„Die geldpolitische Wende ist eingeleitet: Das Hase und Igel-Spiel – der Wettlauf Inflation gegen EZB – nimmt Fahrt auf. Nachdem sich Christine Lagarde lange gesträubt hatte, die hohen Inflationsraten als ein ernsthaftes Problem anzuerkennen, verkündete sie Ende Mai ein Ende der negativen Zinssätze noch im dritten Quartal. Heute wurde sie präziser: Die Zinsen sollen im Juli um 0,25 Prozentpunkte ansteigen, weitere Schritte in den folgenden Sitzungen sind wahrscheinlich.
Zumindest für die Finanzmärkte kommt der Schwenk der obersten Währungshüterin zu spät. Viele Banken preisen bereits für 2023 eine Rezession ein. Kommt diese tatsächlich – und die Wahrscheinlichkeit steigt zurzeit täglich – hat die EZB nicht viel Zeit, um ihre geldpolitische Wende umzusetzen. Die angedachten Zinsschritte geben Europas Währungshüterin nur ein kleines Sicherheitsnetz, um im Falle einer nachlassenden Konjunktur im kommenden Jahr die Zinsen wieder zu senken.
Es zeichnet sich ein klassischer Hase-Igel Wettlauf gegen die Inflation ab, den die EZB bereits am Start zu verlieren scheint. So sehr man ihr zum vollzogenen geldpolitischen Schwenk gratulieren möchte, so nahe liegt das Bedauern, dass sie damit eventuell zu spät dran ist.“