Die Fondsindustrie zeigt sich halbwegs zufrieden mit den jüngsten EZB-Maßnahmen: „Ein ordentlicher Schluck aus der geldpolitischen Pulle – aber es wäre durchaus mehr möglich gewesen“, sagt etwa Dr. Frank Engels, Union Investment.
Weiter erklärt der Leiter des Renten-Portfoliomanagements: „Die Ankündigung der EZB hat nicht die maximale Stärke. Wir begrüßen das Programm trotzdem – und es entspricht auch weitgehend unseren Erwartungen. Zwar haben die Währungshüter mit September 2016 einen Zeithorizont genannt. Dennoch glauben wir, dass mehr dahinter steckt: Die Zentralbank wird am Ende so lange kaufen, bis sich die Inflationserwartungen signifikant in Richtung der Zwei Prozent-Marke bewegt haben. Darüber hinaus erwarten wir mittelfristig einen weiteren Renditerückgang bei Peripherie- und Unternehmensanleihen sowie eine fortgesetzte Abschwächung des Euros.“
„Dezentraler Ankauf kontraproduktiv“
Von der Allokation des Programms auf die nationalen Zentralbanken hält Engels wenig: „Dass die EZB das Risiko der Ankäufe weitgehend auf die nationalen Zentralbanken verteilt, ist allerdings kontraproduktiv. Das führt zu einer weiteren Fragmentierung des Eurosystems und könnte den positiven Effekt des Ankaufprogramms speziell für Anleihen der Peripherie zumindest temporär überlagern.“
Johannes Müller, Chief Investment Officer Wealth Management Germany der Deutschen Asset & Wealth Management (Deutsche AWM), sieht das Volumen und die Dauer des Kaufprogramms am oberen Ende der Erwartungen: „Wir rechnen aber damit, dass nach einer kurzen Phase der Euphorie wieder etwas Ruhe an den Märkten einkehren dürfte. Aus wirtschaftlicher Perspektive vertreten wir die Ansicht, dass die Staatsanleihenkäufe weder ein Allheilmittel gegen die Wirtschaftsflaute sein werden, noch dass dadurch ein großer Schaden entstehen wird. Die positivste Wirkung auf die Konjunktur dürfte die Abwertung des Euros haben. Diese kommt einem kleinen Konjunkturprogramm gleich. Darüberhinaus dürften sich die Auswirkungen in Grenzen halten.“
„Kommunikation mit Schwächen“
Müller bemängelt allerdings die Kommunikationspolitik in der Eurozone: „Sehr kritisch beurteilen wir einige Äußerungen im Vorfeld der Zentralbankentscheidung. Manche hochrangige Politikvertreter hatten die noch nicht getroffene Beschlüsse der unabhängigen EZB schon als Tatsache verkündet.“
Anthony Doyle, Anleiheexperte bei M&G Investments, betont wie Engels die mögliche Fortführung des Programms: „Die stärkste Maßnahme ist das Versprechen, das Kaufprogramm fortzuführen, bis wieder Inflation herrscht.“
Hintergrund: Die EZB verfolgt das Ziel, wenigstens zwei Prozent Inflation in der Eurozone zu erreichen.
Auch Mauro Vittorangeli, CIO Fixed Income Conviction Strategies Europe bei Allianz Global Investors, ist begeistert von der Ankündigung der EZB, die Märkte mit Geld zu fluten: „Die heutige Ankündigung ist ein historischer Meilenstein für die europäischen Märkte und stellt einen wichtigen Schritt zur weiteren Integration dar. Die Finanzwelt schaute gebannt auf Mario Draghi, und er fuhr ein größeres Geschüttz auf als Investoren erwartet hatten. Die Maßnahmen dürften die Märkte erst einmal zufriedenstellen und zu einer weiteren Einengung der Zinsaufschläge und einer weiteren Abwertung des Euro führen. Die Mindestlaufzeit des Ankaufprogramms von mindestens 18 Monaten sollte die Märkte von der Entschlossenheit der EZB überzeugen, die Probleme, denen sich die Eurozone gegenüber sieht, anzugehen. Wie zuvor die Fed hat die EZB nun ebenfalls bewiesen, dass sie in der Lage ist, mit äußerst schwierige Marktsituationen umzugehen.“ (mr)
Foto: Union Investment