EXTRA Kapitalanlage: Fokus auf Qualitätsanleihen und wachstumsstarke Aktien

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Wo geht es hin mit den Kapitalmärkten weltweit in diesem Jahr? Viele Anleger fragen sich das.

Das Jahr 2025 wird nach Meinung vieler Experten durch eine starke Volatilität an den Kapitalmärkten geprägt sein. Deshalb stellt sich für viele Anleger die Frage, wo es noch stabile Renditen bei gleichzeitig moderaten Risiken gibt. Die neue US-Regierung und die Maßnahmen der Notenbanken dürften diese Suche nicht unbedingt vereinfachen.

Im Januar haben Investoren jede Schwächephase zum Kauf genutzt. Das ist ein starkes Signal“, sagt Börsenkenner Ulrich Müller, der den Start in das Jahr 2025 als geglückt ansieht. „Insbesondere freut es mich, dass zunehmend Branchen der Old Economy anspringen. Rohstoffe, Banken, Healthcare aber auch Industrietitel und Dienstleister, die KI in ihrem bereits etablierten Geschäft einsetzen und damit Produktivitätsgewinne erzielen, sehen immer vielversprechender aus“, so Müller. Die positive Entwicklung an den Aktienmärkten dürfte aus Sicht des Marktkenners daher auch 2025 anhalten.

Seit Mitte Januar sitzt Donald Trump als 47. Präsident der USA zum zweiten Mal nach 2016 im Weißen Haus. Für die Kapitalmärkte ist das – je nach Perspektive – eine gute oder eine schlechte Nachricht. Denn wie bereits während seiner ersten Amtszeit agiert Trump weiter weitestgehend unberechenbar. Und wie bereits während seines Wahlkampfs angekündigt, hat er eine Vielzahl von Handelszöllen per Dekret – und damit an Senat und Repräsentantenhaus vorbei – gegenüber zahlreichen Ländern und in verschiedenen Branchen in Kraft gesetzt. Alles unter der Motto: „Make America great again“. 

Bei Investoren sorgt diese Situation neben den weiterhin bestehenden Krisenherden weltweit für eine zusätzliche Verunsicherung. Viele stellen sich die Frage, wo und in welcher Höhe in diesem Jahr noch Ertragschancen bestehen und wie eine mögliche Positionierung an den Aktien- und Anleihemärkten aussehen könnte.

In Erwartung eines moderaten globalen Wirtschaftswachstums von etwa drei Prozent sowie im Jahresverlauf weitgehend unveränderter Inflationsraten, sollten Anleger ihren Fokus auf Qualitätsanleihen und wachstumsstarke Aktien mit soliden Fundamentaldaten legen, rät Daniel Kerbach, Chief Investment Officer der BayernInvest. „Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für europäische Schlüsselindustrien wie Maschinenbau, Automobil und Chemie und sitzen damit gegenüber Europa und Deutschland am längeren Hebel in Handelskonflikten“, so Kerbach weiter. An die Geldpolitik sollten Anleger dagegen nicht zu hohe Erwartungen knüpfen. Zwar würden die Zentralbanken ihren Zinssenkungskurs fortsetzen, dies jedoch im wesentlich langsameren Tempo, als es die Märkte bislang eingepreist haben. „Wir erwarten ein Plateau bei den Leitzinsen bis zum Sommer, wobei eine anhaltend hohe Inflation im zweiten Halbjahr diesen Pfad beeinflussen könnte. Besonders in der Eurozone dürfte dies weitere geldpolitische Stimuli erschweren – ein erheblicher Nachteil für wirtschaftlich schwächelnde Länder wie Deutschland“, erklärt Kerbach. In den USA lösten Sorgen um die Unabhängigkeit der Federal Reserve (Fed) Unsicherheiten aus. Insgesamt sei damit zu rechnen, dass die Zinsstrukturkurven 2025 erheblich in Bewegung geraten. „Während das kurze Ende Potenzial für Aufwärtskorrekturen bietet, könnte auch das lange Ende wieder ansteigen. Das bietet Renditechancen, die sich durch antizyklisches aktives Management gewinnbringend nutzen lassen“, so Kerbach.

Um im Bereich der Anleihen in diesem Jahr erfolgreich zu sein, kommt es laut Vanguard auf mehrere zu berücksichtigende Faktoren an. Innerhalb der Portfolios setze man verstärkt auf Nachzügler-Sektoren, die noch nicht in vollem Umfang von der Spread-Verengung profitiert haben. Dabei läge ein Fokus auf europäischen Unternehmensanleihen, die im Vergleich zu US-Krediten höhere Spreads aufweisen. „Innerhalb Europas bevorzugen wir nicht-zyklische Unternehmen sowie Finanzwerte. In den USA hingegen bleiben wir defensiv und konzentrieren uns auf selektive Chancen im High-Yield-Segment sowie in den Schwellenländern“, so Kelly Gemmell, Head of Fixed Income Product Specialism bei Vanguard Europe. Die ideale Marktlage für Anleiheinvestoren wäre ein Umfeld mit anhaltendem Wirtschaftswachstum und gleichzeitig rückläufiger Inflation, das den Zentralbanken größere Spielräume für Zinssenkungen eröffnen würde. Allerdings gibt es auch alternative Szenarien, die die Märkte beeinflussen könnten: Falls die Inflationsfortschritte stagnieren, könnte die Fed in einem moderaten Szenario eine Pause bei Zinssenkungen einlegen oder sogar erneute Erhöhungen in Betracht ziehen. Dies könnte zu Wachstumsängsten führen und die Kreditspreads ausweiten. Die herausforderndste Lage für die Kreditmärkte wäre in einem negativen Szenario eine Phase anhaltend schwacher Konjunktur. Steigende Rezessionsängste würden zu deutlich höheren Spreads führen, auch wenn die Auswirkungen möglicherweise durch unerwartete Zinssenkungen der Zentralbanken abgemildert würden. „Dieses Risiko ist kurzfristig zwar gering, könnte jedoch im Verlauf des Jahres 2025 an Bedeutung gewinnen“, warnt Gemmell.

Eine große Unbekannte gibt es ebenso auf der Wirtschafts- und Konjunkturagenda in 2025 mit nicht unerheblichen Folgen für die Aktienmärkte. Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der Oddo BHF SE, ist überzeugt, dass die Regierung Trump die Zollpolitik einsetzen wird, um Interessen der USA stärker durchzusetzen. Trump droht Kanada und Mexiko etwa mit höheren Zöllen und begründet dies mit der hohen Zuwanderung und der Lieferung von Drogen in die USA. Trump setzt auch die EU und China mit Zöllen unter Druck und erwartet Gegenleistungen. „Wir sollten erwarten, dass die USA Zölle als Druckmittel einsetzen werden, um nationale Interessen der USA durchzusetzen. Ökonomisch wirken Zollerhöhungen wie eine Besteuerung der Konsumenten“, so Viebig.

Doch es gibt auch positive Annahmen, was die Politik Donald Trumps betrifft. DJE Kapital geht davon aus, dass Trump die Wirtschaft und die US-Börse noch anschieben wird. In einem Interview mit Tiam Fundresearch sagt Dr. Jens Ehrhardt, CEO von DJE Kapital: „Der ganze Boom in Amerika kommt ja fast nur noch vom Schuldenmachen. Das war schon unter Joe Biden so. Trump wird schätzungsweise bis zu drei Billionen Dollar neue Schulden pro Jahr aufnehmen, um die Wirtschaft zu befeuern. Das ist gewaltig – da wird die Konjunktur raufgehen, selbst wenn die Zinsen nicht sinken. Das treibt dann auch die Kurse an. 10 bis 15 Prozent Plus sind an der Wall Street 2025 drin.“

Auf den folgenden Seiten besprechen wir mit renommierten Experten die Lage an den Kapitalmärkten in den USA, Europa und Asien und loten die Chancen für Anleger aus.

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