EXTRA Immobilien & Sachwertanlagen: „Zur richtigen Zeit im richtigen Markt“

Die Diskussionsteilnehmer von links: Alexander Hupe, My House AG; Alexander Klein, Verifort Capital; Nico Auel, RWB Partners GmbH; Gordon Grundler, Primus Valor AG

Die Sachwertbranche steht vor gewaltigen Herausforderungen, bietet aber auch enorme Chancen. Im digitalen Roundtable diskutierten darüber vier Anbieter von alternativen Investmentfonds (AIFs) für Privatanleger, davon drei aus der Immobilien- und einer aus der Private-Equity-Branche.

Inwiefern hat sich die Situation in dem für Sie relevanten Marktsegment oder die Beurteilung des vergangenen Jahres seit dem jüngsten Cash. Branchengipfel Sachwertanlagen Anfang November 2023 verändert? 

Auel: Das Gesamtjahr 2023 war für die Private-Equity-Branche alles andere als fantastisch. Es gab global ungefähr 30 bis 35 Prozent weniger Deals und auch eine stark zurückgegangene Exit-Aktivität einschließlich Börsengänge. Für uns ist am Ende jedoch positiver gekommen, als wir gedacht haben. Wir haben letztes Jahr wieder 16 Ausschüttungen durchführen können und mit 145 Millionen Euro auch eine sehr gute Auszahlungssumme erreicht. Diese guten Ergebnisse basieren auf dem Anlagefokus auf mittelständische Unternehmen. Die Aktivität ging hier weniger stark zurück als etwa im Mega-Buyout-Segment. Wir haben gerade die Zahlen für das vierte Quartal bekommen. Diese sind gemischt, insgesamt aber doch verhalten positiv. Vor allem ist in unserem aktuellen Reporting für jeden unserer global streuenden Dachfonds die Wertveränderung positiv. Was die Ausschüttungen 2024 angeht, gehen wir – Stand heute – davon aus, wieder eine ähnlich hohe Anzahl an Auszahlungen wie im Vorjahr durchführen zu können. Insgesamt ist das Umfeld weiterhin nicht einfach, wir gehen aber in 2024 von mehr Aktivität aus. 

Grundler: Mit dem Neugeschäft sind wir sehr zufrieden. Das hat sich seit November sehr stark nach oben entwickelt. Das liegt nach meiner Einschätzung daran, dass die Kunden erst mal schauen, was man im aktuellen Portfolio erworben hat. Da wir schon einiges haben erwerben können zu Preisen, die weit unter dem Prospekt landen, ist das sehr positiv. Insgesamt ist der Markt trotzdem noch sehr schwierig, das ist gar keine Frage. Es ist nach wie vor ein Käufermarkt. Im Einkauf sind wir sehr zufrieden. Was die Bestandsfonds angeht, ist die Strategie jetzt eher ausgerichtet auf Halten, Bewahren, Sondertilgen, Verhandlungspositionen sichern, den Ball flach halten und kontinuierlich den Markt nach lukrativen Exit-Optionen scannen. Insofern sind wir bei den Bestandsfonds sehr vorsichtig, auch, was neue Renovierungen oder Sanierungen angeht, nach den gestiegenen Preisen.

Der Neubau ist stark zurückgegangen. Da müssten doch eigentlich Kapazitäten frei und Raum für Preisverhandlungen sein.

Grundler: Material ist mit Sicherheit nicht günstiger geworden. Im Einzelfall kann man sicherlich bei den Handwerkern oder auch bei dem einen oder anderen Dienstleister ein drohendes Leerlaufen der Auftragsbücher nutzen und mal nachverhandeln. Aber richtig entscheidend im Vergleich mit den Preisen von vor drei oder vier Jahren ist das noch nicht. Sie sind auf breiter Front höher. Ein Rückgang ist wegen der hohen Lohnabschlüsse und -forderungen unwahrscheinlich. Die Lohn-Preis-Spirale ist aber wiederum für die Mietentwicklung positiv. Wenn die Mieter mehr Geld verdienen, dann können sie auch zukünftig mehr Mieterhöhungen tragen. Insofern hat das alles immer zwei Seiten.

My House hat ausgerechnet in dieser Marktphase den ersten Publikums-AIF – für Bestands-Wohnimmobilien – aufgelegt. Warum?

Hupe: Ich kann nur unterstreichen, was Herr Grundler gesagt hat. Die Marktsituation ist herausfordernd, keine Frage. Plakativ ausgedrückt, war 2023 an allen Fronten entweder „blutrot“ oder sehr schwarz und ich würde mich freuen, wenn wir endlich positive Nachrichten aus dem Immobilienmarkt bekommen. Aber auf der anderen Seite ist alles sehr ambivalent. Wir reden mit unseren Vertriebskontakten darüber, dass man gerade in diesen Zeiten investieren sollte. Jedenfalls habe ich in den letzten 25 Jahren gelernt: Investiert dann, wenn der Markt dunkel oder blutrot ist, weil dann es hinterher umso heller ist. Nichtsdestotrotz ist die Diskussion mit den Vertriebspartnern sehr herausfordernd, weil die wenigsten Kunden in genau diesen Situationen investieren. Da muss viel Arbeit geleistet werden, zumal es in 2024 sicherlich noch die eine oder andere negative Nachrichten geben wird. Ich glaube aber auch – und deswegen haben wir uns als My House entschieden, in den Markt der wohnwirtschaftlichen Bestandsimmobilien einzusteigen –, dass alle Themen, die wir heute und in der Zukunft sehen, gerade das Thema Wertentwicklung bei Wohnimmobilien/Bestandsimmobilen befeuern werden. Herr Grundler hat es gesagt: Wenn die Löhne steigen, können sich auch höhere Mieten durchsetzen, die Wohnungsknappheit ist bereits da, der Markt wird sich entsprechend entwickeln. 

Nico Auel, RWB Partners: „Im Private-Equity-Markt kommt es wieder zu deutlich mehr Aktivität.“

Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, mit den Vorbereitungen für einen Publikums-AIF zu beginnen?

Hupe: Die grundsätzlichen Überlegungen haben wir mit unseren Investoren vor ungefähr einem Jahr gestartet und die My House gegründet. Mein Vorstandspartner und ich sind im Juni 2023 eingestiegen und haben den Fonds vorbereitet und die Strategie definiert. Den Prospekt haben wir Anfang Oktober bei der BaFin eingereicht und im Dezember die Genehmigung erhalten. Parallel haben wir mit den einzelnen Vertrieben gesprochen, die uns natürlich gefragt haben, ob wir denn verrückt sind, jetzt einen Immobilienfonds aufzulegen und als neues Fondshaus in den Markt einzusteigen. Aber wir können unterstreichen: Nach unserer Überzeugung ist jetzt der richtige Markt und der richtige Zeitpunkt. Jetzt kommen die ersten Zeichnungen rein. Mit dem Anfang sind wir ganz zufrieden, und es wird auch so weitergehen, davon gehe ich aus.

Klein: Wenn ich in Bezug auf unsere Marktsegmente, also Sozialimmobilien und Bestands-Gewerbeimmobilien, an 2023 denke, habe ich  ein weinendes und ein lachendes Auge. Wir sind letztes Jahr mit unserem Sozialimmobilienfonds im April gestartet, und ich habe dann als Vertriebsverantwortlicher sozusagen einen aggressiv-defensiven Vertrieb angeordnet. Denn die Marktgegebenheiten haben sich bekanntlich sehr schnell verändert. Die Ankaufsfaktoren waren andere als die, mit denen wir gerechnet haben, die Zinsen waren andere. Das ist das weinende Auge. Und das lachende Auge ist, dass wir damit alles richtig gemacht haben. Wir konnten den ersten Ankauf, den wir eigentlich schon in trockenen Tüchern hatten, noch einmal nachverhandeln auf die jetzige Marktsituation und ein großes Sozialimmobilienportfolio deutlich günstiger einkaufen. Zusätzlich hat uns in die Hände gespielt, dass die Zinsen dann doch, wenn ich an den November letzten Jahres denke bis heute, spürbar gesunken sind. Das ist für die Kalkulation eines AIF Gold wert.

Haben Sie Ihre Prognose oder die Konzeption daraufhin nochmals angepasst?

Klein: Ja. Wir haben jetzt mit dem Sozialimmobilienfonds einen Nachtrag bei der BaFin und sind voraussichtlich ab April mit einem viel besseren, jetzt angepassten Produkt im Vertrieb. Ähnlich war es mit unserem Gewerbeimmobilienfonds. Wir haben uns im letzten Quartal 2023 dazu entschieden, noch eine zweite Produktreihe aufzubauen, nämlich die Investitionen in Value-Add-Gewerbeimmobilien an B- und C-Standorten: Kaufen, refurbishen, wieder an den Markt bringen. Da ist uns die Marktentwicklung extrem entgegengekommen. Wir haben jetzt Einkaufsfaktoren, von denen wir Mitte/Anfang des letzten Jahres nicht zu träumen gewagt hätten. Ich gehe davon aus, dass der Fonds im April freigegeben wird. Natürlich ist es so, wie es die Kollegen gesagt haben: Es herrscht noch immer große Unsicherheit, aber ich glaube, alles ruckelt sich hin. Jetzt schauen wir, dass wir Profiteur der Gesamtsituation des Marktes werden.

Wenn Sie sagen, Faktoren sind auf ein anderes Niveau gesunken: Wovon reden wir dabei konkret?

Klein: Im Sozialimmobilienbereich hat uns die Zeit im Ankauf mindestens zwei Faktoren, also zwei Jahresmieten, gebracht. Das ist eine Menge Geld. Gewerbeimmobilien an den B- und C-Standorten können wir jetzt zum 12-fachen oder zum 13-fachen kaufen. Wir haben auch schon zum 9-fachen eingekauft. Das sind Faktoren, die uns glücklich machen. 

Lässt sich auch für Wohnimmobilien präzisieren, wie sich Preise oder auch die Kaufpreisfaktoren entwickelt haben?

Grundler: Das lässt nicht pauschal beantworten. Es hängt stark davon ab, in welchem Zustand die Immobilie ist, wieviel Geld noch hineingesteckt werden muss, an welchem Standort sie liegt und welches Potenzial das Objekt hat. Aber man kann es vielleicht so sagen: Wenn wir vor drei Jahren für eine Immobilie noch das 20-fache hätten bezahlen müssen, dann zahlen wir jetzt für das gleiche Objekt das 15- bis 16-fache. Natürlich ist auch die Refinanzierung teurer als vor drei Jahren. Aber wenn ich mir die Gesamtrendite ansehe, die wir in den Szenarien für unseren Fonds Nr. 12 Ende 2022/Anfang 2023 kalkuliert haben, sind wir weit weg vom mittleren Szenario. Wir liegen jetzt im Positivszenario, teilweise sogar darüber, trotz der höheren Zinsen. Das brauchen wir auch, denn wir müssen ja – wie alle Kollegen – auch das Festgeld deutlich schlagen.

Alexander Hupe, My House: „Ziel ist, 100 Millionen Euro in zwei Jahren zu platzieren.“

Hat schon eine Bodenbildung der Preise stattgefunden, gerade wenn man nicht den Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum anstellt, sondern mit dem Vormonat? 

Hupe: Ich teile erst einmal die Meinung, dass die Faktoren im Vorjahresvergleich deutlich niedriger sind. Kurzfristige Änderungen merkt man jedoch nicht sofort beziehungsweise nur im Einzelfall, denn Immobilien sind ja kein kurzfristiges Konsumgut. Die Preisvorstellungen sind oftmals noch dieselben, die Preise, die gezahlt werden, sind aber andere. Das ist weiterhin die Herausforderung. Aber die Diskrepanz ist zuletzt eher geringer geworden.

Grundler: Vor einem oder vor anderthalb Jahren war der Markt schlicht und einfach tot. Einen Preis überhaupt zu ermitteln, war schwierig, weil es keine Transaktionen gab. Ich sehe derzeit noch keinen erneuten Preisanstieg, definitiv nicht. Ich sehe aber, dass überhaupt wieder Transaktionen stattfinden. Das ist das Entscheidende. Insofern glaube ich aber, dass der Markt dieses Jahr noch schwach bleibt – für den Einkauf super, für den Verkauf alles andere als toll. 

Klein: Wir können derzeit auch deshalb sehr gut einkaufen, weil viele große und institutionelle Investoren ihre Portfolien bereinigen und sich von Objekten trennen, die zum Beispiel unter ESG-Gesichtspunkten größere Investitionen erfordern. Das ist für unsere Fonds eine Situation, die herausragend ist.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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