Europas Währungshüter lassen sich nicht von ihrem Billig-Geld-Kurs abbringen – trotz anziehender Inflation. Banken bekommen frisches Zentralbankgeld weiterhin zu null Prozent Zinsen. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hielt den Leitzins am Donnerstag wie erwartet auf diesem Rekordtief. Parken Banken überschüssiges Geld bei der EZB, müssen sie dafür nach wie vor 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen.
Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die Notenbank bei der Sitzung in Frankfurt keine Veränderungen beschließen würde. Denn erst im Dezember hatte die EZB ihr gewaltiges Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere um neun Monate bis mindestens Ende 2017 verlängert. Von April an will die Notenbank allerdings monatlich nur noch 60 Milliarden Euro statt 80 Milliarden Euro in den Markt pumpen. Das hatten viele Ökonomen als erstes Signal gewertet, dass die Notenbank allmählich zur Normalität zurückkehrt.
Steigende Energiepreise
Das viele billige Geld soll im Idealfall die Konjunktur ankurbeln und auch die Teuerung anheizen. Dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Konjunkturrisiko. Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben in der Erwartung, dass es bald noch billiger wird. Das könnte die Wirtschaftsentwicklung abwürgen.
Im Dezember hatte die Inflation im Euroraum wegen steigender Energiepreise einen kräftigen Sprung gemacht: Zum Vorjahr stieg die Teuerung um 1,1 Prozent und damit so kräftig wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr. Die EZB strebt mittelfristig für den gemeinsamen Währungsraum eine Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke.
Sparer leiden unter Niedrigzinsen
Politiker und Ökonomen in Deutschland nahmen den jüngsten Anstieg der Teuerung zum Jahresende zum Anlass, den Druck auf die EZB zu erhöhen: Die Notenbank müsse jetzt das Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik einläuten. Sparer leiden seit Jahren unter den extrem niedrigen Zinsen – wobei andererseits Kreditnehmer profitieren.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte jedoch schon im Dezember Hoffnungen auf eine baldige Wende hin zu höheren Zinsen gedämpft: Die EZB werde noch „für lange Zeit“ an den Märkten präsent sein, hatte Draghi vor sechs Wochen betont. Die von globalen Krisen gebeutelte Wirtschaft des Währungsraums sei noch auf die Finanzspritzen aus dem Eurotower angewiesen. Der EZB-Rat habe bisher nicht einmal über den Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik diskutiert. Dass Europa vor einem unsicheren politischen Jahr mit zahlreichen Wahlen steht, dürfte die Währungshüter in ihrem beständigen Kurs bestärken. (dpa-AFX)