EZB-Entscheidung dämpft Aktivität in der Euro-Zone

Foto: Picture Alliance
EZB-Chefin Christine Lagarde will den Leitzins künftig stetig anheben.

Patrick Barbe, Head of European Investment Grade Fixed Income bei Neuberger Berman, rechnet mit einem längeren Zinserhöhungszyklus der EZB.

„Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank den Leitzins um 50 Basispunkte angehoben. Überraschend war jedoch die Ankündigung von Frau Lagarde, dass die EZB den Leitzins in Zukunft kontinuierlich anheben wird und dass die EZB mehr leisten müsse als die Fed. Wir können daraus schließen, dass der Leitzins der EZB mindestens 3 Prozent erreichen wird. Diese Erkenntnis ist für alle Arten von Euro-Anleihen nachteilig.“

Kerninflation könnte niedriger ausfallen als von der EZB prognostiziert

„Die Entscheidung der EZB und ihre Absicht, die Zinssätze weiter anzuheben, dürfte die Aktivität in der Euro-Zone und damit die Nachfrage dämpfen. Wir können daher davon ausgehen, dass das Euro-Wachstum im Jahr 2023 niedriger ausfallen wird als die heutigen Prognosen der EZB von + 0,5 Prozent. Dies dürfte zu einer niedrigeren inländischen Inflation führen, zum Beispiel bei Dienstleistungen. Damit ist absehbar, dass die Kerninflation, ein Hauptziel der EZB-Geldpolitik, niedriger ausfallen wird als die EZB-Prognose von 4,2 Prozent für das kommende Jahr.“

Der Kampf gegen die Inflation steht im Mittelpunkt

„Durch den jüngsten Rückgang der Rohstoffpreise sind Unternehmen weniger pessimistisch, was auf ein höheres Wirtschaftswachstum im vierten Quartal schließen lässt. Die EZB hat daher beschlossen, das Konjunkturrisiko zu ignorieren und sich auf den Kampf gegen die Inflation zu konzentrieren. Wir sollten ein vorsichtiges Engagement bei der Laufzeit von Anleihen beibehalten, wenn die 10-jährige Bundrendite unter 2 Prozent liegt. Dies bestätigt auch unser übergewichtetes Engagement im Finanzsektor.“

EZB-Bilanzsumme soll schrumpfen

„Bemerkenswert war die Entscheidung, das Portfolio des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) ab Anfang März 2023 zu reduzieren. Das bedeutet, dass das Euro-System bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 durchschnittlich 15 Milliarden Euro pro Monat an Kapitalzahlungen aus fällig werdenden Wertpapieren nicht reinvestieren wird. Dies ist ein wichtiges Ergebnis, da das Emissionsprogramm für Euro-Staatsanleihen im nächsten Jahr ausgeweitet wird. Auswirken wird sich das vor allem auf die Spreads der Nicht-Kernländer, insbesondere bei langen Laufzeiten.“

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