EZB-Präsidentin: Weitere Zinserhöhungen im Kampf gegen hohe Inflation

Christine Lagarde am Rednerpult
Foto: Alexandros Michailidis / Shutterstock.com
EZB-Präsidentin Christine Lagarde

Die Währungshüter der Eurozone versprechen einen entschlossenen Einsatz gegen die nach wie vor rekordhohe Inflation und kündigen weitere Zinserhöhungen an. Der Chef der Deutschen Bank fordert derweil eine Neujustierung der Bankenregulierung.

„Wir gehen davon aus, dass wir die Zinssätze weiter anheben werden“, sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, bei einem Bankenkongress in Frankfurt. „Letztendlich werden wir die Zinsen auf ein Niveau anheben, das die Inflation rechtzeitig auf unser mittelfristiges Ziel zurückführt.“

Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei zwei Prozent Teuerung an. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der 19 Länder um 10,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. „Die Inflation im Euroraum ist viel zu hoch“, stellte Lagarde fest. Zudem sei das Risiko einer Rezession gestiegen, obwohl die jüngsten Konjunkturdaten positiv überrascht hätten.

Die EZB versucht nach langem Zögern seit Juli mit kräftigen Zinserhöhungen die extrem hohe Teuerung in den Griff zu bekommen. Der Leitzins im Euroraum, der jahrelang auf dem Rekordtief von null Prozent eingefroren war, liegt inzwischen bei 2,0 Prozent. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing lobte Lagarde für das Umsteuern: „Ich möchte Sie zu der Art und Weise beglückwünschen, wie es Ihnen gelungen ist, die Geldpolitik umzukrempeln.“

„Geldpolitische Instrumente normalisieren“

Lagarde sagte, die EZB werde auch ihre anderen geldpolitischen Instrumente normalisieren „und so den Impuls unserer Zinspolitik verstärken“. Die über Jahre durch milliardenschwere Wertpapierkäufe angeschwollene EZB-Bilanz müsse „maßvoll“ und „auf vorhersehbare Weise“ normalisiert werden: „Im Dezember werden wir die wichtigsten Grundsätze für den Abbau der Anleihebestände in unserem Ankaufprogramm darlegen.“ Der EZB-Rat tagt wieder am 15. Dezember.

Über den Kampf gegen die Inflation hinaus sieht Sewing dringenden Bedarf, den europäischen Kapitalmarkt wettbewerbsfähiger zu machen. Europa müsse „dringend umsteuern, wenn wir die Zukunft Europas nicht in erster Linie von ausländischen Banken finanzieren lassen wollen“, mahnte der Deutsche-Bank-Chef, der auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist.

„Wir brauchen eine Agenda 2030 für Europa. Und der allererste Schritt muss sein, dass wir endlich einen echten europäischen Heimatmarkt schaffen“, forderte Sewing. Ohne eine deutliche Steigerung privater Investitionen könne Europa nicht wettbewerbsfähig sein. „Wir werden weder die nachhaltige Transformation meistern noch technologisch mithalten können“, warnte Sewing. „Deshalb ist es so wichtig, die Kapitalmarktunion endlich voranzutreiben, um einen liquiden und attraktiven Markt für in- und ausländische Investoren zu schaffen.“

Sewing: Neujustierung der Bankenregulierung

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden zwischen den einzelnen Staaten der Europäischen Union abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Seit 2015 liegen Pläne der EU-Kommission dafür auf dem Tisch.

Sewing forderte zugleich eine Neujustierung der Bankenregulierung: Es werde „immer deutlicher, dass der derzeitige regulatorische Rahmen wenig zur Stärkung der europäischen Banken beiträgt“. EZB-Präsidentin Lagarde betonte ebenfalls die Bedeutung eines widerstandsfähigen Finanzsektors zur Bewältigung der milliardenschweren Herausforderungen der kommenden Jahre: „Eine zu weitgehende Regulierung würde die Banken anfälliger für Schocks machen und sie weniger in die Lage versetzen, die Übergänge zu unterstützen, von denen unser künftiges Wachstum abhängen wird.“ (dpa-AFX)

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments