasse, die einfach zu jedem Portfolio gehört, ob sie nun mit Angst hinterlegt ist oder nicht. Und es gibt ja auch andere Gründe als Angst.
Friedrichsen: Ich sehe Gold eher als Teil meiner Vermögensdiversifikation. In bestimmten Situationen kann ein Faktor Angst auch dazukommen, der von unserer Social-Media-Internet-Welt gehypt wird. Dann kann jemand, der nicht so stabil ist, aus Angst vielleicht seinen Anteil an Edelmetallen etwas erhöhen, was aber vielleicht auch gar nicht dramatisch ist. Warren Buffett will mit solchen Aussagen vermutlich auch etwas erreichen.
Neumann: Es gibt unterschiedliche Positionen beim Thema Gold. Einige sehen Gold wie Buffett, andere halten die Assetklasse Edelmetall für einen wichtigen Bestandteil in einer Anlagestrategie. Letzteres vertreten wir und nicht nur weil sich Gold in Krisenzeiten ständig bewährt hat, sondern weil sich Gold durch seinen intrinsischen Wert deutlich von anderen Assetklassen unterscheidet.
Kroll: Gold hat genauso wie Cash im Sinne von Bargeld seine Berechtigung. Letztlich ist es die ultimative Währung, in die es manchmal notwendig ist zu investieren. Es gibt Marktphasen, vielleicht befinden wir uns derzeit auch in einer solchen, in der es vielen Menschen sinnvoll erscheint, möglichst viel Cash zu halten. Gerade dann aber ist Gold sicherlich die bessere Variante als Bargeld. Vor allem seit dem kürzlich erfolgten Crash in Asien, hat Gold seine Berechtigung.
Der Goldstandard ist Geschichte, viele Marktteilnehmer sehen in Gold eher einen emotional-psychologischen Wert, denn ein solides Investment. Wie sinnvoll ist es überhaupt noch in Gold zu investieren?
Neumann: Aktuell bewegt sich der Goldpreis im Bereich des Allzeithochs und selbstverständlich kann er auch wieder fallen. Allerdings, in unsicheren Zeiten wie diesen, hat Gold noch mehr Potenzial.
Behr: Es ist grundsätzlich sinnvoll, in Gold zu investieren. Es gab auch in der Vergangenheit, wenn man die Geschichte anschaut, keine Zeit, in der es nicht sinnvoll gewesen wäre. Daran wird sich in den nächsten Jahren wenig ändern. Es ist die ideale Alternative zum Papiergeld, das wir aktuell haben. Es weiß niemand, wie die Zukunft ausschaut. Deshalb wird Gold immer seine Daseinsberechtigung haben, wie schon erwähnt, die Notenbanken kaufen auch wie verrückt. Unlängst gaben bei einer Umfrage des World Gold Council 81 Prozent von 61 Notenbanken an, weiterhin massiv Gold kaufen zu wollen. Die Gründe sind die gleichen, die wir heute dem Kunden sagen. Es ist politisch risikolos, es ist einfach eine Ersatzwährung im Ernstfall. Bei den BRIC-Staaten steht sicher das Kalkül dahinter, eine goldgedeckte Handelswährung zu machen. Aber das wird sicher noch dauern, wenn es überhaupt dazu kommt
Kroll: China hat in den letzten Jahren sehr viel Gold gekauft, was ein Schutz vor möglichen Finanzsanktionen sein könnte. Falls es zu einer Auseinandersetzung zwischen Taiwan und China kommen sollte, könnte China dann immer noch international agieren. Einen starken Wunsch nach Unabhängigkeit sehe ich auch bei den BRICS-Staaten. Dort bröckelt die Dollarhegemonie. Wir sehen darüber hinaus, dass Saudi-Arabien das jahrzehntelange Petro-Dollar-Abkommen mit den USA nicht verlängern will. Das schwächt den Dollar. Ein schwacher Dollar ist aber immer gut für den Goldpreis.
Behr: Richtig, eine schwache Währung befeuert immer den Goldpreis, der zudem nicht steigt, weil die Förderung teurer wird oder wegen der Umweltauflagen – zumindest noch nicht.
Früher galt Gold als Sicherheits-Anker in Krisen. Trifft dies nach wie vor zu?
Kroll: Man sagt, Gold braucht mehr als eine Krise, um zu performen. Gegenwärtig haben wir ein wahres Multi-Krisen-Karussell. Das spiegelt der Goldpreis jetzt bereits wider. Es ist nicht immer das eine Ereignis, das zu einer Preissteigerung führt, sondern meistens ein ganzes Bündel an Ereignissen. Die Zinsfantasie spielt genauso eine Rolle wie Kreditausfälle oder Rezessionen. Letztendlich bilden die Profi-Investoren an der Wall Street die Preise, durch die Art, wie sie in den Markt hinein- oder hinausgehen. Dass der Preis von den privaten, oft ängstlichen Verbrauchern getrieben wird, glaube ich eher nicht. Aber entscheidend ist, dass jetzt diese multiplen Krisen durchaus vom Preis antizipiert werden.
Neumann: Ob Corona-Krise, der Krieg in der Ukraine oder der Nahost-Konflikt, all diese Ereignisse zeigen deutlich, dass Gold sich in unsicheren Zeiten auszeichnet. Da muss man nur einen Blick auf den Kursverlauf werfen ,dann weiß man wie wichtig es ist, aktuell Gold zu besitzen.
Behr: Wir hatten erst vor vier bis sechs Wochen einen starken Anstieg. Geschäftlich wäre ich froh, wenn es nicht so rasant nach oben ginge. Was wir brauchen, ist ein langsamer Anstieg, alles andere ist immer kritisch. Aber wir werden noch andere Preise sehen, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Schauen Sie einmal 20 Jahre zurück, sagen Sie mir einen Zeitpunkt, an dem der Preis weniger war als heute. Das sind die Fakten, und deswegen wird der Kunde an dem Thema Edelmetalle nicht vorbeikommen.
In welchem Umfang sollten sich Anleger in Gold engagieren?
Behr: Es kommt immer darauf an, wieviel der Kunde bereits in Sachwerte investiert ist hat, aber eine Gewichtung von 20 bis 30 Prozent ist sicherlich schon mal angemessen. Es muss schließlich nicht nur Gold sein, sondern auch Silber eignet sich als Beimischung.
Neumann: Das hängt von der persönlichen Situation und Zielsetzung ab, beispielsweise ist zunächst zu klären, ob es als Beimischung in einer Anlagestrategie gedacht ist oder als Vermögensschutz. Für den Durchschnittsinvestor kann eine Quote von 15 Prozent und mehr sinnvoll sein.
Friedrichsen: Je nach Affinität der Anleger zu Gold, ist oftmals ein Anteil von fünf bis zehn Prozent die Regel, der aber auch bis zu 30 Prozent Edelmetallquote nach oben abweichen kann. Der physische Besitz von Gold (oder auch Silber) hat den zusätzlichen Vorteil, dass hier bereits nach einem Jahr Anlagedauer steuerfrei Gewinne mitgenommen werden können. Die Lagerung der Edelmetalle im Zollfreilager in der Schweiz (der Erwerb von Silber kann hier auch ohne Mehrwertsteuer erfolgen) tragen zur weiteren Diversifizierung der individuellen Vermögensstruktur bei. Die Waren (physisches Gold und Silber) sind somit in einem Drittland außerhalb der EU gelagert.
In welcher Form sollte man Gold investieren?
Kroll: Ausschließlich physisch, obwohl wir in der letzten Zeit immer wieder Gold-Skandale hatten, gerade bei großen Einlagerungsgeschäften. Ab bestimmten Beträgen macht es einfach keinen Sinn, Gold zu Hause zu lagern. Käufer setzen dann lieber auf eine professionelle Einlagerung, etwa im Zolllager in der Schweiz. Doch das birgt Risiken: Erst vor ein paar Wochen gab es wieder einen Skandal in einer Schweizer Treuhandgesellschaft mit 84 Millionen Schweizer Franken, als das Gold anschließend nicht da war. Das ist nicht der erste Fall dieser Art, die Goldindustrie musste sich unbedingt etwas einfallen lassen, um die Sicherheitslücke zu schließen.